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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Fontäne herausschießen, sobald sie den Mund öffnete.
    »Sie kann es nicht!« zischte Lady Catherine triumphierend. »Sie wagt es nicht!«
    Alys öffnete wütend den Mund. Der Priester stopfte die Oblate hinein. Die Handvoll papieriger Brei erstickte sie fast. Sie spürte, wie ihre Lunge nach Luft rang, wußte, daß sie husten müßte, wußte, wenn sie hustete, würde sie alles von sich geben, Galle, Erbrochenes und Oblate.
    Alys richtete sich auf und schloß die Augen. Sie würde nicht sterben. Nicht jetzt. Nicht durch diese Hände. Sie kaute entschlossen. Sie schob einen Brocken des trockenen Breis in Richtung ihres Schlunds und zwang sich zu schlucken. Sie kaute weiter. Sie schluckte. Sie kaute wieder. Sie schluckte. Dann schluckte sie noch einmal heftig, wild entschlossen, und es war vollbracht.
    »Öffne deinen Mund«, sagte der Priester.
    Sie öffnete ihren Mund für ihn.
    »Sie hat es geschluckt«, sagte er. »Sie hat das Gottesurteil bestanden. Sie ist keine Hexe!«
    Alys taumelte und wäre gefallen, aber der junge Lord war sofort hinter ihr. Er griff nach ihrer Taille und führte sie zu einem Stuhl, dann goß er ein Glas Bier aus dem Krug ein und wandte sich an den Priester.
    »Ich nehme an, sie darf jetzt trinken?« fragte er giftig.
    Als der Pater nickte, reichte er ihr das Glas. Einen Augenblick lang berührten seine Finger ihre vor Kälte starren mit einer geheimen Botschaft der Beschwichtigung.
    »Ich bin froh«, sagte Lady Catherine. »Ein besseres Ergebnis hätten wir nicht erhoffen können. Alys hat ihre Unschuld bewiesen.«
    Der alte Lord nickte. »Sie kann bleiben«, sagte er.
    »Und sie wird mir ein Versprechen geben.« Lady Catherine lächelte Alys an. »Sie wird mir versprechen, daß sie sich von meinem Gatten fernhält und keine Geschichten mehr über ein Kind von ihm erzählt.«
    Der alte Lord nickte. »Das ist nur fair«, sagte er zu Alys. »Versprich es, Weib.«
    »Ich schwöre es«, sagte Alys mit sehr leiser Stimme. Sie schwitzte immer noch, der Klumpen der Hostie steckte in ihrem Schlund.
    »Und wenn ich ein Kind habe, und das werde ich dieses Jahr bestimmt bekommen, dann wissen wir, daß Alys vollkommen unschuldig ist«, sagte Lady Catherine mit zuckersüßer Stimme. »Alys soll ihre Künste darauf verwenden, mich fruchtbar zu machen.«
    Der alte Lord nickte erschöpft. »Aye«, sagte er. »Alys kann Euch untersuchen und überlegen, ob sie Kräuter für Euch hat.«
    »Ich zähle darauf«, sagte Lady Catherine. Ihr freundlicher Ton überdeckte ungezählte Drohungen. Alys, die sich ohne Erlaubnis trotz Lady Catherines Anwesenheit gesetzt hatte, rutschte nervös auf ihrem Stuhl herum, als ihr die erneute Gefahr bewußt wurde.
    »Mylord wird das Lager mit mir teilen, nicht mit dir, Alys«, sagte Catherine triumphierend. »Und ich werde seinen Sohn gebären, nicht du, Alys. Und wenn unser Sohn geboren ist, steht es dir frei zu gehen, Alys.«
    »Aye«, sagte der alte Lord noch einmal. »Jetzt geht, alle. Ich möchte vor dem Abendessen etwas ruhen.«
    Eliza floh zur Tür und war nach unten verschwunden, ehe sie jemand aufhalten konnte. Alys richtete sich erschöpft auf. Hugo sah sie kurz an und ging dann zu Lady Catherine, die herrisch nach seinem Arm winkte.
    »Laßt uns in mein Gemach gehen«, sagte sie. Ihr Blick in sein dunkles Gesicht zeigte ungezügelte Wollust. Er hatte versprochen, mit ihr zu schlafen, und Alys' Niederlage hatte sie erregt.
    Alys blieb mit dem alten Lord allein und bewegte sich langsam zur Tür, als wäre sie unendlich erschöpft.
    »Sorg um Himmels willen dafür, daß sie schwanger wird«, sagte der alte Lord. Er lehnte sich mit geschlossenen Augen in seinen Stuhl zurück. »Ich werde keinen Frieden haben, bis sie einen Sohn hat oder ich sie los bin, und es dauert mindestens ein Jahr, bis ich sie loswerden kann.« Er seufzte. »Du wirst jeden Tag des Jahres in Gefahr sein, bis sie ein Kind hat oder bis Hugos Blick sich von dir abwendet. Er muß dir gegenüber blind und taub sein und gefühllos. Mach sie schwanger, wenn du kannst, Alys — oder gehe Hugos Gelüsten aus dem Weg. Dein Glück wird dich eines Tages verlassen. Heute bist du mit knapper Not entkommen.«
    Alys nickte wortlos und schlich aus dem Zimmer, dann stolperte sie langsam die Treppe hinunter zum Wachzimmer. Eliza erwartete sie.
    »Ich dachte, du würdest daran ersticken und sie würden dich töten«, sagte sie mit großen Augen.
    »Ich auch«, gestand Alys mit grimmiger Miene.
    »Komm, wir gehn zu den

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