Die weise Frau
dahin hat mein Freund andere, willigere Mäzene gefunden.«
Der alte Lord nickte und zerkrümelte nachdenklich sein Brot. »Ich hab ein paar Ideen, die ich später mit dir durchgehen will, Hugo«, sagte er. »Vielleicht treibst du das Geld doch noch rechtzeitig auf. Ich habe da noch ein oder zwei Pläne auf Lager.«
Hugo zwang sich zu einem kalten, trotzigen Lächeln. »Ihr seid ein großer Pläneschmied«, sagte er.
Der alte Lord nickte. »Musik!« sagte er barsch zu David. »Und schickt uns jemanden, der uns zum Lachen bringt. Wir sind krank vor Melancholie, ohne jeden Grund. Eine unfruchtbare Frau ist nur für sich selbst eine Katastrophe. Gebt mir den neuen Wein, den flämischen Wein, und laßt um Gottes willen ein paar Gaukler, Jongleure oder einen Bären aus Castleton holen. Selbst ein Hahnenkampf tut's, wenn sonst nichts aufzutreiben ist! Ich werde nicht um Catherine trauern. Ich habe neue Pläne! Findet jemanden, der mich zum Lachen bringt!«
David nickte und schnippte mit den Fingern nach einem Pagen. Er warf eine Silbermünze in die Luft, und der Junge sprang hoch, schnappte sie sich und rannte aus der Halle, die Hunde kläfften und versuchten, in dem plötzlichen Aufruhr nach seinen Fersen zu schnappen. Ein halbes Dutzend Männer sprang von den Bänken auf, sie holten ihre Instrumente, begannen sie zu stimmen und verfluchten einander vor lauter Eile. Dann fingen sie an zu spielen, und die Serviererinnen standen auf, um einen Reigen zu tanzen, einen alten Dorftanz. Alys, die die Musik aus ihrer Kindheit kannte, klopfte den Takt mit dem Fuß mit.
»Tanz mit ihnen«, sagte der alte Lord. »Nimm die Hofdamen und tanz mit ihnen.«
Alys grinste ihn an und machte Eliza und Margery ein Zeichen. Sie öffneten den Kreis und reihten sich ein. Eines der Mädchen tanzte in der Mitte, und die anderen kreisten um sie, dann suchte sie sich einen Tänzer, und sie führten die Anderen paarweise herum. Die Mädchen warfen die Köpfe und produzierten sich für die zuschauenden Männer. Sie stampften im Takt mit der Musik, und wenn sie lange, schwungvolle Schritte im Kreis hüpften, stemmten sie die Hände in die Hüften und schwenkten sie verführerisch. Alys tanzte, mit wehender blonder Mähne, ein Auge auf Hugo gerichtet. Als sie an der Reihe war, in der Mitte zu tanzen, hüpfte sie mit hocherhobenem Haupt, rosigen Wangen und den Bauch stolz vorgestreckt. Wenn er sie ansah, strahlte sie selbstsicher übers ganze Gesicht.
Er grinste, seine düstere Stimmung verflog, die Falte zwischen seinen Augenbrauen verschwand. Mit einem kurzen Wort zu seinem Vater sprang er von der Plattform und durchbrach den Reigen. Als Alys an der Reihe war, einen Tänzer zu wählen, trat er vor, und alle applaudierten. Die anderen Männer aus der Halle folgten Hugos Beispiel, schlossen sich dem Reigen an und tanzten ebenfalls. Die Musik wurde lauter und eindringlicher. Alys, in ihrem grünen Kleid, wirbelte im Banne triumphierender Sinnlichkeit, und Hugo sprang und tanzte um sie herum. Als die Musik endete, fiel sie in seine Arme, er hob sie hoch und sprang mit ihr auf die Plattform.
Catherine, in ihrem Gemach über der Halle, hörte die Musik, das Gelächter, das Beifallsgeschrei für Alys, das fröhliche Stampfen tanzender Füße. Allein in ihrem großen Bett, vor ihrem unberührten Essen, lauschte sie, und dicke Tränen rollten über ihr Gesicht.
Der alte Lord hatte an diesem Nachmittag einen Berg Briefe, die Alys schreiben mußte. Sie saß an dem kleinen Tisch am Fenster, in ihrem grünen Kleid, ihr Haar war von einer grünen französischen Haube bedeckt, und um die Schultern hatte sie einen grünen Schal.
»Du bist wie eine Heuwiese im Frühling«, sagte der alte Lord. »Es ist eine Freude, dich anzuschauen, Alys.«
Sie lächelte nur, sagte nichts.
»Jetzt aber an die Arbeit«, sagte er entschlossen. Er saß aufrecht in seinem Stuhl, eine ausgestreckte Hand ruhte auf seinem Stock. Ohne Alys anzuschauen, ratterte er eine Liste der Männer herunter, die Briefe bekommen sollten. Alys tauchte ihren Gänsekiel in das Tintenfaß und schrieb, so schnell und deutlich sie konnte.
Sie zwang sich, bei der rasenden Geschwindigkeit des Diktats des alten Lords mitzuhalten. Sie zwang sich, sein knapp formuliertes, idiomatisches Englisch in klassisches Latein zu übersetzen. Sie zwang sich, gesenkten Hauptes dazusitzen, die Rolle des treuen Sekretärs zu spielen, des tölpelhaften Schreibers, während Lord Hugh den Beistand seiner Freunde erflehte
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