Die Wedding-Planerin
Standesamt buchen. Damit, denke ich, habe ich wenig zu tun und lehne
mich zurück. Jetzt muss ich erst mal Weihnachtsgeschenke finden – und zwar ohne noch einmal einen Fuß in die weihnachtlich
verseuchte Innenstadt zu setzen. Ich werde einfach online bestellen.
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|96| Dienstag, 17. Dezember
Stimmung: vorfreudig
Sound: «I’ll be there for you» von The Rembrandts
Thema des Tages: Planung ist alles
Dank des Internets sind alle Weihnachtsgeschenke schnell und effizient gefunden und gekauft. Nun trudeln hier jeden Tag Pakete
und Päckchen ein, die ich auspacken, sichten und weihnachtlich wieder einpacken kann. Und nebenbei lerne ich die Nachbarschaft
noch ein bisschen kennen, während ich die Sendungen allabendlich im Haus zusammensammle. Dem alten Herrn, der unter mir
wohnt, sollte ich meine Dankbarkeit für seine Dienste demnächst mal in Form einer Schachtel Pralinen bezeugen.
Während ich die heutige Ladung auspacke und Andreas zum Bewundern abkommandiere, fragt dieser mich, ob ich eigentlich kaufsüchtig
sei. Ich? Kaufsüchtig? Nein, auf keinen Fall. Warum? Er zieht aus all den Büchern, Tüchern, CDs und sonstigen Aufmerksamkeiten
für Freunde und Familie ein blaues Strumpfband sowie das Buch
Hochzeitstorten backen & dekorieren
hervor und hält es mir unter die Nase: «Und was soll das dann?» Ich erkläre ihm, dass ich das Strumpfband schon mal für Lenas
Hochzeit bestellt habe. Gemäß einer alten Tradition, die ich sehr mag, benötigt die Braut ja etwas Neues, etwas Altes,
etwas Blaues und etwas Geliehenes an ihrem großen Tag. Und das blaue Strumpfband ist eben das Blaue und gab es bei einem Online-Shop,
bei dem ich auch das ein oder andere Geschenk erworben habe. Passte halt, das mitzubestellen. Und das Buch brauche ich zur
Inspiration.
Andreas zieht die Augenbrauen hoch und sagt: «Wir haben |97| Dezember. Die Hochzeit ist im Mai. Warum finde ich in jeder Ecke unserer Wohnung bereits Dinge, von denen du meinst, dass
Lena sie bei der Hochzeit benötigt? Warum bestellst du den Kram ‹vorsichtshalber›, statt ihn dann zu kaufen, wenn du weißt,
dass du ihn brauchst? Und wolltest du nicht dieses Mal keine Torte backen?»
Hat er das immer noch nicht verstanden? Kurz überlege ich, ob ich ihn einfach ignoriere, es ist immerhin nicht das erste
Mal, dass wir derartige Gespräche führen, und er hat mich auch nicht nur einmal dabei begleiten müssen, wenn ich in letzter
Minute wirklich wichtige, aber sehr spezielle Accessoires kaufen wollte, diese aber nicht gefunden habe. Daher habe ich
in meinen Listen eine Liste, die gewisse Standards an Zubehör definiert: Nähnadel und -garn in Farbe des Brautkleides für
potenzielle Unfälle, Puder, Blasenpflaster, Reinigungsnotfallmittel und so weiter. Neben dem Notfall-Case gibt es noch
die Rubrik «Überraschungen», in der Ideen für die Kategorien «Neues», «Altes», «Blaues» und «Geliehenes» notiert werden.
Es folgen Ideen für Geldgeschenke – immerhin werden spätestens drei Wochen vorher die Gäste beginnen, bei mir nachzufragen,
was das Paar sich wünscht. Andreas kapituliert und lässt mich in Ruhe weiter aus- und wieder einpacken. Er weiß im Grunde
seines Herzens, dass er gegen meine Planungswut sowieso keine Chance hat. Kaufsucht war mal eine neue Variante, mir zu sagen,
dass ich es nicht übertreiben soll.
Dieses Mal ist nur alles etwas anders, weil ich allein bin. Zwar hat auch Karl einen Trauzeugen, aber auf den kann ich in
Sachen Vorbereitung nicht bauen. Erstens lebt er nicht in Hamburg, zweitens ist er ein Mann, und drittens hat er einen Job,
der ihn 24 Stunden am Tag in Beschlag nimmt, und somit keine Zeit, sich zu kümmern. Ihn werde ich am Tag der Hochzeit einfach mit Dingen,
die ich nicht leisten kann, beauftragen. Den Rest mache ich schon. Und wenn ich ganz ehrlich bin, finde ich das großartig.
Ich muss mich mit niemandem absprechen außer dem Brautpaar, muss |98| keine bekloppten Ideen anderer Trauzeugen und Brautführer abwenden und keine Kompromisse machen.
Ralf und Susanne, das erste Paar, das ich auf dem Weg zum Altar begleitet habe, hatten sich damals gleich sechs Personen
ausgesucht, die ihnen zur Seite stehen sollten – zwei Trauzeugen und vier Brautführer. Diese Idee begründete sich in der
Annahme, dass der Einzelne dann weniger Arbeit hätte. Theoretisch ist das sicher richtig. Die Praxis aber bewies das Gegenteil.
Da Ralf und
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