Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
Wange, denn Rodena starrte sie an, als käme sie aus weiter Ferne.
»Hast du denn nicht gehört, was Alister MacBlair gerade verkündet hat? Mathew Cameron trat nicht für sich selbst an. Er hat dich für seinen Laird Malcolm MacLead erstritten.«
Sie war mit offenen Augen in die Falle getappt – wie hatte sie nur so dumm sein können! Doch was zählte das jetzt noch – Ewan war gefallen! Er lag leblos am Boden, und die Gesten der Umstehenden zeigten an, dass es schlimm um ihn stand.
Einer der Ritter warf ein Plaid über Ewans Körper, deckte auch sein Gesicht damit zu, vier Knechte fassten den Reglosen an Armen und Beinen, und die Menschen wichen zurück, um den Weg zur Burg freizugeben. Viele bekreuzigten sich, als der Geschlagene an ihnen vorübergetragen wurde, einigen liefen die Tränen herab, andere blickten starr und ballten heimlich die Fäuste.
Rodena erlebte die folgenden Stunden wie einen bösen Traum. Alister selbst geleitete sie vom Podest herab, fasste lächelnd ihre Hand und führte sie in die Mitte des Platzes, wo sie dem gleichgültig dreinblickenden Sieger den Preis zu überreichen hatte. Wie eine Schlafwandlerin tat sie, was man von ihr verlangte, stand mit wehendem Gewand vor dem Mann, der sie für Malcolm MacLead gewonnen hatte, setzte ihm einen aus Zweigen geflochtenen Kranz aufs Haar und spürte weder den kalten Wind noch den aufkommenden Nieselregen, der ihr Kleid durchtränkte. Die Menschen beeilten sich, nach Alisters Willen zu jubeln und zu applaudieren, denn Herolde hatten angekündigt, dass nach dem Turnier ein Fest gefeiert würde, bei dem alle, auch die Leute aus den Dörfern, zu Speis und Trank geladen waren.
Wie versteinert saß Rodena in der Halle an der Festtafel neben Alister, der sich eifrig mit Mathew Cameron austauschte und bester Laune war. Man trank auf den Sieger, auf die bevorstehende Hochzeit, ließ Malcolm MacLead hochleben, und der Barde Airdan sang ein Loblied auf die Schönheit und Tugend der Braut, das in Rodenas Ohren wie bitterer Hohn klang. Niemand sprach von Ewan, es schien, als habe es ihn nie gegeben.
Roger de Brionne erschien erst spät zum Festmahl, er war sehr ernst, und es schien Rodena, als sei er während der vergangenen Stunden um Jahre gealtert. Man rückte zusammen, damit er seinen angestammten Platz in Alisters Nähe einnehmen konnte, dort saß er schweigend vor seinem Teller, ohne zu essen, rührte auch den Wein nicht an, und als Alister ihn anredete, fiel Rogers Antwort knapp aus.
Der Lärm in der Halle war inzwischen so groß, dass man Mühe hatte, seinen Tischnachbarn zu verstehen, dazu krähte der Barde seine grobschlächtigen Gesänge und wurde durch lautes Gelächter belohnt. Rodena suchte verzweifelt Rogers Blick, denn es war unmöglich, inmitten dieses Getöses die Frage zu stellen, die ihr auf der Seele brannte.
Als er endlich die Augen zur ihr hob, lag unendliche Traurigkeit darin, und sie spürte, wie ihr Herz aussetzen wollte. Stumm formten ihre Lippen den Satz.
»Was ist mit Ewan geschehen?«
Roger schüttelte den Kopf und fuhr dann fort, düster vor sich hinzustarren.
Was bedeutete diese Geste? Sicher nichts Gutes.
Es schwindelte ihr, und sie bat, sich zurückziehen zu dürfen. Alister hatte nichts dagegen, er wünschte ihr sogar eine gute Nacht und süße Ruhe, und sie musste sich heftig zusammennehmen, denn sie hätte ihn gern dafür angespuckt.
Sie hatte gehofft, auf dem Weg zum Wohnturm heimlich verschwinden und nach Ewan suchen zu können, doch es erwies sich als unmöglich, denn Alister beorderte zwei Wächter, sie zu begleiten. Zu allem Überfluss hatte auch Mathilda entschieden, dass das laute Treiben an der Festtafel und vor allem die unzüchtigen Lieder des Barden nichts für die jungfräulichen Ohren ihrer Töchter waren, und so schloss sie sich Rodena an. Gegen ihr lästiges Geschwätz war kein Kraut gewachsen, und Rodena verlangte schließlich energisch Ruhe, da sie erschöpft sei und ihren Schlaf brauche. Daraufhin drehte Rodena den Damen den Rücken zu, und es war ihr herzlich gleichgültig, dass Mathilda wieder einmal beleidigt war.
Als die gewohnten Schnarchgeräusche die Kemenate erfüllten, erhob sich Rodena leise, um zur Tür zu schleichen, doch noch bevor sie den Riegel berührt hatte, vernahm sie laute Fußtritte und einige kurze Sätze, die ihr zeigten, dass die beiden Wächter durch andere, ausgeruhte, abgelöst wurden. Sie hatte keine Chance.
Schlaflos lag sie bis zum Morgen, starrte in die
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