Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
Bekanntschaft mit dem harten Stein machten.
Die Gäste waren inzwischen von den Pferden gestiegen und von Alisters Rittern in die Halle geleitet worden. Im Hof war gleich danach Getümmel ausgebrochen, denn die Knechte und Knappen hatten nicht nur die Pferde der Ritter zu versorgen, sondern auch einige Maultiere zu entladen, auf denen Malcolm Geschenke für den zukünftigen Schwiegervater mitführte. Missmutig drängte sich Ewan an einem Pferdeknecht vorbei, der Malcolms Streitross zum Stall führte, und er musste zugeben, dass sowohl das edle Pferd als auch Sattel und Zaumzeug seinen Neid erregten. Wie schade, dass dieses schöne, stolze Tier einen solchen Dreckskerl tragen musste!
In der Halle waren lange Tische für das Willkommensmahl aufgebaut, doch niemand hatte bisher Platz genommen, denn erst fanden die feierliche Begrüßung und die Übergabe der Geschenke statt. Malcolms Ritter hielten sich abseits der Gastgeber, umgaben ihren Laird wie zum Schutz, doch immerhin hatten sie – nach altem Brauch – am Eingang der Halle ihre Waffen abgelegt. Es herrschte eine friedliche, sogar freundschaftliche Stimmung, man hörte Alisters geschwollene Begrüßungsworte, die von Malcolm mit dünner Greisenstimme erwidert wurden. Sehen konnte Ewan wenig von den beiden Clan Chiefs, denn er stand seinem niedrigen Rang entsprechend weit hinten, zwischen Hofleuten und Knappen eingeklemmt, und obgleich er groß gewachsen war, verdeckte ihm doch eine breite Säule die Sicht.
Als die langwierige Prozedur endlich ihr Ende gefunden hatte und die Ritter sich an die Tafel begaben, begann Ewans Herz heftig zu schlagen. Es war der Augenblick, in dem auch die Frauen in die Halle traten, um am Mahl teilzunehmen – in wenigen Augenblicken würde Rodena vor ihrem zukünftigen Ehemann erscheinen müssen.
Geflüster war zu hören, als die ersten Frauen sich zeigten, Knappen sprangen herbei, um sie an die Tafel zu geleiten und ihnen die Schemel und Stühle bequem zurechtzuschieben. Rodena erschien als Letzte, gekleidet in ein grünes, reich mit Borten geschmücktes Gewand, über ihrem offenen Haar lag ein langes, zartgrünes Seidentuch.
Ewan glaubte zuerst, seine Augen hätte ihn getäuscht, doch das Gemurmel rechts und links bewies, dass er richtig gesehen hatte. Rodenas Gang war seltsam uneben – sie humpelte. Als sie näher kam, stellte er erschrocken fest, dass ihre Wangen hohl wirkten und die Augen von dunklen Schatten umgeben waren, auch schien alles Blut aus ihrem Gesicht gewichen, denn sie war totenbleich.
Wie betäubt ließ er sich auf eine der Bänke weit hinten an der Tafel fallen und hörte kaum, wie ein fetter Mönch, den Malcolm in seinem Gefolge mitgebracht hatte, ihn flehentlich bat, ein wenig zur Seite zu rücken, da er auf seinem Gewand säße. Es war kaum eine Woche her, dass Rodena im Burghof gestanden und ihre bevorstehende Heirat verkündet hatte. Sie war zornig geworden, hatte ihm mit Bitterkeit geantwortet – doch sie war bei bester Gesundheit gewesen. War sie aus Verzweiflung erkrankt? Hatte sie sich alle Nahrung verboten, sodass sie nun fast am Rande des Todes war?
Die Speisen ließen an den hinteren Tischen auf sich warten, denn zuerst wurden die beiden Clan Chiefs, die Gäste und die hochgestellten Ritter bedient. Was sie übrig ließen, schob man weiter, bis die letzten, längst erkalteten Reste endlich am unteren Ende der Tafel ankamen. Knappen, die ihre Ritter bedienen mussten, flitzten durch die Halle und schleppten Krüge mit Bier und Wein. Später würden sie den Rittern die Schalen reichen, in denen man sich nach dem Mahl die Hände reinigte, dazu Tücher, um sich abzutrocknen.
Die flinken, kleinen Burschen wurden oft beim Arm genommen und rasch darüber ausgefragt, was oben an der Tafel verhandelt wurde. Besonders der dicke Mönch neben Ewan war ganz versessen darauf, die Lage zu kennen, und so brauchte Ewan nur hinzuhören, um ebenfalls auf dem Laufenden zu sein.
»Alisters Stieftochter scheint sehr krank zu sein«, vermeldete einer der Knappen. »Sie hustet, und ihr Gesicht ist bleich wie der Tod.«
»Ein Weib ist schwach und sündig – gar leicht hat der Teufel Macht über sie«, sagte der Mönch mit bedenklicher Miene. »Gieß mir rasch etwas Wein in den Becher, Bürschlein, sonst verdorrt mir noch die Kehle.«
»Das darf ich nicht«, jammerte der Knappe. »Der Wein ist nur für meinen Laird, und wenn er bemerkt...«
Doch der Mönch hielt den Arm des Kleinen mit fester Faust umschlossen,
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