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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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unter dem Herzen trägst, kannst du über mich verfügen. Du weißt, was mir dieses Kind bedeutet.«
    Alys nickte.
    Der alte Lord blieb eine Weile still sitzen. Behutsam strich Alys mit ihren Fingern über seine Stirn und zeichnete die weichen Falten der alten, runzligen Haut mit den Fingerspitzen nach.
    »Ich werde dir Land schenken, Alys«, sagte Lord Hugo und gab sich genüßlich ihren geübten Händen hin. »Wenn dein Sohn geboren ist, werde ich dir etwas Land überschreiben. Eine Frau wie du sollte ein bißchen Wohlstand, ein bißchen Macht haben.«
    Alys lächelte und strich unbeirrbar weiter über seine Stirn.
    Der Hof neben Morachs alter Hütte würde mir gefallen«, sagte sie ohne zu zögern. »Das ist ein hübscher Platz, und Morach bewirtschaftete dort einige der Felder. Es wäre mir eine Freude, den ganzen Hof zu übernehmen. So werden sie heimzahlen, daß sie Morach beraubt haben.« Sie lachte leise. »Wahre Gerechtigkeit!«
    »Mal sehen«, erwiderte Lord Hugh. »David und Hugo sollen sich darum kümmern.«
    Alys nickte, verlangsamte die sanfte, kreisende Bewegung ihrer Fingerspitzen und übernahm den Rhythmus seines langsamen Atems. Innerhalb weniger Augenblicke war er eingeschlafen, und sie zog sich einen Hocker vor seinen Stuhl, setzte sich, lehnte sich gegen ihn und beobachtete das Feuer.
    Seine Hand streckte sich im Schlaf aus, und er berührte ihren Kopf. Alys entfernte ihre Haube und legte seine Hand auf ihre zerdrückten Locken. So blieben sie lange sitzen. Alys beobachtete das Feuer und genoß die tröstliche Wärme seiner Hand auf ihrem Kopf wie einen Segen. Sie schloß die Augen. Der warme, sichere, saubere Geruch des Raumes und die Berührung einer Hand auf ihrem Kopf gaben ihr das Gefühl von Geborgenheit.
    Es dauerte nicht lange, bis Hugo hereingeschritten kam, den Umhang zurückgeworfen und die Kappe schief von seinem Ritt. An der Schwelle stutzte er vor dem Bild, das sich seinen Blicken bot: das vertraute Profil seines Vaters, entspannt im Schlaf, und Alys' junge Schönheit unter seinem Schutz.
    »Still«, sagte Alys, erhob sich und zog Hugo aus dem Zimmer. »Er ist müde. Ich habe den ganzen Nachmittag Briefe für ihn geschrieben.«
    »Ich bin ausgeritten«, sagte Hugo. »Catherine war nach dem Essen sehr müde.«
    »Dann sind nur wir beide wach«, sagte Alys mit einem geheimnisvollen Lächeln. »Nur wir beide wach, und...« Sie hielt inne, und ihr Blick versprach alles. »Nur wir beide wach und... ruhelos«, sagte sie.
    Hugo warf ihr einen kurzen, abschätzenden Blick zu. »Wo sind Lady Catherines Hofdamen?« fragte er. »Ruth und Margery habe ich bei Catherine im Schlafgemach gesehen. Wo sind die anderen?«
    »Sie sind nach Castleton gegangen«, sagte Alys. »Du könntest in meine Kammer kommen, und es würde dich keiner dabei sehen.«
    Hugo nickte. »Geh voraus«, sagte er. »Schau nach, ob Catherine noch schläft, und sorg dafür, daß ihre Tür zu ist.« Alys nickte und ging hinüber zur Damengalerie. Das Feuer im Kamin war schon fast niedergebrannt. Die Tür zu Catherines Gemach war geschlossen. Alys und Hugo stahlen sich in Alys' Kammer.
    Hugo schloß die Tür hinter sich und schob den Riegel vor. »Das ist ja was ganz Neues«, sagte er. »Nach dem ersten Mal dachte ich, es wäre nicht nach deinem Geschmack.«
    Alys schüttelte den Kopf, um ihr Haar zu lösen. Sie warf den Kopf zurück und lächelte Hugo zuversichtlich an, wägt seine wachsende Begierde ab.
    »Du hast mich als Jungfrau genommen, als gewöhnliches Mädchen«, sagte sie. »So wird es nie wieder sein. Ich habe mich von dir zurückgezogen, um meine Künste zu erlernen. Ich mußte mir Lehrer suchen. Ich mußte einiges erlernen, bevor ich wieder mit dir schlafen konnte.«
    »Welche Künste?« fragte Hugo mit leicht zittriger Stimme.
    »Du hast von ihnen gehört«, sagte Alys schlicht. »Du hast von ihnen geträumt, du konntest kaum glauben, daß so etwas zwischen einem Mann und einer Frau möglich ist.«
    Hugo leckte sich die Lippen. »Ich habe — von Künsten gehört, durch die eine Frau, eine erfahrene Frau, einen Mann verrückt nach ihr machen kann. Und ich habe gehört, wenn man mit einer Hexe schläft, kann sie einen bis an die Grenzen des Himmels bringen — und noch weiter. Und ich habe gehört, daß man überirdische Lust empfinden kann, mehr Lust, als je eine gewöhnliche Frau entlocken kann.« Er lachte verunsichert. »Alles Lug und Trug, nehme ich an?«
    Alys schüttelte langsam den Kopf. Ihr Haar schwang

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