Die weise Frau
weich um ihr Gesicht. Hugo beugte sich zu ihr. »Du riechst nach Honig«, sagte er.
»All diese Dinge kann ich«, versprach Alys. Sie hielt inne, wägt ihre Worte ab. »Wenn du es wagst.«
»Ich wage es«, sagte Hugo hastig. »Ich bin begierig darauf.«
Alys ging lächelnd quer durchs Zimmer. Hugos Blick folgte ihr. Sie öffnete die Truhe mit Kräutern und holte eine Karaffe mit gewürztem Wein und zwei Becher heraus. Er beobachtete, wie sie für beide einen Becher eingoß, sich kurz beiseite drehte — nur den Bruchteil einer Sekunde — und eine kräftige Prise zerstoßene Erdwurz in seinen Becher streute.
»Ich trinke auf deine Wollust«, sagte sie. »Möge sie dir alles bringen, was du dir erträumst.«
Hugo hob den Becher und leerte ihn in drei ungeduldigen Zügen.
»Und deine Wollust, Alys?« fragte er. »Als du das letzte Mal mit mir geschlafen hast, hast du keine Freude daran gehabt.«
Alys zuckte die Achseln. »Ich war eine gewöhnliche Maid«, sagte sie. »Du hast von mir verlangt, daß ich für deine Liebe auf meine Macht verzichte — und das habe ich auch. Aber dann hast du entdeckt — nicht wahr, das hast du —, daß es viele gewöhnliche Maiden in dieser Burg gibt. Aber nur eine Hexe.«
Hugo lachte, wenn auch etwas mühsam. »Eine Hexe«, wiederholte er. Er leckte sich die Lippen. »Ich glaube nicht so recht an Hexerei, Alys. Du hast es mit einem modernen Mann, mit einem Ungläubigen zu tun.«
Alys lächelte in vollem Vertrauen auf Morachs Kräuterkünste. »Ach, Hugo«, sagte sie mit lachendem Unterton. »Du glaubst und glaubst nicht, gerade wie es dir paßt. Aber wenn du draußen auf dem kalten Moor bist und die Nebel dich umfangen und der Fluß steigt, siehst du dunkle Magie und weißt, was Furcht ist. Und wenn du hier bei mir bist, in diesem Raum, wirst du verzaubert sein und deine verborgensten Gelüste kennenlernen.«
»Du hast dich verändert«, sagte er.
Alys nickte. »Ich habe meine Herrin gefunden, die finstere Herrin aller weisen Frauen, und ich habe von ihr gelernt. Ich muß eins mit ihr werden, als wäre ich ihr Geliebter. Und jetzt kenne ich ihre Künste.«
»Wie sind die?« fragte Hugo. »Diese Künste deiner Herrin.«
Alys griff in den Rücken ihres Gewandes und begann langsam, fast beiläufig, die Bänder zu lösen. Hugo beobachtete schweigend, wie sie es von ihrer Schulter streifte. Darunter war sie nackt. Sie ließ es über ihre Hüfte gleiten und stieg heraus. Hugo stockte der Atem beim Anblick ihres Körpers und wegen der Erkenntnis, daß sie diese Verführung geplant hatte. Sie hatte sich nach dem Bad so gerichtet, daß sie jetzt nackt vor ihm stehen konnte. Er griff nach ihr, aber Alys zeigte auf den Stuhl.
»Setz dich, Hugo«, sagte sie. Sie strahlte in ihrer Blöße.
Hugo ging gehorsam auf den Stuhl zu und stolperte, als er ihn erreicht hatte. Alys beobachtete ihn eindringlich.
»Hast du Schwierigkeiten zu gehen, Hugo?« fragte sie.
Er wollte etwas antworten, bewegte sich langsam weiter.
»Schwer für dich zu gehen oder zu reden oder nach mir zu greifen«, sagte Alys. »Du kannst nur zuschauen.«
Hugo ließ sich mit schlaffen Muskeln, gefesselt von der Droge, in den Stuhl fallen, seine Pupillen waren geweitet und starr auf Alys' weißen Körper mit dem Hügel goldener Haare gerichtet.
»Ich werde dir erzählen, was meine Herrin mir beigebracht hat«, sagte Alys, und ihre Stimme war ein leises, hypnotisches Lied. »Sie hat mich gelehrt zu tanzen, so, daß ein Mann sich vor Begierde nicht bewegen kann.« Alys' Haar fiel verführerisch über ihre Schultern und ihre Brüste, sie streckte sich nach einer Seite, dann zur anderen. Hugo konnte nur gebannt auf die weichen Bewegungen ihres Körpers starren.
»Ich kann mich nicht rühren«, murmelte er.
»Sie hat mich gelehrt, meine Schwestern heraufzubeschwören, damit sie mich berühren«, sagte Alys. Ihre Hände umfingen ihr eigenes Gesicht, legten sich um ihren Hals, streiften über ihre Brüste. Die harten, rosigen Knospen standen unter den Haaren hervor. Alys warf den Kopf zurück, um ihren Hals zu entblößen, umfing ihre Brüste mit den Händen und ging auf Hugo zu. »Ich werde immer Befriedigung haben, Hugo«, flüsterte Alys. »Ich werde immer befriedigt werden, wenn ich nur darum bitte. Meine Schwestern werden mir jederzeit beistehen, wenn ich sie darum bitte. Kannst du sie schon sehen, Hugo? Sie kommen zu uns beiden. Sie kommen, um mich zu befriedigen, und dich auch.«
Sein Mund klaffte sehnsüchtig.
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