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Die Weimarer Republik

Die Weimarer Republik

Titel: Die Weimarer Republik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunther Mai
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Preis an die Verbraucher weitergeben. Diese verfügten nicht über die entsprechende Kaufkraft, je mehr der Kostendruck zu Entlassungen, Kurzarbeit und Lohnsenkungen führte.
    Die Spirale von der Krise in die Depression war nicht mehr aufzuhalten, zumal die Regierung nicht bzw. zu spät intervenierte. Zum einen lautete die herrschende Lehre nicht Ankurbelung der Nachfrage durch Schulden, wie in der Demobilmachung 1918–1920 praktiziert, sondern Konsolidierung des Staatshaushaltes durch Sparmaßnahmen – einerseits aufgrund der Erfahrungen der Hyperinflation, andererseits infolge der Verteilungskämpfe bei Steuern, Subventionen und Arbeitslosenversicherung. Zum Zweiten verfolgte Brüning weitergehende Absichten. Er unterschätzte Schwere, Ausmaß und Dauer der Krise keineswegs, sondern rechnete mit einer Dauer von vier bis fünf Jahren. «Eine Wiedererreichung des Lebensstandards von 1927/28 sei auch nach Streichung der Reparationen in den nächsten Jahren nicht möglich.» Um sein Ziel zu erreichen, war er bereit, der Bevölkerung enorme Opfer zuzumuten. Durch «Einschränkungen der Ausgaben auf allen Gebieten» und die «Senkung der Preise und Löhne» sollte eine weitgehende Autarkie vor allem der Ernährungswirtschaft erreicht werden, um «Deutschland als erstes Land so zu rüsten, daß es jeden Druck von außen her aushalten könne und dazu noch in der Lage sein würde, seinerseits jederzeit die Weltkrise zu benutzen, um durch sie einen Druck auf alle übrigen Mächte auszuüben». Die Krise werde zu einem «wahrscheinlich zwei bis drei Jahre dauernden großen Weltringen» führen: «Das erste Land, das bereit wäre, alle unpopulären Opfer nach innen auf sich zu nehmen, würde an die Spitze kommen.» Eine frühzeitige Erholung würde dieses Ziel zunichtemachen; daher müsse man «aufs Ganze gehen […]. Die Regierung sei fest entschlossen, den dargelegten Weg bis zum Äußersten zu gehen.»
    Ob als geschlossenes Konzept entwickelt oder der Not derStunde folgend – die Regierung Brüning näherte sich im Laufe des Jahres dieser Politik. Eine Steigerung der Exporte war bei einem schrumpfenden Weltmarkt nur möglich, wenn die Preise sanken. Das erzwang die Regierung am 16. Januar 1931 mit der Herabsetzung der Endverkaufspreise von Markenartikeln um 10 %. Doch der Wettlauf mit dem sinkenden Preisniveau auf dem Weltmarkt war nicht zu gewinnen. Als die Industrie die Senkung ihrer Produktionskosten, d.h. der Lohn- und Lohnnebenkosten, verlangte, lehnte Brüning zunächst ab, weil das die Inlandsnachfrage mindern würde – das war ihm sehr wohl bewusst. Wenn man sich der Spirale aus einem stetigen Rückgang der Produktion und dem Ansteigen der Massenarbeitslosigkeit entziehen wollte, blieb nur der Weg einer antizyklischen Konjunkturpolitik. Die war nur durch eine ausländische Anleihe oder durch eine gelockerte Kreditpolitik zu finanzieren. Beides lehnte die Regierung ab: Würde man Auslandskredite aufnehmen, «so würde das die Lösung des Reparationsproblems unmöglich machen». Die Notverordnung vom 8. Dezember 1931 kürzte die Tariflöhne um 10–15 %, die gebundenen Preise um 10 %, ebenso Kreditzinsen und Mieten oder die Leistungen bei Arbeitslosenversicherung und Renten. Um den Staatshaushalt auszugleichen, wurden die Ausgaben drastisch gekürzt, während die Einnahmen durch Steuererhöhungen und neue Steuern gesteigert werden sollten. Doch das Steueraufkommen sank, da die Arbeitslosenzahl stieg und die Nachfrage zurückging. Da die Landwirtschaft nicht nur entschuldet, sondern auch durch Zölle vor Konkurrenz geschützt werden sollte, verteuerten sich die Lebensmittel. Das senkte den Verbrauch weiter. Für die «Osthilfe» wurde 1931/32 mehr Geld ausgegeben als für die «wertschaffende Arbeitslosenfürsorge» in Wohnungs- und Siedlungswesen. Während das Reich alle Baumaßnahmen einstellte, überließ es die Notstandsarbeiten zur Beschäftigung von Arbeitslosen den Kommunen, die – vom Reich im Stich gelassen – nicht über die erforderlichen Mittel verfügten.
    Eine aktive Konjunkturpolitik kam für Brüning erst nach dem Ende der Reparationen infrage. In der Bankenkrise 1931 bemühte sich die Regierung nicht um eine internationale Kreditaktion,denn eine solche hätte ihre außenpolitische Bewegungsfreiheit eingeengt. Im Gegenteil: Die Not und die Erbitterung im Inneren wurden zusätzlich angeheizt, der Abzug ausländischen Kapitals durch eine offizielle Erklärung beschleunigt, dass das Reich

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