Die weise Frau
mit zusammengebissenen Zähnen.
Eliza schüttelte den Kopf. »Nicht richtig, nicht so wie sie es wollte. Immer und immer wieder ist er zum Bett gegangen und hat sie einmal kurz genommen, und dann ist er wieder weg. Und immer und immer wieder hat sie nach mehr geschrien. Dann hat er sie gezwungen, vom Bett zu steigen.«
Alys wartete schweigend.
»Er hat sie gezwungen, sich nackt auszuziehen und ihr Hemd in Stücke zu reißen«, sagte Eliza. »Dann hat er ihr befohlen, die Stücke zu einer Schnur zu knoten.«
»Gütiger Gott«, sagte Alys ungeduldig. »Warum habt ihr ihn denn nicht daran gehindert? Warum habt ihr ihr denn nicht wenigstens zugerufen?«
Eliza sah sie an. »Weißt du's denn nicht?« fragte sie. »Bist du so kalt, daß du das nicht weißt? Sie hat es genossen. Sie wollte, daß er sie so behandelt. Sie wollte seine Zuchtstute sein, sein gepeitschter Hund. Sie war nicht sein Weib, sie war seine Hure.«
Alys saß reglos da und horchte auf das Echo ihres Zauberspruchs. Sie fragte sich, wie tiefgreifend das Böse war, das sie getan hatte.
»Er ließ sie auf dem Boden hin und her kriechen«, sagte Eliza. »Er hat ihr das Hemd vor die Augen gebunden, damit sie nichts sehen konnte, und sie herumkriechen lassen. Manchmal ist er von hinten in sie eingedrungen, manchmal ist er zu ihrem Kopf gegangen und hat sie gezwungen, ihn in den Mund zu nehmen. Und was immer er getan hat« — Elizas Stimme wurde leise vor Entsetzen -, »sie hat nach mehr geschrien.«
»Die ganze Nacht?« fragte Alys mit frostiger Stimme. Sie dachte an die beiden zusammengebundenen Puppen und wie sie abrupt auseinandergefallen waren. Sie spürte, wie die Galle aus ihrem leeren Magen hochstieg.
»Zuletzt hat sie geschrien«, sagte Eliza, »als ob er ihr wirklich weh getan hätte. Und dann sind die beiden auf den Boden gefallen, und er hat sie mit aller Gewalt auf der Spreu genommen, bis ihr Rücken blutete.«
Alys räusperte sich und spuckte in die Glut des Feuers. »Gib mir einen Schluck Bier, Margery«, sagte sie leise. »Mir ist richtig schlecht von Elizas Geschichte.«
»Sie ist fertig«, sagte Eliza still triumphierend. »Die Geschichte ist zu Ende. Du hättest hier sein sollen.«
Alys nippte am Bier. Es war warm und abgestanden, weil es die ganze Nacht im Krug gewesen war. »Hat er die Nacht in ihrem Bett verbracht?« fragte sie, obwohl sie die Antwort bereits kannte.
Eliza schüttelte den Kopf. »Als er mit ihr fertig war, ist er von ihr weggesprungen, als ob er sie hassen würde«, sagte sie. »Lady Catherine lag immer noch am Boden, und er hat sie geohrfeigt, erst die eine Wange, dann die andere, und dann hat er seine Hosen hochgezogen und hat sie einfach liegenlassen. Mit dem blutigen Rücken und seinem Handabdruck auf beiden Wangen.«
Alys nickte. »Und ist sie jetzt traurig?« fragte sie desinteressiert.
Eliza schüttelte den Kopf. »Heute morgen hat sie gesungen, als ich ihr einen Becher Bier brachte. Sie hat ihre Hände auf dem Bauch gehabt und allen gesagt, sie ist sicher, daß sie schwanger ist, daß sie ihm einen Sohn gebären wird. Sie hat sich ihren Weg ins Paradies erbettelt, und sie ist zufrieden.«
Alys nickte und nippte noch einmal an ihrem Bier.
»Gut«, sagte sie. »Hugo ist wieder bei seiner Frau, seine Frau trägt sein Kind unter dem Herzen. Sie werden mir beide keine Schwierigkeiten mehr machen. Ihre elende Eifersucht bleibt mir genauso erspart wie seine gefährliche Wollust. Ich kann tun, was ich soll — für Mylord schreiben und ihn und seinen Haushalt in Ordnung halten.«
Sie erhob sich von ihrem Hocker und schüttelte den Staub aus ihrem Kleid. »Es schmeckt bitter«, sagte sie leise vor sich hin. »Ich habe nie geahnt, daß es bitter schmeckt.«
»Was denn?« fragte Eliza. »Das Bier? Es sollte süß genug sein.«
»Nicht das Bier«, erwiderte Alys, »der Sieg.«
11
Den ganzen Februar war es bitterkalt. Der Fluß gefror zu riesigen, grauweißen Eisplatten. Wenn die Damen am Fluß entlang spazierten, sahen sie das Wasser unter dem Eis dahinströmen. Alys erschauderte und wich, soweit es die verschneiten Ufer erlaubten, vom Wasser zurück. In der zweiten Woche blies ein dichter Nebel von Südwesten über die Moore dahin, und die Frauen blieben einen langen Wintertag nach dem anderen im Haus. Es war dunkel, wenn sie erwachten, den ganzen Tag lang herrschte ein fahles Licht, und um drei Uhr nachmittags war es wieder dunkel. Der Nebel dämpfte die Geräusche, und von den Fenstern der Galerie aus
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