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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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eingeschlafen war. Dreimal wachte Catherine von ihren Alpträumen wieder auf — und alle Hofdamen mit ihr. Dreimal erschien eine Zofe und klopfte an Alys' Tür, und dreimal sagte sie, Lady Catherine würde weinen und wollte nur Alys um sich haben. Beim dritten Mal gab Alys ihr eine kräftige Prise Schlafpulver in einem Becher Weinbrand.
    Am Morgen war Catherine still und immer noch von den Drogen benommen. Hugo besuchte sie in ihrem Schlafgemach. Sie streckte die Arme nach ihm aus, und Tränen kullerten über ihr fettes Gesicht.
    »Ihr seid unrein«, sagte er. »Ich darf Euch nicht berühren. Alys wird Euch helfen.«
    »Aber ich dachte, du glaubst nicht an das.. .«jammerte Catherine.
    Catherine starrte ihn fassungslos an. Keine Spur von Mitleid war in seinem Gesicht zu sehen. Er wich zur Tür zurück, hielt sich von ihr fern, als hätte sie die Pest, machte eine winzige Verbeugung und ging, ohne sie oder Alys noch eines Blickes zu würdigen. Alys trat einen Schritt zurück, um ihn passieren zu lassen, und schloß dann befriedigt die Tür hinter ihm.
    Der alte Lord weigerte sich, Catherine zu besuchen, obwohl sie darum bat. Er sagte, er wäre zu beschäftigt. Wenn Catherine ihre Pflichten als Hausherrin wieder erfülle, könne sie ihn jederzeit besuchen. Bis dahin müßte sie auf ihn verzichten, da er keine Heilkünste beherrsche.
    »Sie hassen mich, weil das Baby gestorben ist«, flüsterte sie Alys zu. »Sie hassen mich beide, weil das Baby tot ist.«
    Alys überredete Catherine zu einem kleinen Frühstück, sich im Bett aufzusetzen und das Haar zu kämmen. Sie gehorchte wie ein ungeschicktes Kind. Unaufhörlich tropfte der wächserne Ausfluß zwischen ihren Beinen heraus, tränkte die Laken, und schwere, ölige Tränen kullerten über ihr Gesicht. Sie schluchzte nicht, sie stöhnte nicht. Sie saß nur still da und tat, was man ihr befahl.
    Alys blieb bis zum Mittagessen bei ihr, dann ging sie hinunter in die Große Halle. Ruth und Eliza aßen mit Catherine in ihrem Schlafgemach. Als Alys an ihren Platz zur Linken des alten Lord ging, hörte sie beifälliges Raunen unter den Männern in der Halle. Jetzt war sie die einzige Hoffnung auf einen Erben. Gleichgültig, ob die Frauen im Schloß sie fürchteten und haßten und sie draußen im Schatten des Schlosses Böses über schwarze Magie murmelten und behaupteten, sie hätte den jungen Lord durch Hexerei in den Wahnsinn und die Wollust getrieben: Ein Sohn wog das alles auf. Einer Frau, die Hugo einen Sohn gebar, würde man alles verzeihen.
    Der alte Lord kam mit ernster Miene herein, Hugo begleitete ihn. Alys blieb hinter ihrem Stuhl stehen, bis die beiden Platz genommen hatten. Sie sah Hugo nicht an. Sie wußte, daß er so vom Zorn gepackt war, daß er nicht reden konnte. Sie beugte den Kopf und brach ihr Brot. Hugo würde sich schon wieder beruhigen.
    »Ich brauche dich heute nachmittag«, sagte der alte Lord. »Du mußt mir ein paar Briefe schreiben. Und du wirst in meinem Gemach bleiben und mir vorlesen.«
    Alys neigte den Kopf. »Mit Freuden, Mylord«, sagte sie.
    Er grunzte. » Du bist doch nicht müde?« fragte er. »Gut geschlafen?«
    »Ich mußte mich heute nacht um Lady Catherine kümmern«, sagte Alys. »Man hat mich dreimal zu ihr gerufen.«
    Lord Hugh bedeutete David, den Mundschenk zu schicken. »Trink das«, befahl er Alys barsch. »Nimm einen tiefen Zug. Das gibt dem Baby gutes Blut.« Er überlegte kurz. »Das muß aufhören«, sagte er plötzlich. »Es ist zu ermüdend für dich, hinter diesem unfruchtbaren Weib herzulaufen. Das muß aufhören. Catherine kann sich an einer anderen Schulter ausweinen. Hugo?« Hugo hob den Blick, der starr auf seine geballten Fäuste vor sich auf dem Tisch gerichtet war. Der alte Mann nickte. »Sag Catherine, sie darf Alys nicht stören. Alys kann ihr nicht mehr dienen. Alys darf sich nicht überanstrengen.«
    Hugo nickte. »Wie Ihr wünscht, Sir.«
    »Ja, ja, du bist grimmig«, sagte der alte Lord verständnisvoll. »Kein Wunder. Neun Jahre warten, und dann wieder nichts. Aber ich sag dir eines, mein Sohn. Unsere Wette gilt immer noch. Wenn Alys dir einen Sohn schenkt, kriegst du immer noch tausend Pfund. Ein Sohn ist genauso gut wie der Andere, wenn man keine Wahl hat. Du sollst trotzdem dein Geld haben. Wie findest du das?«
    »Ich danke Euch«, sagte Hugo. »Ihr seid wirklich großzügig. Aber ich wollte das Geld haben, um die Reise des Schiffes zu finanzieren. Alys' Kind wird erst im April geboren werden. Bis

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