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Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Titel: Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Surowiecki
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wichtigste Untersuchung dazu stammt von den Wirtschaftswissenschaftlern Joseph Blasi und Eric Kruse, die feststellten: Solche Aktienzuwendungen vermochten Produktivität, Gewinn und Börsenwert von Unternehmen zu steigern. Nun scheint dieses Resultat von Blasi und Kruse, ganz offen gesagt, doch einigermaßen erstaunlich; denn der Einfluss der überwiegenden Mehrheit der Beschäftigten – mögen sie sich in ihrer Arbeit persönlich auch noch so engagieren – auf das Gesamtergebnis eines Unternehmens ist eigentlich minimal. Doch offenbar wecken bereits geringe Aktienübertragungen ein Eigentumsbewusstsein; und Eigentümer verhalten sich bekanntermaßen für gewöhnlich verantwortungsbewusster als Mietlinge. Blasi und Kruse heben allerdings ausdrücklich hervor, dass dieses Modell wahrscheinlich nur in Unternehmen Früchte trägt, die der Mehrheit ihrer Beschäftigten Aktienbezugsrechte einräumen. Die meisten US-Unternehmen lassen den allergrößten Teil ihrer internen Aktienbezugsrechte jedoch lediglich einer winzigen Manager-Clique zugute kommen.
    Viel wichtiger als eine richtige Verteilung von Aktienbezugsrechten wären allerdings die Aufhebung der starren Managementhierarchien und eine breitere Streuung wirklicher Entscheidungsmacht. Blasi und Kruse bemerken völlig zu Recht: »Die bloße Unternehmensmitbestimmung genügt nicht. Die materiellen Vorteile einer Angestellten-Eigentümerschaft oder einer anderen Form von Teilhabe an den Früchten von Eigentümerschaft müssen Hand in Hand gehen mit Arbeitsmethoden, die die Arbeiter mit größeren Entscheidungsbefugnissen ausstatten.« Es ist bezeichnend, dass die zwei höchst geachteten amerikanischen Vorstandsvorsitzenden des 20. Jahrhunderts – Alfred Sloan bei General Motors und Jack Welch bei General Electric – ausgewiesene Befürworter eines kollektiveren Managementstils waren. Obgleich Sloan auf einem Auge blind war, wenn es um die Fließbandarbeiter ging, verhielt er sich als Topmanager ansonsten entschieden antiautokratisch und weigerte sich beharrlich, eine Idee nach dem Rang beziehungsweise dem Status ihres Verfechters zu bewerten. »Unser dezentralisierter Aufbau und unsere Tradition, mit Argumenten zu überzeugen, statt lediglich Anweisungen zu geben, setzen alle Managementebenen unter Druck, ihre Vorschläge gut zu begründen«, schrieb er einmal. »Es ist jedoch generell so, dass alle Opfer, die der Verzicht auf eine potenziell brillante intuitive Idee mit sich bringen mag, im Allgemeinen durch die überdurchschnittlichen Resultate kompensiert werden, die von einer Unternehmensstrategie erwartet werden dürfen, welche sich gegen eine gut informierte und wohlwollende Kritik durchsetzen kann.«
    In ähnlicher Weise bestand die wichtigste Neuerung, die Welch als Vorstandsvorsitzender bei General Electric (GE) einführte, in der Umformung des Konzerns zu einem »Unternehmen ohne Zäune«. Im Rückgriff auf Überlegungen von Coase suchte Welch die Trennwände zwischen dem Konzern und den Außenmärkten durchgängiger zu machen. Er beseitigte die Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Bereichen innerhalb von GE mit dem Hinweis, dass ein interdisziplinäres Nachdenken über Probleme Vielfalt und Verschiedenartigkeit fördere. Er verringerte die Zahl der Managementebenen um ein Beträchtliches, damit die Führungskräfte nicht mehr so weit vom übrigen Konzernpersonal entfernt waren. Er führte die so genannten »Work-Out«-Sitzungen ein, in denen Manager oft einer scharfen offenen Kritik von Seiten ihrer Untergebenen unterzogen wurden. Fraglos hatte Welch nicht in allem Erfolg, und bei bestimmten Entscheidungen – so, wenn es beispielsweise um die Frage ging, ob zweistellige Milliardensummen für die Übernahme anderer Unternehmen ausgegeben werden sollten oder nicht – schien er Argumente beiseite zu schieben, die einer von ihm favorisierten Entscheidung zuwiderliefen. Doch seine Idee von einem Niederreißen der Zäune machte General Electric – im Unterschied zu den meisten amerikanischen Unternehmen alten Stils – zu einem blühenden Konzern.

5
    Wie würde also eine breitere Streuung echter Entscheidungsbefugnisse aussehen? Zunächst einmal sollten lokale Entscheidungen möglichst von Personen aus dem konkreten Aufgabenumkreis getroffen werden. Friedrich Hayek hat, wie wir bereits sahen, hervorgehoben, dass für eine Effizienz der Märkte stillschweigendes Wissen entscheidend ist. Solches Wissen, das nur aus Erfahrung rühren kann, ist aber auch

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