Die weise Frau
getrocknet und gestoßen ins Essen, um fiebrige Träume und lüsterne Visionen zu kurieren.«
Morach nickte. »Nimm ihn frisch oder gebacken, damit er süß ist, und er wird ein Fieber auslösen und Wahnträume. Wenn du so wild auf einen Mann bist, daß es dir egal ist, welchen Preis du bezahlen mußt, verabreichst du ihm heimlich Erdwurz, und dann flüsterst du ihm wilde Träume und Visionen zu. Du tanzt nackt für ihn, du legst ihn auf den Rücken, du leckst ihn von Kopf bis Fuß wie eine Hündin einen Welpen. Du machst, was immer dir in den Kopf kommt, um ihm Lust zu bereiten, egal wie.«
Alys atmete heftig. »Und er?«
Morach lachte kurz auf. »Er hat Visionen, er träumt«, sagte sie. »Er kann dich selbst für die Göttin halten, er kann glauben, daß er hoch im Himmel fliegt und seine Lust auf den Sternen befriedigt. Jeden Traum, den du ihm zuflüsterst, wird er für seinen eigenen halten — Wonne oder Nachtmahr. Die Wahl liegt bei dir.«
»Und hinterher?« fragte Alys. »Wenn er befriedigt ist und erwacht?«
Morach kicherte boshaft. »Dann setzt du deine Macht als Frau ein. Da braucht es keine Hexerei. Du schwörst, daß alles, was er geträumt hat, echt war — daß du eine Hexe bist und ihn an die wilden Orte geführt hast, die nur wir kennen. Wenn er Narr genug ist und du frech genug — wird er nie wieder zu einer anderen Frau gehen. Andere Frauen sind danach für ihn Erde, häßlich und gewöhnlich. Du bist Feuer und Wasser und Luft.«
Alys strahlte. »Ich werde ihn bekommen. Damit werde ich ihn fangen. Das ist es, was er von Anfang an von mir wollte.« Sie hielt kurz inne. »Aber der Preis«, sagte sie, mit einem Mal nachdenklich, »was ist der Preis für all das, Morach?«
Morachs Lachen gellte übers Moor. »Du hättest Wucherer werden sollen und nicht eine Hexe, Alys. Du faßt nichts an, ohne den Preis wissen zu wollen. Du setzt nie alles aufs Spiel! Immer vorsichtig, immer auf Selbsterhaltung bedacht.«
»Der Preis«, Alys ließ sich nicht abbringen.
»Tod«, sagte die alte Frau ohne Umschweife. »Tod für den Mann.«
Alys' durchdringenden Blick beantwortete sie mit einem Nicken. »Nicht sofort, aber nach einiger Zeit«, sagte sie. »Ein paar Dosen bewirken nicht viel, aber wenn du ihn jede Woche wieder vergiftest, sagen wir mal, sechs Monate lang, dann kann sein Körper nicht mehr ohne das Zeug leben. Er braucht es, wie andere Männer Nahrung und Wasser brauchen. Dann ist er dein Sklave, dein Hund. Du brauchst nicht mit ihm zu schlafen, außer wenn du willst, er braucht die Traumwelt mit oder ohne dich. Er ist ein Hund, der um Fressen bettelt. Und er lebt so lange, wie ein Hund lebt — fünf, sechs Jahre.«
»Hast du es versucht?« fragte Alys neugierig.
Morachs Lächeln war grimmig. »Ich habe alles schon einmal versucht«, sagte sie kühl.
Alys nickte, und sie ritten schweigend ein Stück weiter, der Fluß wurde immer lauter.
»Hat der Fluß Hochwasser?« fragte Alys. Ihre Stimme war durch das Tuch gedämpft, das sie sich um den Mund gewickelt hatte.
»Noch nicht«, sagte Morach. »Aber er steigt. Wenn es in den Bergen regnet, wird er aus den Höhlen sprudeln und das Tal überschwemmen. Heuer war der Winter naß.«
»Wird die Brücke frei sein?« fragte Alys und versuchte, etwas zu erkennen.
»Wir haben noch ein paar Stunden«, sagte Morach. »Aber wenn in den Bergen ein Gewitter ist, bleibt uns nicht viel Zeit für unser Geschäft, um trockenen Fußes nach Hause zu kommen.«
»Wir haben noch viel zu tun«, sagte Alys. Das Bündel Puppen regte sich, als wollten sie ihr widersprechen.
»Hier entlang«, sagte Morach und bog von der Schlammstraße ab. Die Ponys zögerten vor dem schlammigen abfallenden Pfad. Morach warf einen Blick auf den aufgewühlten Dreck unter ihren Hufen. »Dieser Weg ist vor kurzem benutzt worden«, sagte sie. Sie sah Alys an. »Mehrere Reiter«, sagte sie. »Und Hunde.«
»Hugo«, sagte Alys. »Er muß hier gestern auf der Jagd vorbeigekommen sein. Es spielt keine Rolle, Morach. Heute sind wir ihm weit voraus. Er bleibt normalerweise bis nach dem Essen bei ihr.«
Morach runzelte die Stirn. »Mir wäre lieber, wenn er den ganzen Tag zu Hause bleiben würde.« Sie gab ihrem Pony irritiert die Sporen, und das Tier machte einen Satz nach vorne, schlitterte und rutschte den Weg hinunter. Alys folgte ihr.
»Wir werden fertig sein und auf dem Heimweg, bevor er aufbricht«, erwiderte Alys. »Und es gibt sonst keinen Platz, wo wir hingehen können. Tinker's
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