Die weise Frau
bestrafen, daß ich das Vertrauen des alten Lords gewonnen und die Begierde des jungen geweckt habe. Ich muß einfach ein wenig Macht in diesem grausamen Spiel ergattern, Morach. Ich bin wie ein Säugling unter Wölfen.«
Morach nickte. »Du brauchst weibliche Macht, genau wie ich damals«, sagte sie. »Dein Christus wird dich nicht beschützen. Nicht jetzt. Nicht gegen wirkliche Gefahren und die Begierden der Männer. Du brauchst eine andere Macht. Die alte Macht. Die Macht der alten Göttin.«
Alys nickte. »Ich habe keine andere Wahl.« Die kalte Luft war mit einem Mal sehr still geworden. »Ich habe keine andere Wahl«, sagte sie noch einmal. »Sie haben mich in die Ecke gedrängt. Ich muß mich der Macht, die ich erlangen kann, bedienen. Gib mir die Dinger.«
Morach schaute sich um. Die Wiese war menschenleer, das Markttreiben hatten sie hinter sich gelassen. Keiner beobachtete sie. Sie wickelte das Stoffbündel auf, und Alys stockte angesichts des Inhalts der Atem.
Es waren drei perfekte Puppen, drei überzeugende Abbilder, genauso gut wie die Statuen in der Kapelle. Lady Catherines fließendes Gewand und ihr spitzes, kaltes Gesicht waren so präzise und weiß wie eine Kamee aus dem Wachs geschnitten. Ihr Gewand war vorne offen, die Beine gespreizt. Morach hatte das Wachs um ihr Geschlecht angekratzt, um Haare anzudeuten, und das Geschlecht war ein tiefes, überproportional großes Loch, das sie mit einer warmen Ahle gemacht hatte.
»Sie passen ineinander!« Morach kicherte böse. Sie zeigte Alys die Puppe des jungen Lords Hugo. Sie hatte ihr den harten Ausdruck seines Gesichts, den Alys und das gesamte Schloß fürchteten, gegeben. Morach hatte ihm ein Glied, groß wie ein Lendenschurz, modelliert. »Er wünscht sich bestimmt, es war so groß!« kicherte sie.
Sie nahm die beiden Wachspuppen und zeigte Alys, wie man sie ineinandersteckte. »Das wird seine Wollust auf sie lenken«, sagte sie befriedigt. »Du bist in Sicherheit, wenn er so ist.«
Die letzte Puppe war der alte Lord. »Er ist jetzt dünner«, sagte Alys. »Dünner, und älter sieht er auch aus.«
»Ich hab ihn schon lange nicht mehr gesehn«, sagte Morach. »Du kannst ihn formen, wie du willst — nimm ein angewärmtes Messer zum Schnitzen und deine Finger. Aber sei vorsichtig.«
Alys schaute die drei kleinen Puppen angewidert an. Sie löste Lord Hugo und Lady Catherine voneinander und wickelte sie ein. »Wie meinst du das, vorsichtig?« fragte sie.
»Wenn du sie einmal zu den Deinen gemacht hast, sie als Abbild des Lebens etabliert hast, dann wird alles passieren, was du mit ihnen machst«, sagte Morach leise. »Wenn du willst, daß das Herz des alten Lords sich erweicht, schneidest du in seine Brust, holst ein kleines Stückchen Wachs heraus, schmilzt es und tropfst es in das Loch zurück. Am nächsten Tag wird er zärtlich sein, wie eine Frau mit einem neuen Säugling.«
Alys' dunkle Augen wurden ganz groß. »Gilt das für alle?« fragte sie. »Ich könnte Lady Catherine krank machen, indem ich sie in den Bauch zwicke. Oder den jungen Lord impotent, wenn ich seinen Schwanz weich mache?«
»Ja.« Morach strahlte. »Ein mächtiger Zauber, was? Aber du mußt sie zu den Deinen machen, und du mußt sie zu Abbildern derer machen, die du ändern willst. Und, wie ich dir schon gesagt habe, sie können dir zu gut gehorchen, aber sie können auch falsch verstehen.«
Schweigen legte sich über die Winterwiese. Alys stellte sich Morachs Blick. »Ich muß es tun«, sagte sie.
Morach nickte. »Das ist der Zauberspruch«, sagte sie. Sie legte ihren Mund an Alys' Ohr und murmelte ein paar unsinnige Worte, teils lateinisch, teils griechisch, teils französisch und teils falsch ausgesprochenes und falsch verstandenes Englisch. Sie wiederholte sie, bis Alys sie auswendig konnte.
»Du mußt von jedem von ihnen etwas nehmen«, sagte sie. »Etwas ganz Persönliches, ein Stück Haar, ein Stück Fingernagel, einen Fetzen Haut, und das klebst du an den Teil der Puppe, von dem es kommt. Kleinen Fingernagel auf kleinen Finger, Haare auf den Kopf, Haut dahin, wo sie abgeschnitten wurde. Dann hast du deine Puppe und deine Macht.«
Alys nickte. »Hast du es schon einmal gemacht?« fragte sie.
»Nein«, sagte Morach entschieden. »Es war keine Notwendigkeit. Frauen haben mich zwar oft gebeten, die Herzen ihrer Männer zu erweichen, aber das ist mit Kräutern einfacher als mit Wachs. Ich hab es immer zu riskant gefunden, eine von ihnen zu machen.«
»Warum
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