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Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Titel: Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Surowiecki
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gehalten. Es ist zwar nicht so, dass Vielredner bei den übrigen Gruppenmitgliedern besonders beliebt wären, doch man hört ihnen – zumindest eine gewisse Zeit lang – zu. Und Reden erzeugt Reden. Wie gruppendynamische Untersuchungen immer wieder bestätigen: Je mehr einer redet, desto häufiger wird er vom Rest der Gruppe angesprochen – mit dem Ergebnis, dass diejenigen, die im Mittelpunkt stehen, im Verlauf der Diskussion in einer Gruppe noch an Bedeutung gewinnen.
    Das wäre nun ganz in Ordnung, wenn Menschen sich zu einem Problem nur im Falle vorhandener Sachkenntnisse zu Wort melden würden. So etwas kommt selbstverständlich oft genug vor. Insgesamt steht Vielrednerei jedoch leider in keinem eindeutigen Verhältnis zur Sachkenntnis. Im Gegenteil: Wie schon das oben erwähnte Beispiel der Militärpiloten zeigt, neigen Menschen, die sich als Führungspersönlichkeiten betrachten, zur Überschätzung der eigenen Kenntnisse; sie projizieren eine völlig unberechtigte Selbstgewissheit und Fachkennerschaft. Und weil im Übrigen – so die Politologen Brock Blomberg und Joseph Harrington – Menschen mit extremen Überzeugungen tendenziell unflexibler und ihres eigenen Standpunkts zunehmend sicherer werden als Menschen mit gemäßigten Überzeugungen, führen Diskussionen gewöhnlich dazu, dass Gruppen mittlere, gemäßigte Positionen aufgeben. Natürlich liegt die Wahrheit nicht immer in der Mitte. Und wenn die Leute, die gleich zu Beginn einer Diskussion und dann weiterhin oft das Wort ergreifen, den besten Sachverstand und Durchblick hätten, wäre das Phänomen einer Polarisierung in Gruppen vermutlich auch kein sonderliches Problem. So ist es aber ein großes Problem.
    Da könnte man natürlich leicht versucht sein, kleine Gruppen von Strategieplanungen und Entscheidungsfindungsprozessen auszuklammern beziehungsweise ihre Rolle dabei jedenfalls einzuschränken. Wäre es da nicht vielleicht vernünftiger, eine solche Verantwortung in die Hände einer zuverlässigen Person zu legen, bei der wir gewiss sicher sein dürfen, dass sie keine extremen Ansichten entwickeln wird, statt damit eine Gruppe von zehn oder zwölf Personen zu betrauen, die, wie es scheint, irgendwann plötzlich auf die Idee kommen kann, von einer Klippe zu springen? Es wäre jedoch falsch, solcher Versuchung nachzugeben. Zum einen ist es durchaus möglich, solche Gruppen gewissermaßen zu entpolarisieren. Es gibt eine Untersuchung, bei der Menschen in Sechsergruppen aufgeteilt wurden, deren jede sich wiederum aus zwei Untergruppen von drei Personen mit stark konträren Meinungen zusammensetzte. Die Studie ergab, dass die Gruppe sich während der Diskussion von extremen Standpunkten weg- und ihre Mitglieder sich aufeinander zubewegten. Sie ergab ferner, dass diese Gruppen mit abnehmender Polarisierung auch bei faktischen Fragen mit genaueren Antworten aufwarteten.
    Aber entpolarisierte Gruppen treffen nachweislich auch bessere Entscheidungen, und sie lösen Aufgaben besser als die meisten ihrer Mitglieder individuell – erstaunlicherweise oft sogar besser als ihr gescheitestes Mitglied. Das ist insofern überraschend, als man gemeint hätte, dass ein oder zwei verwirrte Mitglieder das kollektive Urteil ihrer Gruppe in die falsche Richtung drängen würden. (Bei einer kleinen Gruppe kann man sozusagen nicht darauf bauen, dass die Irrtümer sich ausgleichen.) Dafür gibt es allerdings kaum Indizien.
    Eine besonders eindrucksvolle Studie zur Effizienz kleinerer Gruppen wurde 2000 von den Wirtschaftswissenschaftlern Alan S. Blinder und John Morgan an der Princeton University durchgeführt. Blinder war Mitte der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des amerikanischen Federal Reserve Board gewesen – und die bei dieser Tätigkeit angesammelten Erfahrungen hinterließen bei ihm ein tiefes Misstrauen gegenüber Entscheidungen per Komitee. (Zinssatzänderungen werden vom Federal Open Market Committee beschlossen, das aus zwölf Mitgliedern besteht, darunter sieben Vertreter des Federal Reserve Board und fünf Vorstandsvorsitzende regionaler Federal-Reserve-Banken.) Mit diesem Hintergrund vor Augen entwarf er gemeinsam mit Morgan einen Plan, um herauszufinden, ob Gruppen – und zwar rasch – intelligente Entscheidungen zu treffen vermögen; denn Komitees wird ja unter anderem häufig eine ineffiziente Arbeitsweise vorgeworfen.
    Zu dieser Untersuchung gehörten zwei Experimente, die grob die

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