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Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Titel: Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Hamilton
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bräunliche Farbe des Wassers beschloss Ava, einen großen Bogen um den Rum zu machen. In der Nähe des Stroms, mehr zur Stadtmitte hin, flatterten ein paar vertraute Fahnen im Wind. »Und das da drüben?«, fragte sie und deutete darauf.
    »Die ausländischen Botschaften.«
    Die amerikanische Botschaft war dem Hotel am nächsten, gleich dahinter lag die kanadische.
    Jeff trug ihre Taschen in die Lobby. Vom Meer her wehte eine leichte Brise, und riesige Ventilatoren drehten sich über ihren Köpfen. Ava war immer noch heiß, schwer vorstellbar, wie stickig es werden würde, wenn die Brise abflaute.
    Links gab es ein Café und eine knapp neun Meter lange Rezeptionstheke, hinter der eine Hotelangestellte saß, zur Rechten einen weitläufigen Aufenthaltsbereich mit Korbsesseln, deren Kissen verknittert und ausgeblichen waren. Dahinter lag eine Bar mit Bambusstühlen und -tischen in besserem, wenn auch nicht tadellosem Zustand.
    Als sie zur Rezeption gingen, huschte fast direkt vor ihnen eine große Kakerlake über den Hartholzboden. »Haben Sie das gesehen?«, fragte sie.
    »Nö«, antwortete Jeff.
    »Da war eine Kakerlake.«
    »Hier gibts keine Kakerlaken«, antwortete er.
    »Das Vieh war fünf Zentimeter lang, hatte einen goldenen Körper, schwarze Flecken und einen schwarzen Kopf.«
    »Teufel auch, vielleicht wars doch eine«, sagte er und stellte Avas Gepäck vor dem Empfang ab.
    Sie gab ihm zwanzig Dollar Trinkgeld. Unentschlossen betrachtete er den Schein in seiner Hand. »Das ist weit mehr, als hier üblich ist.«
    »Ich bestehe darauf. Ihr Fahrstil hat mir gefallen.«
    »Danke.«
    »Jeff, sagen Sie, stehen Sie und der Jeep den Gästen auch für andere Fahrten zur Verfügung?«
    »Was schwebt Ihnen denn vor?«
    »Es dürfte nicht allzu weit sein. Ich muss nach Malvern Gardens. Schon davon gehört?«
    »Ja, kenne ich.«
    »Und Sie müssten dort eventuell auf mich warten.«
    Er zuckte die Achseln. »Kein Ding. Der übliche Preis liegt bei zehn Dollar die Stunde.«
    »Für Sie und den Jeep?«
    »Ja, aber das Benzin kostet extra, und ich sags Ihnen gleich, es ist ziemlich teuer.«
    »Wie teuer genau?«
    »Zehn Dollar der Liter.«
    »Kein Problem.«
    »Wissen Sie zufällig, wann Sie mich brauchen? Ich muss heute noch zum Flughafen, jetzt gleich, um genau zu sein.«
    »Es eilt nicht. Wie wärs, wenn ich dem Portier Bescheid gebe, sobald ich mich entschieden habe? Fragen Sie ihn, wenn Sie zurück sind.«
    »Alles klar.«
    Ava wandte sich der Rezeptionsdame zu und nannte ihren Namen. Für fast zweihundert Dollar pro Nacht – beinahe so viel wie im Grand Hyattin Bangkok – bekam sie ein Einzelbett, Meerblick und Fernsehen, allerdings kein Kabel. Einen Internetanschluss gab es im Business Center im Erdgeschoss. Wenn man ein Ferngespräch führen wollte, musste man in der Telefonzentrale darum bitten. Weder Minibar noch Kühlschrank befanden sich im Zimmer, und für Eis musste man in der Bar anrufen. Wenigstens wurde Kaffee und Toast zum Frühstück angeboten. Als sie nach dem Mobilfunkdienst fragte, teilte man ihr mit, mit Bluetooth könne sie ihr Handy in Georgetown benutzen.
    Mit dem Fahrstuhl fuhr sie in den vierten Stock und war alles andere als zufrieden mit dieser Definition von »drei Sternen«. Wenn man in einem asiatischen Hotel am Empfang um eine Dienstleistung bat, bekam man sie. Als sie ihr Zimmer aufschloss, sank das Niveau des Phoenix rasch auf einen Stern.
    Es gab zwei Einzelbetten mit rosa Chenille-Decken, und der Boden bestand aus weißen Fliesen, was sie an ein Krankenhaus erinnerte. Die Kommode und die Nachttische waren von Zigarettenbrandspuren geziert, und sowohl der Schirm des Nachttischlämpchens als auch derjenige der einzigen Deckenleuchte waren ausgefranst.
    Ava ging ins Bad. Kein Frotteemantel, keine Pantoffeln. Zwei dünne Handtücher und ein Waschlappen. Es gab eine in Papier eingewickelte Seife, aber kein Shampoo. Sie warf einen Blick in die Dusche. Kein Schimmel. Sie drückte die Toilettenspülung. Sie funktionierte.
    Zurück im Zimmer betrachtete sie resigniert das einzige Möbelstück, das ihr gefiel: ein Korbsessel am Fenster. Sie setzte sich hinein und schaute auf den Atlantik. Die unruhige See brandete gegen eine Ufermauer, die sich bis zum Demarara River erstreckte.
    Es könnte schlimmer sein , dachte sie. Immerhin war es sauber, und sie war ja nicht wegen des Hotels hier. Irgendwo da draußen wartete Jackson Seto darauf, gefunden zu werden.

18
    S eit der Begegnung mit Antonelli

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