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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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war, daß er jeden Schlag abwehrte, und seine Beine steckten in beweglich verbundenen Eisenschienen. Er schritt steif und ungelenkig zu seinem Pferd, einem großen rotbraunen Kriegspferd, das ebenfalls vom Kopf bis zum Schwanz gepanzert war, nur seine glänzenden, nervösen, weißgeränderten Augen waren durch den Kopfpanzer zu sehen.
    »Ist es gefährlich?« fragte Alys Lord Hugh.
    Er nickte lächelnd. »Es kann gefährlich werden.«
    Hugos Herausforderer wartete am anderen Ende des Platzes. Lady Catherine beugte sich mit aufgeregt funkelnden Augen nach vorn und ließ ihr gelbes Taschentuch fallen. Die Pferde galoppierten sofort an und stürmten aufeinander los. Sie näherten sich einander, die Lanzen wurden gesenkt, und Alys kniff die Augen zu. Sie hörte nur das Donnern der Hufe, dann hielten die Pferde an. Lord Hugh gab ihr einen Stoß.
    »Kein Treffer«, sagte er. »Zwei Kinder.«
    Beim zweiten Durchgang landete Hugo einen Körpertreffer bei seinem Gegner, beim dritten bekam er einen Schlag an die Schulter, und beim vierten traf seine Lanze seinen Herausforderer direkt in seinen eisengeschützten Leib und warf ihn vom Pferd.
    Die Zuschauermenge, die sich am Torende des Platzes drängte, jubelte, warf ihre Mützen in die Luft und schrie »Hugo!«
    Hugo zügelte sein Pferd und trabte dann zurück zu seinem gefallenen Gegner. Einige Leute waren über den Herausforderer gebeugt und nahmen ihm gerade seinen Helm ab.
    »Alles in Ordnung, Stewart?« rief Hugo. »Bloß außer Atem?«
    Der Mann hob die Hand. »Ein kleiner Schubser«, sagte er. »Aber ich überlaß es einem anderen, dich aus dem Sattel zu heben!«
    Hugo lachte und trabte zurück zu seinem Platz. Alys spürte sein selbstzufriedenes Grinsen unter dem Helm.
    Das Turnier dauerte bis zum frühen Nachmittag, und erst als es zu dämmern begann, versammelte man sich zu einem Mahl. Hugo zog seine Rüstung unten im Turm aus und rannte dann, laut nach einem Bad verlangend, in Hemd und Hose die Wendeltreppe hinauf. Beim Essen saß er dann in einem frischen roten Wams zur Rechten seines Vaters. Während der Mahlzeit tanzten und sangen Schausteller, und als Lord Hugo nach der Schüssel gerufen und sich die Hände gewaschen hatte und man ihm den Hippocras-Wein serviert hatte, marschierten die Narrenkönige aus der Küche, angeführt vom rangniedrigsten Servierer.
    Lord Hugh räumte lachend seinen Platz am hohen Tisch, setzte sich auf einen Stuhl neben den Kamin, und Lady Catherine stellte sich hinter ihn. Man machte es ihm bequem und brachte dann eine schmutzige Schürze für Hugo und befahl ihm, allen Wein zu servieren. Die Frauen im Hauptteil der Halle kreischten vor Vergnügen und jagten den jungen Lord mit einem Befehl nach dem anderen hin und her. Der Servierer saß im Stuhl des Lords, gab Befehle und fällte Urteile. Eine Reihe von Männern wurde frech des weibischen Verhaltens bezichtigt, und man band sie in einer langen, lachenden Reihe aneinander, um zu sehen, ob ihnen auch das so große Freude machte. Einige der Serviererinnen wurden der Fleischeslust bezichtigt und daß sie dabei die Rolle des Mannes übernommen hätten. Sie mußten sich vor allen bis aufs Hemd ausziehen und für den Rest des Festes Hosen tragen. Ein paar Soldaten wurden des Diebstahls während eines Feldzuges gegen Schottland mit Hugo beschuldigt, einige vom Küchenpersonal der Unsauberkeit. Einer Frau warf man Ehebruch vor, einem anderen Mädchen Keiferei, weswegen sie sich einen Schal um den Mund binden mußte.
    Der Servierbursche zeigte kichernd auf einen Diener nach dem anderen, die sich lautstark gegen die Beschuldigungen wehrten und sich schuldig oder unschuldig bekannten. Die Härte des Urteils richtete sich nach der Stärke des Gebrülls der Menge.
    Dann wandte er sich den Herrschaften zu. Zwei der adligen jungen Pagen wurde Faulheit vorgeworfen, und sie mußten sich zur Strafe auf einen Hocker stellen und ein Weihnachtslied singen. Einer von Lord Hugos Cousins wurde der Völlerei bezichtigt — er hatte sich nach dem Essen in die Küche geschlichen und um Marzipan gebettelt. Hugos Liebling, ein Junge, der dauernd im Wachraum herumlungerte und sich mit den Offizieren über Kriegstechniken unterhielt, wurde zum Speichellecker, zum Höfling, ernannt, und man rieb ihm den Kopf mit Kaminruß ein.
    Die Leute lachten noch lauter, und der Servierbursche wurde noch frecher. Jemand warf ihm Lord Hughs Purpurumhang über die Schultern, und er stellte sich auf den Sitz des geschnitzten Stuhles,

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