Die Wedding-Planerin
wo viele Menschen die Eindrücke des
Tages besprechen, schon ein wenig. Dieser Kreis kann das ohne Probleme wettmachen – hier hat jede immer etwas zu erzählen,
und alle schnattern durcheinander.
Während des Essens berichtet Anna weiter vom Leben mit Kind, Henrike erzählt vom Job, Lena und ich geben schlaue Tipps und
Anregungen und albern herum. Nur Maja ist ungewöhnlich still. Doch bevor ich mir darüber weiter Gedanken machen kann, nutzt
Lena eine Gesprächspause. «Mädels, ich habe euch was zu sagen», setzt sie an und dreht ihr Glas zwischen den Händen, «Karl
und ich werden heiraten.» Stille. Dann bricht der Sturm los: Alle reden gleichzeitig, Anna muss ein Tränchen verdrücken,
Henrike lacht lauthals, und Maja bombardiert Lena mit Fragen nach dem Wann, Wo und Wie. Ich sitze in dem lauten Haufen aufgeregter
Frauen und gucke zu. Die Mädels sind wirklich großartig – auch wenn dieses Ereignis absehbar war, sind sie alle aus dem Häuschen.
Wir stoßen auf die Hochzeit und das Brautpaar an, dann nochmal auf die Braut und eine gelungene Feier.
Nachdem sich alle etwas beruhigt haben und die letzten Freudentränen abgewischt sind, wird es wieder etwas stiller. Lena
erzählt vom aktuellen Stand der Vorbereitungen und ihrer Sorge, einen ganzen Tag im Mittelpunkt stehen zu müssen. Bis Maja
fragt, wann sie die Feier planen. «Im Mai kommenden Jahres», antwortet Lena. «Da kann ich leider nicht dabei sein», berichtet
Maja uns. Da ist sie wieder, diese seltene Stille, in der man eine Nadel fallen hören könnte, die Ruhe vor dem Sturm. Wir
sehen uns an und ringen nach Worten. Ich bin die Erste, die die Sprache wiederfindet: «Maja, solltet ihr dann einen Urlaub
geplant haben, könnt ihr den |54| doch wirklich noch verschieben, ist ja noch früh genug», empöre ich mich. Lena guckt nur etwas verdattert, sie weiß offenbar
nicht so genau, was sie dazu sagen soll. Anna beginnt, Fragen zu stellen, und Henrike macht einfach noch eine Flasche Wein
auf.
«Ich kann nicht dabei sein, weil ich zu dem Zeitpunkt im Kreißsaal liegen und ein Kind entbinden werde», lüftet Maja das
Geheimnis. Dieses Mal gibt es keine Stille vorm Sturm, sondern direkt einen Orkan der Emotionen. Ich glaube, wenn unsere
Männer dieses Szenario mitbekämen, würden sie uns direkt in die Psychiatrie einliefern lassen. Vier Frauen, die alle durcheinanderquatschen,
quietschen und am Heulen sind. Dazwischen Maja, die versucht, alle auf sie einstürmenden Fragen zu beantworten und von unseren
Umarmungen nicht erdrückt zu werden. Langsam legt sich die allgemeine Aufregung, und wir können die Ereignisse des heutigen
Abends etwas sortieren. Maja erzählt, dass sie vor kurzem erfahren hat, dass sie schwanger ist, Stichtag Ende Mai ist und
sie also entweder hochschwanger oder gar nicht dabei sein wird. Lena, die Kinder super findet, freut sich wahnsinnig, einen
weiteren Nachwuchs im Freundeskreis zu haben. Keine Spur von Enttäuschung – so ist Lena. Selbst wenn es eigentlich um sie
und ihren großen Tag geht, kann sie sich für andere freuen und warmherzig auf deren Bedürfnisse eingehen.
Der Abend wird lang, wir malen uns die Zukunft aus, planen die Feier und lachen viel. So viele schöne Dinge auf einem Haufen
– selig fahren wir nach Hause.
Übrigens hat keine der Damen gefragt, wer die Trauzeugin ist – das war allen klar.
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|55| Montag, 28. Oktober
Stimmung: erstaunt
Sound: babilonisches Sprachgewirr
Thema des Tages: Der Versuch, ohne Hochzeitsthemen Urlaub zu machen
Nein, nicht wecken, ich will weiter schlafen. Aber neben mir trällert Nana Mouskouri unbeirrt ihr «Guten Morgen Sonnenschein»
und reißt mich unsanft vom Land der Träume in die Realität. Ich will nicht wach werden, es ist doch mitten in der Nacht.
Aber gegen Nanas gute Laune hat der Schlaf keine Chance, ich öffne die Augen und sehe mich irritiert um. Warum ist es hell
und wo bin ich? Langsam wacht auch mein Bewusstsein auf, und ich erinnere mich: Ich bin in Hongkong. Grinsend liege ich im
Bett und schalte Nana aus, die mich wecken sollte, damit ich mich besser an die Zeitumstellung gewöhne. Urlaub!
Andreas und ich sind vor einigen Stunden in der Mega-City angekommen, nach einem langen Flug, der uns die knapp 10 000 Kilometer von Hamburg in den Süden Chinas gebracht hat. Vollkommen erledigt, waren wir dankbar für die sechs Stunden Zeitverschiebung,
sodass wir mitten in der
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