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Die Weimarer Republik

Die Weimarer Republik

Titel: Die Weimarer Republik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunther Mai
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Schleicher ab. Seine Politik war ihr zu staatsinterventionistischund zu gewerkschaftsnah. Aber Wunschkandidat der meisten Industriellen war nicht Hitler, sondern Papen, der nachträglich mit viel Lob überschüttet wurde. Von Hugenberg befürchtete man einen landwirtschaftsfreundlichen Kurs, von dem ehemaligen Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht eine Autarkiepolitik. Doch der Einfluss der Industrie auf die politischen Weichenstellungen dieser Tage war eher gering – fast zu gering.
    Favorisierte die Industrie jetzt Papen, so die Landwirtschaft Hugenberg. Aber beide, Papen wie Hugenberg, kamen für ihre Bestrebungen ohne Hitler nicht mehr aus, der ihnen die von Hindenburg geforderte Massenbasis zuführen sollte. Hitler aber wollte Kanzler werden, nicht Vizekanzler unter einem der beiden. Papen hatte das inzwischen akzeptiert, Hugenberg, der seine Stunde gekommen sah, noch nicht. Er wurde aber am 30. Januar 1933 überfallartig düpiert. Entscheidend für die Machtübertragung an Hitler war, dass es Papen gelang, die «Harzburger Front» wiederzubeleben und Hitler, Hugenberg, die Großlandwirtschaft und den Hitler-Flügel der Industrie gegen Schleicher zu vereinen. Der Durchbruch gelang in dem Gespräch zwischen Papen und Hitler am 4. Januar 1933 im Hause des Kölner Bankiers Kurt von Schröder. Mitte Januar verlor Schleicher beim Reichspräsidenten an Vertrauen durch seinen Konflikt mit dem Reichslandbund. Hindenburgs Widerstand gegen Hitler war aufgeweicht. Als es auch Schleicher nicht gelang, seiner Regierung eine parlamentarische Fundierung mithilfe der NSDAP zu verleihen, verfiel er auf den gleichen Ausweg wie Papen: den «Staatsnotstand» zu erklären sowie mit Rückendeckung des Reichspräsidenten den Reichstag auszuschalten und Neuwahlen bis zum Herbst zu verschieben. Doch Hindenburg verwies auf seinen Verfassungseid und forderte den Kanzler zu Sondierungen mit den Parteien auf, ob «diese den Staatsnotstand anerkennen und den Vorwurf eines Verfassungsbruchs nicht erheben würden». Erwartungsgemäß lehnten diese ab, nicht zuletzt SPD und Zentrum, denen der Buchstabe der Verfassung wichtiger war, als eine Regierung Hitler zu verhindern. Schleicher blieb nur der Rücktritt.
    In aller Eile wurde das Kabinett Hitler zusammengestellt, dasim Reichstag über ca. 46 % der Stimmen verfügte, aber wie seine Vorgänger eine Präsidialregierung war. Hindenburg wurde die Entscheidung erleichtert, indem mehrere konservative Minister im Amt blieben, Hitler sich mit einer kleinen Zahl von Ministerien für seine Partei begnügte und schließlich auf das Reichswehrministerium verzichtete, das der Reichspräsident (verfassungswidrig) zuvor an Werner von Blomberg vergeben hatte. Papen und vor allem Hugenberg galten als die starken Männer, wobei etwa dem Zentrum Hugenberg als gefährlicher erschien als Hitler, da Letzterer erkannt habe, «dass eine Diktatur unmöglich» sei. Nachdem Hitler Verhandlungen mit Zentrum und Bayerischer Volkspartei über eine Verbreiterung der parlamentarischen Basis zugesagt hatte, stand seiner Ernennung nichts mehr im Wege; auch nicht der Auflösung des Reichstages und abermaligen Neuwahlen, von denen die NSDAP nur profitieren konnte. Die Bedenken seiner Koalitionspartner und Hindenburgs waren nicht überwunden, aber das Kabinett war die einzig verbliebene «parlamentarische» Lösung, die der Reichspräsident gefordert hatte. Dessen Wille, die Verfassung nicht zu brechen, sollte das Ende dieser Verfassung innerhalb kürzester Zeit bedeuten.
2. Weltwirtschaftskrise
    Die Zwischenkriegszeit war weltweit von einer Stagnation der Wirtschaft gekennzeichnet. Die globale Industrieproduktion wuchs 1913–1938 um 80 %, doch das war nur halb so viel wie in den 25 Jahren vor Ausbruch des Weltkrieges. Wurde der Krieg mit einem Rückgang des Sozialprodukts Europas um 30 % und der Zerrüttung der Staatsfinanzen bezahlt, so führte der Frieden zur Zerschlagung gewachsener Wirtschaftsräume durch neue Zollgrenzen und wirtschaftsnationale Abgrenzung, zur Entstehung bzw. Expansion außereuropäischer Produktionsstandorte, zu veränderten europäischen wie globalen Austauschbeziehungen. Die Kosten des Krieges allein können nicht primäre Ursache der Stagnation gewesen sein, obwohl Großbritannien ein Viertel seiner globalen Kapitalinvestitionen für den Krieg aufgewendethatte, Frankreich die Hälfte. Die noch größeren Kosten des Zweiten Weltkrieges behinderten ein stürmisches Wachstum nach 1948

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