Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
Totengeläut.«
Sie lauschte, vernahm den dünnen Klang der Glocke zuerst nur schwach, dann schwoll der Ton an, und jeder Schlag traf ihren schmerzenden Kopf wie ein kleiner Hammer. Es war die Gewissheit – Ewan war nicht mehr unter den Lebenden.
»Laird, sie ist wirklich sehr krank«, flüsterte die Magd. »Sie fiebert so hoch, dass wir fürchten, sie könnte sterben.«
»Wenn sie stirbt, alte Hexe, dann wirst du die Nächste sein, die ihr ins Grab folgt!«
Die Tür schlug dröhnend zu, und die Flammen um ihr Lager wuchsen in die Höhe, sodass sie kaum mehr atmen konnte.
Elfen mit grünen Leibern und spitzen Ohren tanzten in der feurigen Lohe, bucklige Gnome schlugen Purzelbäume und lachten ihr gellend in die Ohren. Dann sah sie Caja auf einem kahlen Fels stehen, die Arme weit ausgebreitet, ihr zerfetztes Plaid flatterte im Wind.
»Sei tapfer, Rodena...««
Wozu sollte sie tapfer sein? Ewan war tot – nichts würde ihn zurückbringen. Auch nicht ihre Tapferkeit.
Die Hitze schien ihre Glieder auszutrocknen, ihr Kopf dröhnte, fremde Gestalten schwebten im Zimmer, sangen liebliche Melodien, griffen mit kühlen Händen nach ihr...
»Ihr dürft diesen Raum nicht betreten, Sir!«
»Schweig!«
Jemand fasste ihre heiße Hand, beugte sich über sie, küsste sacht ihre glühende Stirn. Undeutlich erkannte sie das bärtige Gesicht von Roger de Brionne.
»Gib dich nicht auf, Rodena«, flüsterte er. »Lauf nicht davon, seit stark.«
»Wozu?«, flüsterte sie matt. »Für wen?«
Er strich ihr sanft mit der Hand über die Wange, und in seinen Augen waren Trauer und Zärtlichkeit.
»Für mich und alle, die dich lieben.«
»Für dich? Ach, Roger...«
Er lächelte, dann neigte er sich tiefer über sie, und sein Flüstern war nur noch ein Hauch.
»Und für einen anderen, der dich liebt und ohne dich nicht leben kann.«
Sie zuckte zusammen und krallte ihre Finger in sein Gewand.
»Schweig«, murmelte er, bevor sie etwas sagen konnte.
Dann erhob er sich, nickte ihr mit ernster Miene zu und ging an der misstrauisch glotzenden Magd vorbei aus dem Raum.
Rodena lag still auf ihrem Lager, spürte einen winzigen Hoffnungsfunken in sich aufkeimen und wagte nicht, sich daran zu klammern. Ewan war tot – sie hatte die Glocke selbst gehört, er war tot und begraben und würde erst am jüngsten Tag wieder aus der Erde auferstehen... Die Hitze erfasste sie aufs Neue und verbrannte alle falschen Hoffnungen.
Kurz darauf polterte Alister sporenklirrend in die Kemenate, warf einen raschen Blick auf Rodena und fasste die vor Angst erstarrte Magd beim Gewand.
»Keine Besserung?«
»Noch nicht, Laird...«, stammelte die Magd. »Sie fiebert und redet im Wahn«.
Die Magd zitterte am ganzen Leib, denn sie fürchtete, der Laird habe von dem unerlaubten Besuch des Ritters erfahren, doch Alister stieß sie grob beiseite und näherte sich Rodenas Lager.
»In zwei Wochen wirst du deine Brautfahrt antreten!«, fuhr er sie an. »Bis dahin wirst du dich erholt haben, denn die Reise ist lang und gefährlich.«
Er wurde besorgt, da sie mit keiner Bewegung zeigte, ob sie ihn verstanden hatte, deshalb kniete er an ihrem Lager nieder und beugte sich über sie. Hasserfüllt starrte er in ihr fieberglühendes Gesicht – Duncans Tochter war weitaus sturer, als ihr Vater jemals gewesen war. Jede andere hätte sich besonnen, wenn sie vom Tod ihres Geliebten erfahren hätte, und sich schließlich gefügt. Diese aber hatte beschlossen, dem Mann, den sie liebte, in den Tod zu folgen.
Seinetwegen konnte sie das ruhig tun – allerdings nicht, bevor sie Malcolms Ehefrau geworden war.
»Sei ohne Sorge, Rodena«, sagte er laut, damit sie es auf jeden Fall hörte. »Dein Brautführer ist Ewan Turner, und er hat geschworen, dich sicher zu deinem Bräutigam zu geleiten.«
Zwölftes Kapitel
Rodena sah Ewan erst am Tag der Abreise wieder. Er schien gesund und kräftig, saß sicher zu Pferd und schien vollkommen damit beschäftigt, seine verantwortungsvolle Aufgabe zu erfüllen. Mit klopfendem Herzen beobachtete sie vom Fenster der Kemenate, wie er das Beladen der Wagen überwachte, den Knechten Anweisungen gab und auch die Ritter, die den Brautzug begleiten und schützen sollten, auf ihre Positionen beorderte. Ewan Turner, der erst vor Kurzem zum Ritter geschlagen worden war, hatte jetzt den Oberbefehl über eine Gruppe von zwanzig Kämpfern erhalten, eine Tatsache, die etlichen der Männer wenig gefiel, doch sie hatten Alisters Entscheidung
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