Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
schlang und die Schlösser einrasten ließ. Dann stand Rodenas Bewacher hilflos angekettet und harrte der Dinge, die nun geschehen würden.
Fassungslos hatte Rodena den Kampf beobachtet, den Rücken gegen die Wand gepresst, ungläubig, dass der Mann, den sie für einen Feigling gehalten hatte, nun gekommen war, um sie zu retten. Jetzt, als er sich ihr zuwandte und den Blick auf sie richtete, spürte sie, dass sie vor Aufregung am ganzen Leib zitterte.
»Ihr braucht Euch nicht zu fürchten, Lady«, sagte er leise und ließ sein Schwert in die Scheide gleiten. »Ich bringe Euch fort von hier.«
»Du weißt selbst, dass wir nicht einmal heil aus der Burg kämen...«
»Ich töte die Wächter, besorge uns Pferde, und wir werden die Nacht hindurchreiten...«
Doch sie schüttelte den Kopf, denn sie wusste, dass es Wahnsinn war, was er vorhatte.
»Wohin sollten wir uns flüchten? Auf Alisters Gebiet werden wir rasch entdeckt werden, und die anderen Clans sind unsere Feinde...«
Er hörte nicht auf ihre Einwände und begann bereits, ihre Ketten zu lösen. Verzweifelt suchte sie einen Ausweg, denn sie wollte nicht, dass er sein Leben verlor, um sie zu retten.
»Ich werde nicht mit dir gehen«, sagte sie energisch. »Willst du mich etwa zwingen?«
Die Ketten fielen von ihren Handgelenken herab, und Ewan umfasste sie jetzt voller Leidenschaft, presste sie so ungestüm an sich, dass ihr der Atem stockte.
»Ich liebe dich, Rodena«, sagte seine tiefe, warme Stimme. »Um dich vor Unheil zu bewahren, würde ich selbst gegen Tod und Teufel kämpfen.«
Sie konnte nicht antworten, denn er bedeckte ihr Gesicht mit einer Flut glühender Küsse, fand dann ihren Mund und sog mit Leidenschaft an ihren Lippen. Bebend gab sie sich diesem leidenschaftlichen Überfall hin, spürte kaum, dass sie die Arme um seinen Nacken legte und ihre Finger in sein dichtes, blondes Haar grub. Für einen wundervollen Augenblick lang versank das düstere Gefängnis im Nichts, und es schien nur Ewans mächtigen, warmen Körper zu geben, der sich an sie drängte und sie vor Sehnsucht und Glück schwindelig machte.
Doch schon bald riss er sich von ihr los und zog sein Schwert.
»Halte dich dicht hinter mir, Rodena«, ordnete er an. »Wir schlagen uns zu den Pferden durch, und bevor man das Tor schließen kann, sind wir davon.«
Sie war nun willenlos und bereit, sich ihm zu fügen, da bewegte sich knarrend die hölzerne Tür, und eine dunkle Gestalt erschien auf der Treppe wie ein großer Schatten.
Neuntes Kapitel
»Erst musst du an mir vorbei, Ewan!«
Roger de Brionne war der Letzte, den Ewan hier erwartet hätte. Doch der alte Kämpfer stand unbeweglich mit gezücktem Schwert vor dem Ausgang und versperrte ihnen den Weg in die Freiheit.
»Ich bin Euch zu Dank verpflichtet, Roger«, sagte Ewan heiser. »Doch ich werde auch Euch nicht schonen. Gebt den Weg frei!«
Doch Roger wich nicht von der Stelle, bereit, dem Ansturm des jungen Mannes zu trotzen.
»Besiege und töte mich«, sagte er mit ruhiger Stimme. »Wenn du das Herz dazu hast, den Mann herauszufordern, der all seine Hoffnungen in dich gesetzt hat.«
Ewans Hand zitterte. Er hatte oft gegen seinen gestrengen Lehrer rebelliert, und doch war Roger de Brionne ein Mann, den er hoch achtete, ein Vorbild, fast ein Vater. Nichts lag ihm ferner, als sich auf Leben und Tod mit ihm zu messen. Und doch konnte er sich Rogers Willen nicht fügen – der Kampf war unvermeidlich.
»Weiche zurück oder wehr dich, Roger«, rief er und hob die Klinge.
Da lief plötzlich Rodena an ihm vorbei die Treppe hinauf und stellte sich vor Roger, als wolle sie ihn mit ihrem Körper schützen. Der Ritter legte den freien Arm um sie und zog sie sacht zu sich heran.
»Du siehst, dass dieses Mädchen klüger ist als du«, sagte Roger mit halblauter Stimme und stieg langsam die Treppe zu Ewan hinab, Rodena vor sich herschiebend. »Also lass ab von diesem Wahnsinn, und übe dich in Geduld. Deine Zeit wird kommen, Ewan.«
Ewan sah den flehenden Ausdruck in Rodenas Augen, die ihn um Verzeihung baten, zugleich begriff er, dass es nun keine Möglichkeit mehr zu Kampf und Flucht gab, denn Rodena stand wie ein lebender Schild vor seinem Gegner. Mit einem zornigen Fluch ließ er sein Schwert sinken, spuckte vor den beiden aus und wandte sich zu Gavin um, der das Geschehen mit offenem Mund und starren Augen verfolgt hatte.
»Wenn du sie auch nur anrührst, töte ich dich!«, zischte Ewan ihm zu.
Dann ging er stumm aus
Weitere Kostenlose Bücher