Die Wedding-Planerin
passenden Hochzeits-Location begleitet. Die beiden hatten
sich relativ spontan – etwa drei Monate vor der Feier – entschieden zu heiraten. Viele Gastronome haben uns angeguckt wie
eine Kuh, wenn es donnert, als wir ihnen den Termin mitteilten. «Nichts zu machen, seit einem Jahr ausgebucht» war die
häufigste Aussage. Ein Jahr im Voraus, dachte ich damals, sollte ein Witz sein. Aber dies entspricht wohl der bitteren Realität.
Die beiden entschlossen sich schließlich, auf dem Hof ihrer Eltern in der Lüneburger Heide zu heiraten, und das Fest wurde
als rustikale Sommerparty geplant und wunderschön.
Diese Lösung fällt bei Lena flach – Heimat ist gestrichen, sie hat es geschafft, Eltern und Schwiegereltern zu erläutern,
warum Hamburg so wichtig für sie ist, und kann nun friedlich zwischen Alster und Elbe heiraten. Gestern Abend habe ich ihr
versprochen, |49| die Räume, die ich auf der Tour im letzten Jahr für gut befunden hatte, zu suchen und ihr die Links zu mailen.
Daher sitze ich nun mit einem Becher Milchkaffee vor dem Rechner und durchwühle meine Lesezeichen. Weil ich aber leider nur
einen Bruchteil der Locations archiviert habe, muss ich den Rest erneut suchen. Das kann mühsam werden. So scrolle und klicke
ich mich durch die Seiten und schaudere ob der Scheußlichkeiten, die dort als «romantisch», «idyllisch» oder «nah der Alster»
beschrieben werden. Landgasthäuser, die eine drohende Insolvenz anscheinend nur durch zahlende Brautpaare abwenden können.
Wie sonst erklärt sich, dass einige Besitzer offenbar seit 1960 nicht mehr renoviert haben? Beim Betrachten der Bildgalerie
(angereichert mit den unvermeidlichen Word-Cliparts – in meinem nächsten Leben lerne ich Homepages zu gestalten, das ist
eine Goldgrube) kann ich förmlich das alte Fett und die 600. Hochzeitssuppe riechen. Das ist meinem geschundenen Magen heute leider zu viel des Guten, und ich klicke weiter. Ah, direkt
im Hafen mit Blick aufs Wasser – das klingt gut.
Ein neues Fenster öffnet sich – ich will die Werbung schon wegklicken, als mein Finger untätig über der Maus verharrt: Ein
großer deutscher Kaffeeanbieter wirbt mit Hochzeitspaketen. Neben Transport, Organisation und Location sind Essen und Trinken
pauschal inklusive. O. k. – geschafft: Ich klicke drauf, das interessiert mich. Es erscheinen drei schlecht erkennbare Häuser neben der Aufzählung
der Inklusivleistungen. Ich klicke mich durch die Seiten und fühle mich angesichts der Angebote maximal unterhalten – das
können die nicht wirklich ernst meinen. Jeder, aber wirklich jeder versucht Reibach mit Hochzeiten zu machen. Im Endeffekt
wird Brautpaaren hier das Geld aus der Tasche gezogen. Es gibt ein Angebot, das auf den ersten Blick günstig scheint, aber
bei genauerem Hinsehen kann man erkennen: Alles berechnet sich an der Anzahl der Gäste, inklusive sind immer nur zehn Personen
(Wofür brauche ich dann einen 220 Quadratmeter großen Saal?), |50| alle weiteren kosten je nach Wahl des Essens und der Getränke bis zu 130 Euro extra pro Person. Ganz schön happig – selbst für jemanden, der Hamburger Preise gewöhnt ist.
Ich klicke weiter und stelle Lena die Liste zusammen, die sie braucht. Fünf verschiedene Orte habe ich gefunden: Eine umgebaute
Kontoretage im Hafen, einen Saal vor den Toren der Stadt im Grünen, eine alte Fabrik, eine Bar mit modern-reduzierter Einrichtung
und Blick aufs Wasser sowie eine umgebaute Industriehalle. Ich bin sehr gespannt auf ihre Reaktion. Und gleichzeitig sehr
froh, dass ich diese Entscheidung nicht zu treffen brauche. Alle fünf sehen toll aus, jedes Angebot hat seinen ganz eigenen
Charme. Aber auch seinen ganz eigenen und selten günstigen Preis. Natürlich kostet Qualität immer Geld, und wenn man sich
für eine große Hochzeit entschieden hat, muss man halt entweder auf andere Dinge, wie zum Beispiel eine ausführliche Hochzeitsreise
und die nächsten drei Urlaube oder ein neues Auto, verzichten oder einen Kredit aufnehmen. Dennoch schwirrt mir bei den Vorbereitungen
immer der Gedanke an die astronomische Gesamtsumme durch den Kopf.
Das gehört wohl zu einem der bestgehüteten Geheimnisse überhaupt – keines der Brautpaare, die ich begleitet habe, hat jemals
wirklich darüber gesprochen, was der Spaß kostet. Woher weiß man als angehendes Brautpaar, wie teuer so eine Veranstaltung
wird, wenn die Freunde nicht über Geld sprechen? Ich
Weitere Kostenlose Bücher