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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Cross ist der einzige geweihte Boden in der Nähe. Wir können schlecht im Friedhof graben.«
    »Das gefällt mir nicht... Wenn er uns mit einem schlammigen Spaten sieht, selbst wenn wir fertig sind, wird er Fragen stellen.«
    »Wir können den Spaten verstecken«, versuchte Alys sie zu beschwichtigen. »Es wird sowieso mindestens genauso schwer sein, ihn zurückzubringen, wie ihn zu stehlen. Wir werden den Spaten, den Sack und die Satteltasche verstecken und mit einem Bündel Heidekraut und Kräutern zurückreiten. Keiner wird Fragen stellen, alle wissen, daß wir für Catherine Gräser vom Moor brauchen. Keiner zweifelt an uns, Morach.«
    »Wo verstecken?« fragte Morach trotzig.
    Alys zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht! Warum bist du denn so ärgerlich? Gibt es denn nicht genug Höhlen am Flußufer, wo man eine halbe Armee verstecken kann? Wir werden die Sachen in eine Höhle stecken und gut fixieren, damit der Fluß sie nicht wieder herausspülen kann. Das Wasser steigt, erst im Hochsommer wird es wieder so trocken, daß man in die Höhlen gehen kann.«
    Morach schüttelte sich und spuckte über die linke Schulter. »Du kannst die Sachen verstecken«, sagte sie. »Ich geh nicht in die Nähe einer Höhle und auch nicht an tiefes Wasser. Schau dich nach einem geeigneten Platz um, wenn wir den Fluß überqueren.«
    Alys nickte. »Ich geh zuerst. Die Ponys fürchten sich vielleicht vor der Brücke.«
    Sie kamen an die Natursteinbrücke, stromaufwärts von Morachs alter Hütte, unter der der Fluß wie braune Suppe brodelte. Zu beiden Seiten des Flußufers, oft bis zu zwei Meter vom Wasser entfernt, war die Hochwasserlinie zu sehen. Die Ponys senkten ihre Köpfe und schnupperten mißtrauisch an den Felsblöcken unter ihren Hufen, dann stiegen sie vorsichtig über die Steine zur anderen Seite, leichtfüßig wie Ziegen, und lauschten mit gespitzten Ohren dem rauschenden Wasser unter sich.
    »Da ist ein guter Platz«, sagte Alys. Die Mündung der Höhle am Uferabhang war ein Stück weiter flußabwärts. Sie glitt aus dem Sattel und warf Morach die Zügel zu. Beide Ponys beugten die Köpfe ins kurze Moorgras. Alys krabbelte den kleinen Abhang hinauf und spähte in die Höhle.
    »Die ist sehr tief«, sagte sie, und ihre Stimme hallte. »Ich kann das Ende nicht sehen. Wahrscheinlich geht sie ein paar Meilen in den Berg.«
    Sie kam wieder heraus und nahm Morach die Zügel ab.
    Morach war sehr aufgeregt. »Hast du gehört, wie das Wasser steigt? Ich hab Angst, daß es früher kommt. Ich möchte nicht auf dieser Seite des Flusses abgeschnitten werden.«
    »Ich hab es gehört, aber es war weit weg, ganz unten in der Höhle«, sagte Alys. »Wir werden genug Zeit haben. Komm jetzt.«
    Die beiden Ponys kämpften sich den Abhang auf der anderen Seite hinauf, beschleunigten auf trockenem Boden, stolperten auf den sumpfigen Abschnitten. Vor ihnen auf dem Pfad sahen sie Hufabdrücke.
    Auf der Spitze des Hügels stand ein Steinhaufen, und das weite, trockene Moor erstreckte sich in alle Richtungen. Morach zog den Schal vom Gesicht und sah sich um.
    »So ist es schon besser«, sagte sie. »Tinker's Cross ist hier entlang.«
    Sie ritt voraus und spornte ihr Pony an. Alys' Pony trottete hinterher, die Satteltasche klatschte bei jedem Schritt gegen die Seite. Der Dunst hatte sich hier oben im Hochmoor aufgelöst, hing aber noch in den Seiten der Täler. Vor ihnen sah Alys den dünnen Finger eines alten keltischen Kreuzes in den Himmel ragen. Es war umgeben von einem Steinkreis, die Umfriedung des geweihten Bodens. Als Alys das Kreuz erreichte, war Morach bereits abgestiegen und band ihr Pony an einen Stechpalmenbusch.
    »Gib mir die Puppen«, sagte sie zu Alys. »Und schaufle ihr Grab.«
    Alys band die Satteltasche los und reichte sie Morach ungeöffnet. Morach hockte sich in das nasse Gras und hielt den Beutel im Arm. Sie sang den Puppen ein kleines Lied vor, während Alys die Schaufel von der anderen Seite des Sattels losband.
    »Wenn du dich noch an irgendwelche von deinen Gebeten erinnern kannst, solltest du sie aufsagen«, bemerkte sie, ohne aufzuschauen. »Je heiliger wir sie eingraben, desto besser.«
    »Ich kann sie noch«, sagte Alys. »Aber ich bin weit entfernt von der Gunst Gottes, Morach, daß ich genauso irgendwelche Kinderreime aufsagen könnte. Du stehst dem Himmel wahrscheinlich näher als ich.«
    Morach klang geradezu reumütig. »Ich bestimmt nicht. Ich habe seit zwanzig Jahren keinen Fuß mehr in eine Kirche

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