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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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ihrem Bewußtsein auf.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. Ihrem Selbsterhaltungstrieb war es gelungen, ihre Angst zu überwinden. »Ihr müßt irgendeine gräßliche Krankheit haben. Euer Körper hat irgendeine Fäulnis in sich. Ihr könnt nicht empfangen und nur Unrat gebären.«
    Catherine zuckte nicht einmal zusammen, so sehr hatte sie das Entsetzen gepackt. »Meine Schuld«, sagte sie langsam, wie jemand, der eine Lektion zu lernen versucht, die er außerstande ist zu begreifen. »In mir ist etwas faul.«
    »Ja«, sagte Alys ohne Rücksicht auf Catherine.
    Sie schwiegen wieder.
    »Versteck das«, sagte Catherine. »Es darf keiner wissen.« Sie warf einen Blick auf das Feuer. »Verbrenn es.«
    Alys nickte. Catherine schleppte sich aus dem Bett, keuchend vor Anstrengung, und die beiden Frauen zogen das Unterlaken heraus, rissen es entzwei und rissen es dann noch mal durch. Jedes Stück wurde zusammengerollt und in das kleine Feuer gesteckt. Es schwelte düster, und als das Wachs Feuer fing, flackerte und zischte es, brannte mit unheilschwangerer gelber Flamme. Der Rauch roch wie in einer Gerberei.
    »Deine Haare«, sagte Catherine mit zitternder Stimme. »Und dein Gesicht.«
    Sie zupfte behutsam das Wachs aus Alys' Haaren. Alys rieb sich das Gesicht, um die kleinen weißen Schuppen zu entfernen.
    »Dein Kleid«, sagte Catherine.
    Alys' rote Ärmel waren bis zum Ellbogen verklebt, das Mieder war mit weißen Tupfen übersät. Sie ließ sich von Catherine das Kleid aufschnüren und zog es aus. Dann holte Alys ein altes Kleid aus einer Truhe, das Catherine seit ihrer Schwangerschaft nicht mehr getragen hatte. Catherine schnürte es ihr schweigend zu. Dann holte Alys ein sauberes Laken, das zum Lüften am Feuer hing, und bezog das Bett.
    »Sie werden hereinkommen müssen, um Euch zu sehen«, sagte sie.
    Catherine nickte. »Sie werden nach dem Kind fragen«, warnte sie.
    Alys nickte. Sie nahm eine Schüssel, goß etwas Wasser hinein, zerriß eine Serviette und band sie in Knoten, dann goß sie eine halbe Tasse Rotwein dazu, den Rest warf sie aufs Bett. Ein tiefroter Fleck breitete sich über das Laken aus. Dann nahm sie das Tischtuch und deckte die Schüssel damit zu. »Keiner wird sich das genau ansehen. Vielleicht kommt Ihr damit durch.«
    Catherines Gesicht hatte sich fahl gelblich verfärbt. »Mir ist übel«, sagte sie.
    Alys nickte. »Laßt sie kurz herein, dann könnt Ihr Euch ausruhen«, sagte sie, nicht gerade mitleidig. »Glaubt Ihr etwa, mir geht es anders?«
    »Alys.« Alys drehte sich um.
    »Schwöre, daß du es nie jemandem erzählst. Niemals!« forderte Catherine.
    Alys nickte.
    »Ganz besonders nicht Hugo«, sagte Catherine. »Schwöre mir, daß du Hugo nie erzählst, daß ich...« Sie verstummte. »Daß ich ein Monster im Leib hatte.«
    Alys' Gesichtszüge verhärteten sich. »Er wird erfahren müssen, daß Ihr keine Kinder bekommen könnt«, sagte sie barsch.
    Catherine sah Alys an, als würde sie sie das erste Mal richtig sehen, begriff die Kälte von Alys' grimmigem Gesicht. »Ja«, sagte sie langsam.
    »Ich werde ihm nicht sagen, daß es eine Mißgeburt war«, sagte sie. »Er wird nie erfahren, daß Ihr weiße Lehmklumpen geboren habt. Stinkende Lehmklumpen.«
    Catherine senkte die Augen. »Ich schäme mich«, sagte sie kaum verständlich.
    Alys' Blick war ohne jedes Mitleid. »Ich werde Euer Geheimnis bewahren«, sagte sie. »Ich werde ihm nichts davon erzählen«. Sie wartete auf Catherines Antwort. Als keine kam, glitt sie zur Tür hinaus.
    Hugo wartete direkt vor der Tür, aber bei Alys' Erscheinen hörten alle in der überfüllten Galerie auf zu reden und schauten sie an. Der alte Lord und David gingen sofort auf sie zu. Alys verschränkte die Hände und senkte den Blick.
    »Mylord«, sagte sie. »Lord Hugo. Ich bringe sehr traurige Nachricht. Lady Catherine hatte eine Frühgeburt und hat das Kind verloren.«
    Erregtes Raunen ging durch den Raum. Hugos Augen brannten sich in Alys' Gesicht, die Miene seines Vaters war düster wie Donner.
    »Sie kann Euch empfangen«, sagte Alys zu Hugo. Ihr Blick war von unendlicher Zärtlichkeit. »Es tut mir leid, Hugo. Keiner hätte etwas für Catherine tun können. Sie war von Anfang an kränklich.«
    Er drängte sich an ihr vorbei in Catherines Zimmer. Der alte Lord ging zu Alys und packte sie am Ärmel.
    »Was hat die Fehlgeburt ausgelöst?« fragte er. »Sie ist gestern zum Abendessen heruntergekommen. Hat sie das überanstrengt?«
    Alys beugte sich zu

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