Die Wedding-Planerin
total überfüllte Innenstadt auf der Suche nach passenden
Weihnachtsgeschenken für Familie und Freunde, als mein Handy klingelt. Lena ist dran und aufgeregt. Die Geräuschkulisse aus
Karussells, Kindergeschrei und Weihnachtsliedern macht es mir unmöglich, auch nur ein Wort zu verstehen. Ich lege auf,
suche mir ein ruhiges und warmes Plätzchen im Kaufhaus und rufe Lena zurück.
Sie erzählt mir, dass Karl etwas zickig in Bezug auf die neulich von uns inspizierten Räumlichkeiten reagiert hat und das,
was er auf den Bildern sieht, ihm nicht gefällt. «Aber glaub bitte nicht, dass er das konkret begründen kann, es gefällt
ihm einfach nicht, nähere Auskünfte dazu kann er mir nicht geben», zetert Lena aufgebracht ins Telefon.
Das ist Karl. Hin und wieder stellt er sich ohne erkennbaren Grund einfach stur, und man kann machen, was man will, es
wird ihn nichts überzeugen. Christian, der Vermieter des Raums, braucht allerdings dringend eine Ansage von Lena und Karl,
da er noch einen anderen Interessenten für den Termin hat. «Ich habe ihm schon angeboten, dass wir nochmal hinfahren und
uns den Raum gemeinsam ansehen», berichtet Lena, «aber jetzt will er nicht. Was soll ich denn nun machen? Christian will
bis morgen |92| eine Entscheidung.» Mist, das wird eng, und wenn Karl auf stur gestellt hat, hilft es eigentlich auch nicht, dass wir
hinfahren – wenn er keine Lust hat, hat er keine Lust.
Ich breche meine Einkaufstour kurzerhand ab und fahre zu Lena und Karl, die ich schweigend in ihrer Küche antreffe. Lenas
Gesicht zeigt Spuren von Tränen, Karl guckt finster. Oha, das ist noch ernster als gedacht. Zunächst versuche ich es mit
Smalltalk, erzähle von der total überfüllten Stadt und rege mich ein bisschen über den Weihnachtsmarkt, die vielen Menschen
und die ständige Beschallung mit Weihnachts-Hits auf. Keine Reaktion. Also stelle ich auf Nahrungsaufnahme um, koche Tee
und packe den Kuchen aus, den ich mitgebracht habe.
Karl schaufelt sich die Süßigkeiten schweigend rein, Lena will nichts essen, sie will bis zur Hochzeit noch ein paar Kilo
abnehmen. Wenn Essen nicht hilft, was muss ich denn dann tun, um die beiden zum Reden zu bewegen? Mein Hirn arbeitet auf
Hochtouren. Eigentlich kenne ich die zwei so gut, dass ich einen Hebel finden sollte, die Situation zu entspannen, aber
hier scheinen sich gerade echte Fronten zu bilden.
Kuchen kauend sehe ich von einem zum andern und überlege, wie wir das Problem lösen können. Es hat etwas Komödiantisches,
wie sie beide, konzentriert auf ihre eigene Wut, dasitzen und nicht aus ihrer Schmollecke herauskommen können. Ich muss
lachen, was sich ziemlich schnell in einen Lachanfall ausweitet und die beiden nicht unberührt lässt. Ich halte mir den Bauch
und wische mir die Tränen ab, während Karl noch grummelt und Lena schon etwas heiterer guckt. Nachdem ich mich wieder beruhigt
habe, gehe ich zum offenen Angriff über: «Wo ist das Problem?» Beide sehen mich an und beginnen gleichzeitig zu reden. Aus
dem Kauderwelsch, das auf mich einprasselt, verstehe ich nur «überrumpelt», «nicht einbezogen», «macht alles allein» und
«Sturkopf». Moderierend greife ich ein: «Lena, sei mal still, Karl, was willst du sagen?»
|93| Karl erklärt, dass er sich übergangen fühlt, weil Lena und ich den Raum allein angesehen haben. Lena hakt ein, dass er
ja arbeiten musste und sie den Termin nicht verfallen lassen wollte. Er erwidert, dass er immer nur ja sagen soll und sie
alles allein entscheiden will, und sie ist beleidigt, weil er sich nicht von selbst einbringt und sie alles von ihm abfordern
muss. Ein typischer Fall von prähochzeitlichem Missverständnis aufgrund monothematischer Gesprächssituation. Der Grund: Lena
ist eifrig am Vorbereiten, für Karl geht das Leben erst mal normal weiter, und trotzdem muss er sich täglich die neuesten
Erkenntnisse seiner zukünftigen Frau anhören. Das Ergebnis: Er ist genervt, weil es nur noch das eine Thema gibt, sie frustriert,
weil er sich nicht genug interessiert.
«Leute, ihr wollt heiraten, gewisse Dinge kann man nicht erst kurz vor knapp vorbereiten und entscheiden, einige Themen
müssen jetzt angegangen werden, und, Karl, Lena ist wirklich keine Frau, die dich ununterbrochen mit dem Thema belästigt.
Könntet ihr die Freundlichkeit haben, euch zusammenzuraufen, sodass wir Christian eine Entscheidung mitteilen können?»,
ereifere ich mich etwas
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