Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
Zentimetern auf dem Holz der Dielen verlor. Alister starrte auf den Boden und spürte, wie die Furcht ganz und gar von ihm Besitz nehmen wollte. Sollte diese abbrechende Linie bedeuten, dass sein Leben dem Ende entgegenging? Hatte Caja seinen nahen Tod vorausgesehen?
»Was bedeutet das?«
»Denke nach, Alister, dann wirst du es wissen.«
Jetzt schlug seine Furcht in übermächtige Wut um. Diese alte Hexe wollte ihm mit ihren dunklen Andeutungen nur Kraft und Zuversicht rauben. Nichts wusste sie, nichts hatte sie gesehen. Es war alles nur Lug und Trug, ein Gauklertrick, um Duncans Tochter vor der verdienten Strafe zu schützen.
»Pack dein Bündel, Caja«, sagte er. »Wenn die Sonne heute Abend untergeht, und ich finde dich noch auf der Burg, dann wird dein dürrer Leib über dem Burgtor im Wind baumeln.«
Mit Befriedigung sah er, dass sie nun doch erschrak. Vermutlich hatte sie geglaubt, ihn mit ihren Hexenkünsten so einschüchtern zu können, dass er nach ihrem Willen tanzte. Doch da hatte sie sich getäuscht.
»Ich habe dir über zwanzig Jahre gedient, Alister«, murmelte die Alte. »Ich habe deiner Frau beigestanden, deine Töchter großgezogen und die Wunden deiner Krieger geheilt. Willst du mir meine Treue nun so schlecht lohnen?«
Er tat, als müsse er nachdenken, starrte in eine Ecke des Raumes, wo ein silberner Leuchter auf einem eingedeckten Tischlein stand, und wandte sich dann mit einem Ruck wieder Caja zu.
»Gut«, sagte er lauernd. »Ich gebe dir Gelegenheit, deine Treue zu beweisen.«
»Wie meinst du das?«
Er verzog den Mund zu einem hässlichen Lächeln.
»Du wirst Rodena dazu bringen, ihren Widerstand aufzugeben und sich ihrem Bräutigam so zu zeigen, dass er an ihr Gefallen findet. Ich gebe dir eine Woche Zeit dazu – gelingt es dir, so darfst du Rodena zu ihrem Ehemann folgen, und du wirst dort bis an dein seliges Ende versorgt werden. Schaffst du es nicht, dann wartet der Hungertod in den einsamen, kahlen Bergen auf dich.«
Caja zögerte keinen Augenblick, ihre Antwort zu geben.
»Wir müssen alle sterben, Alister«, sagte sie ruhig. »Duncan starb und auch Isobail, meine geliebte Herrin. Warum sollte ich leben, um Rodenas Unglück mitanzusehen?«
»Dann fahr zur Hölle, alte Vettel!«, brüllte er wütend. »Und denke daran, dass du vogelfrei sein wirst, und jeder, der dich am Wegrand trifft, dir das Messer ungesühnt in den Leib stoßen darf.«
Caja richtete wieder ihre hellen, wissenden Augen auf den tobenden Mann, und obwohl sie wusste, dass sie vorsichtig sein musste, konnte sie doch nicht ganz und gar schweigen.
»In die Hölle wirst du als Erster fahren, Alister MacBlair«, rief sie mit lauter Stimme. »Dort, wo Duncans Mörder hingehört, wird auch dein Platz sein!«
Der Schrecken ließ ihn erstarren, er stand unbeweglich, den rechten Arm noch erhoben, denn er hatte ihr einen Leuchter nachwerfen wollen.
»Was schwatzt du da von Duncans Mörder?«, zischte er.
»Es gibt keinen Mörder, Duncan starb eines natürlichen Todes.«
»Natürlich. Alle wissen davon«, gab sie zurück und ging eilig die Treppe hinab.
Nur kurze Zeit später sah man sie, fest in ihr Plaid gewickelt und mit einem Bündel über dem Rücken, durch das Tor in die Heide hineinlaufen. Ihr graues Kleid und das braune Plaid vermischten sich rasch mit den dichten Nebelschwaden, sodass man bald nichts mehr von ihr erkennen konnte.
»Verfluchte alte Hexe«, murmelte Alister, der ihr vom Fenster des Turms aus nachschaute. »Es war ein Fehler, sie gehen zu lassen. Ich hätte ihr besser das Maul gestopft.«
Er beruhigte sich mit dem Gedanken, dass sie da draußen in der Einsamkeit nur schwer überleben würde. Dann rief er Gavin herbei.
»Ich habe einen Auftrag für dich. Hör mir genau zu...«
Gavin sah seine Stunde gekommen, und er verneigte sich mit Inbrunst vor seinem Laird. Endlich konnte er die Scharte auswetzen, die er diesem verfluchten Bauern zu verdanken hatte, und wieder in der Gunst seines Clan Chief aufsteigen. Noch dazu war es eine Aufgabe ganz nach seinem Herzen, die ihm großes Vergnügen bereiten würde.
Alister sah zufrieden, wie Gavins Gesicht vor Begeisterung leuchtete. Er wusste, dass Rodena diesen Mann verabscheute – er hatte den Richtigen ausgewählt, ihren Trotz zu brechen.
»Das Unheil zieht sich zusammen«, hatte Caja ihr zum Abschied gesagt. »Sei tapfer, Rodena, und sieh der Gefahr ins Auge – nur so können wir sie überwinden.«
Rodena war darauf gefasst gewesen,
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