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Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Titel: Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Surowiecki
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Herausforderungen des »Fed« spiegeln sollten. Im ersten dieser Experimente wurden Studenten Urnen mit der gleichen Anzahl roter und blauer Bälle ausgehändigt und ihnen zu verstehen gegeben, dass das Verhältnis sich nach den anfänglichen zehn Entnahmen ändern würde, und zwar so, dass danach 70 Prozent der Bälle blau und 30 Prozent rot sein würden (beziehungsweise umgekehrt); es ging darum, dass sie so bald wie möglich feststellen sollten, welche Farbe überwog – was in etwa der Aufgabe des »Fed« entsprach, herauszufinden, wann die Wirtschaftsverhältnisse sich ändern und eine Veränderung der Geldpolitik notwendig wird. Um eine rasche Entscheidung zu fördern, wurde den Studenten für jede Ballentnahme nach dem Wechsel eine Strafe angedroht. Die Studenten spielten das Spiel zunächst jeder für sich, anschließend in einer Gruppe mit der Möglichkeit einer Diskussion, danach wieder individuell und schließlich noch einmal als Gruppe. (Diese Anordnung diente zur Überprüfung des Lerneffekts.) In der Gruppe fielen die Entscheidungen nicht nur schneller, sondern auch genauer aus. (Die Gruppe bemerkte den Richtungswechsel in 89 Prozent der Fälle rechtzeitig; die individuelle Quote lag bei 84 Prozent.) Und die Gruppe schnitt sogar besser ab als die tüchtigste Einzelperson für sich.
    Beim zweiten Experiment wurde den Studenten noch mehr abverlangt. Sie hatten im Grunde die Rolle von Zentralbankern zu übernehmen, also in etwa Zinssätze gemäß sich ändernden Inflationsraten und Arbeitslosenzahlen festzulegen. Bei dem Experiment ging es, genauer gesagt, um die Frage: Waren die Studenten in der Lage zu erkennen, wann eine wirtschaftliche Verschlechterung einsetzte, und ob sie daraufhin einen zinspolitischen Wechsel in der richtigen Richtung vornehmen würden. Auch hier traf die Gruppe bessere Entscheidungen als die jeweiligen Individuen, die sich sehr viel häufiger für Zinskursänderungen im falschen Sinne aussprachen; dazu brauchte die Gruppe übrigens auch nicht mehr Zeit als die Einzelpersonen. Noch relevanter war aber Folgendes: In keinem Fall bestand eine Beziehung zwischen der Leistung des gescheitesten Individuums einer Gruppe und der Gesamtleistung der Gruppe, der es angehörte. Mit anderen Worten: Es war auf jeden Fall ausgeschlossen, dass eine gute Gruppenentscheidung auf die individuelle Superklugheit eines einzelnen Mitglieds rückführbar war. Alle Gruppen waren wirklich gescheiter als selbst die gescheitesten unter ihren Mitgliedern. Die Bank of England wiederholte das Experiment von Blinder und Morgan für sich und gelangte zum gleichen Resultat: Es ist möglich, dass Gruppen sehr rasch Entscheidungen treffen und ihnen dabei klügere Entscheidungen gelingen, als es selbst ihre klügsten einzelnen Mitglieder vermöchten.
    Solche Einsicht kann im Lichte der bisherigen Ausführungen dieses Buches nicht eben überraschen. Dennoch sind diese Untersuchungen in zweierlei Hinsicht hoch interessant. Sie beweisen nämlich erstens, dass Gruppen zum Treffen von Entscheidungen mitnichten unbedingt ineffizient arbeiten müssen. Was wiederum bedeutet: Die Diskussion eines Problems kann, wenn zielführend betrieben, wertvoll sein – wenngleich sie von einem gewissen Zeitpunkt an nur marginale Vorteile bringt, die im Vergleich mit den Kosten des Aufwands zu hoch sind. Was den zweiten positiven Punkt betrifft, so liegt er eigentlich auf der Hand, obwohl man sich dessen erstaunlicherweise nicht bewusst ist: Es ist völlig sinnlos, wenn im Rahmen von Führungsstrukturen kleineren Gruppen Verantwortung übertragen wird, ohne dafür zu sorgen, dass die Meinungen ihrer Mitglieder als Ergebnis freier, offener Diskussion auch zum Tragen kommen. Wenn ein Unternehmen oder eine Organisation kleine Binnengruppen in ihre Entscheidungsprozesse einbezieht, muss auch gewährleistet sein, dass deren Beschlüsse dann tatsächlich umgesetzt werden. Falls eine Unternehmensleitung Teams bildet und ihnen dann eine lediglich beratende Funktion einräumt, beraubt sie sich des eigentlichen, echten Vorteils von Teams: nämlich deren kollektiver Weisheit. Die zu Beginn dieses Kapitels erzählte Geschichte von der Tragödie der Weltraumfähre Columbia enthält ein sonderlich irritierendes Moment: dass im Mission Management Team niemals über irgendein Problem offen und frei abgestimmt worden ist. Die Mitglieder dieses Teams haben, jedes für sich, über Details aus dem von ihnen verantworteten Teilbereich Bericht erstattet. Ihre

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