Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Titel: Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Hamilton
Vom Netzwerk:
aber an der Farbe können wir nichts ändern.«
    Sie legte auf, ging zurück unter die Dusche, schloss Mund und Augen und atmete vorsichtig durch die Nase. So rasch wie möglich seifte sie sich ein und duschte sich ab. Jackson Seto zu finden, wurde plötzlich noch dringlicher.
    Sie wartete im Korbsessel auf Jeff und vertrieb sich die Zeit mit der Guyana Times . Im Leitartikel ging es um die Beschwerden einiger Clubbesitzer über die Polizei. Obwohl ihre Clubs illegal waren, beklagten sie sich, die Polizei gehe bei ihren Razzien zu rücksichtslos vor und vergraule die Touristen. Was noch merkwürdiger war, der Minister für Kultur und Tourismus schien ihnen recht zu geben. Dann folgte ein scheinbar endloser Polizeibericht: eine ellenlange Liste von Verbrechen, die allein in den letzten 24 Stunden verübt worden waren. Verhaftungen wegen Drogenhandels, Raub, Überfall und tätlicher Angriffe waren offensichtlich an der Tagesordnung.
    Es klopfte, und als Ava öffnete, stand Jeff vor der Tür. Er trug jetzt Jeans und ein Muskelshirt, sodass man die blitzförmige Tätowierung auf seiner rechten Schulter sah.
    »Ich habe angerufen, niemand ist rangegangen«, sagte er.
    »Ich war wohl unter der Dusche.«
    »Sie möchten irgendwo hingefahren werden?«
    »Ja, wie gesagt nach Malvern Gardens.«
    »Das ist nur eine Wohnsiedlung.«
    »Ich weiß.«
    »Haben Sie eine Adresse?«
    »Nein, die müssen wir erst herausfinden. Der Mann, der dort wohnt, heißt Jackson Seto.«
    »Einen Moment«, sagte er, drängte sich an ihr vorbei ins Zimmer und nahm ein Telefonbuch aus der untersten Kommodenschublade. »Er hat die Hausnummer acht.«
    Als sie im Fahrstuhl nach unten fuhren, sagte Ava: »Bevor wir losfahren, muss ich Ihnen noch ein paar Dinge erklären. Zum Beispiel werde ich wahrscheinlich einfach eine Weile mit Ihnen im Wagen sitzen, keine Ahnung, wie lange. Ich bin auf der Suche nach Seto, und bisher habe ich nur erfahren, dass er in Malvern Gardens Nummer acht wohnt. Wenn er auftaucht, folgen wir ihm und warten ab, was passiert. Geht das für Sie in Ordnung?«
    »Was, wenn er nicht auftaucht?«
    »Dann fahren wir morgen wieder hin, und das Spiel geht von vorne los.«
    »Ist das legal? Ich meine, sind Sie Polizistin oder so?«
    »Absolut legal, aber Polizistin bin ich nicht.«
    »Darf ich nach den Gründen fragen?«
    »Nein.«
    Er blickte an ihr herab. »Na ja, gemeingefährlich wirken Sie ja nicht gerade.«
    Der Jeep stand im Leerlauf vor dem Hoteleingang. Jeff fuhr die High Street entlang und bog links ab. In eines der Schlaglöcher, das sie umfuhren, hätte der Jeep halb hineingepasst. »Wird der Straßenbelag denn nie ausgebessert?«, wollte Ava wissen.
    »Nein.«
    »Kein bisschen?«
    »Nicht so, dass es auffällt.«
    Am Ende der Straße befand sich ein fünf- oder sechsstöckiger Bau, der komplett aus Wellblech zu bestehen schien. Oben auf dem Gebäude sah Ava mehrere Reihen Stacheldraht. Es hatte keine Fenster und nur ein Tor, das von einem Halbkreis aus Betonpfeilern verdeckt war. Links vom Eingang lehnte eine Reihe von Frauen an der Mauer.
    »Was ist das?«, fragte sie.
    »Das Camp-Street-Gefängnis«, antwortete er.
    »Muss der reinste Backofen sein.«
    »Das interessiert hier keinen.«
    »Und die Frauen?«
    »Warten auf die Besuchszeit.«
    Während sie sich dem Stadtzentrum näherten, wichen die Geschäfte Gips-, Stein- und sogar Ziegelhäusern. Die meisten waren von hohen Betonmauern umgeben, die mit tückisch funkelndem Stacheldraht bewehrt waren. »Ich hab noch nie so viel Stacheldraht gesehen«, sagte sie.
    »Das sind die Häuser der preisbewussten Mittelschicht, die sich keinen persönlichen Wachmann oder Sicherheitsdienst leisten kann. Schon mal damit in Berührung gekommen?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Der zerfetzt einem die Haut.«
    Sie ließen die Innenstadt hinter sich und fuhren über Land, als zur Rechten, unvermittelt wie eine Oase in der Wüste, eine Wohnsiedlung auftauchte. Aus der Entfernung konnte Ava nur eine Ziegelmauer und die roten Dächer ausmachen. Bewachte Siedlung , dachte sie, doch beim Näherkommen sah sie, dass der Weg, der nach Malvern Gardens führte, nicht abgesperrt war. Jeff parkte den Jeep zwischen zwei Steinsäulen am Eingang einer Sackgasse. Auf jeder Seite der Straße standen fünf Häuser, am Ende noch einmal zwei. Die zweistöckigen Gebäude aus Ziegeln und Steinen waren riesig und erinnerten Ava an teure Vorstädte in Toronto. Sie standen jeweils auf einem Grundstück von einem

Weitere Kostenlose Bücher