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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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hast du es dann jetzt gemacht?« fragte Alys sie direkt.
    Morach schaute in ihr glattes junges Gesicht und sagte: »Du weißt es nicht, nicht wahr? All deine Bildung und deine Planung, und du hast immer noch keine Ahnung.«
    Alys zog die Schultern hoch. »Ich hab keine Ahnung, was du da redest.«
    Morach legte ihre schmutzige Hand über Alys' saubere. »Ich hab es für dich getan«, sagte sie barsch. »Um dir eine Chance zu geben, um dir zu helfen, das zu kriegen, was du willst, und dich vor der Schändung durch einen Soldaten oder den jungen Lord oder vor beiden zu bewahren. Dein Traum vom Nonnenkloster paßt mir nicht, aber du liegst mir am Herzen. Ich hab dich wie meine eigene Tochter aufgezogen. Ich möchte dich nicht unter einem Mann liegen sehen, dem du nichts bedeutest.«
    Alys musterte die scharfen Züge des alten Gesichts. »Danke«, sagte sie schlicht. Sie schaute prüfend in Morachs dunkle Augen. »Danke«, sagte sie noch einmal.
    »Und wenn es gegen dich geht«, sagte Morach herausfordernd, »wenn sie merken, daß man sie verhext hat, will ich meinen Namen da raus haben. Du sagst ihnen, du hast sie selbst geschnitzt, es war deine eigene Idee. Das ist die Bedingung. Ich habe sie gemacht, aber die Gefahr will ich nicht auf mich nehmen. Wenn man dich je erwischt, sagst du ihnen, daß sie dir gehören. Ich will in meinem Bett sterben.«
    Der Augenblick von Zutraulichkeit zwischen den beiden Frauen war vorüber.
    »Ich verspreche es«, sagte Alys. Morachs mißtrauischer Blick entging ihr nicht. »Ich verspreche es«, wiederholte sie. »Ich schwöre es dir. Wenn jemand sie findet, werde ich sagen, sie gehören mir. Ich habe sie gemacht, und ich benutze sie auch.«
    »Schwöre es bei deiner Ehre, bei deiner alten Äbtissin und bei deinem Gott«, sagte Morach hartnäckig.
    Alys zögerte.
    »Schwöre, daß du sagen wirst, es sind deine«, forderte Morach. »Schwöre es, oder ich nehm sie wieder mit!«
    Alys schüttelte den Kopf. »Wenn sie jemand findet, bin ich ohnehin verloren«, sagte sie. »Allein der Besitz reicht, um aufgehängt zu werden.«
    Morach nickte. »Wenn du deine Meinung änderst, wirf sie auf dem Heimweg in den Burggraben«, befahl sie. »Zauber kostet seinen Preis. Alles hat seinen Preis. Der Preis hierfür ist dein Eid. Schwöre bei deinem Gott.«
    Alys schaute Morach voller Verzweiflung an. »Siehst du es denn nicht?« fragte sie. »Weißt du es denn nicht? Ich kann keinen Gott haben! Unser Herr Jesus und Unsere Liebe Frau haben sich von mir abgewandt. Ich bin vor ihnen weggelaufen, als ich das Kloster verlassen habe. Als ich bei dir gelebt habe, konnte ich noch die Gebetsstunden einhalten — soweit ich die richtige Tageszeit erraten habe. Aber im Schloß sind sie schon fast Protestanten, Ketzer, da kann ich es nicht. Und deshalb hat mich Unsere Liebe Frau aufgegeben. Deshalb quält mich die Lust nach dem jungen Lord, und deshalb wende ich mich jetzt den Schwarzen Künsten zu.«
    »Deinen Gott hast du verloren?« fragte Morach interessiert.
    Alys nickte. »Also kann ich nicht bei ihm schwören. Ich stehe fern von seiner Gnade.« Sie lachte barsch. »Ich könnte genausogut bei deinem schwören«, sagte sie.
    Morach nickte eifrig. »Tu das«, sagte sie. »Leg deine Hand auf die meine und sage: ›Ich schwöre beim Schwarzen Gebieter, bei all seinen Dienern und bei der Macht seiner Künste, daß ich sagen werde, das sind meine Puppen. Ich wollte sie, ich habe sie, ich erkenne sie an.‹«
    Alys lachte wieder, ein bitteres Lachen — tränenerstickt. Sie legte ihre weiße Hand auf Morachs und wiederholte den Eid.
    Danach packte Morach ihre Hand und hielt sie fest. »Jetzt gehörst du ihm«, sagte sie langsam. »Jetzt hast du ihn heraufbeschworen. Du mußt die Künste lernen, Alys, du mußt deinen Meister kennenlernen.«
    Alys schauderte kurz im hellen Licht der Wintersonne. »Ich gehöre ihm, bis ich in meine Abtei zurück kann«, sagte sie. »Ich werde ihm meine Seele leihen. Ich bin sowieso verdammt, bis ich wieder in eine Abtei kann.«
    Morach quittierte die Worte mit einem krächzenden Lachen. »Eine gute Weihnacht«, sagte sie. »Ich muß los, meine Weihnachtssachen von meinen Nachbarn einsammeln. Heuer sollten sie großzügig sein, die Pest hat Bowes nicht heimgesucht, und die Brechkrankheit ist weitergezogen.«
    »Gute Weihnacht«, erwiderte Alys und griff in ihre Tasche. »Hier«, sagte sie und reichte ihr ein silbernes Dreipennystück. »Mylord hat mir Geld für den Jahrmarkt gegeben.

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