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Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Titel: Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Surowiecki
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den meisten aufkaufenden Firmen wesentlich besser ergangen. Der Grund liegt auf der Hand. Die Entscheidung über eine Fusion ist eine Grundsatzfrage von Entweder-oder, eine Frage der Art, die nur von einem CEO aufgeworfen und (wenngleich es der Absegnung durch den Aufsichtsrat bedarf) beantwortet werden kann. Da Firmenaufkäufe und Unternehmensfusionen in den meisten Fällen aber schlecht ausgehen und sich somit als Fehlentscheidungen erweisen, können CEOs auf keinen Fall als generell außergewöhnlich tüchtige »Macher« bewertet werden.
    Selbstverständlich gibt es punktuell jederzeit einzelne CEOs mit herausragenden Leistungsbilanzen, leitende Angestellte, die ihre Konkurrenten in den Schatten stellen, die Bedürfnisse der Konsumenten vorausahnen und ihr Personal motivieren. Andererseits ist die Wirtschaftslandschaft des letzten Jahrzehnts jedoch übersät mit CEOs, die zunächst als Genies gefeiert und dann wegen strategischer Fehler als Nieten abgetan wurden. So wurde beispielsweise Gary Wendt während seiner Zeit als Leiter von General Electric Capital als einer der hellsten Köpfe des Landes gerühmt; sein Verstand war »scharf wie ein Laserstrahl«, um einen Zeitschriftenartikel der frühen neunziger Jahre zu zitieren; man hielt ihn wegen der immensen Geldmengen, die sein Unternehmensbereich generierte, sogar für die »Geheimwaffe« von General Electric. Dann wurde Wendt 2000 mit der Führung des angeschlagenen Finanzkonzerns Conseco betraut; dafür bekam er bei Vertragsabschluss gleich 45 Millionen Dollar auf die Hand, mit der Aussicht auf weitere 50 Millionen als Bonuszahlung. Während seines ersten Jahres im Amt schnellte der Wert der Conseco-Aktie auf das Dreifache; die Anleger erhofften sich von ihm Zauberkunststücke; sie hatten sich auch zwei Jahre später noch nicht eingestellt, als Wendt plötzlich den Job hinschmiss. Conseco ging Bankrott, und die Aktien waren keinen Pfifferling wert. Ähnliche Geschichten könnten von Kodak-, Xerox-, AT&T- und Lucent-Konzernbossen erzählt werden, nicht zu vergessen den größten all dieser Aussetzer, Bernard Ebbers bei WorldCom, der eine kleine Telefongesellschaft in einen Telekommunikationsgiganten verwandelte, den er mit gleichem Karacho in die Pleite führte.
    Es geht hier nicht darum, diese Topmanager als Dummköpfe bloßzustellen – ganz im Gegenteil. Diese Leute degenerierten keineswegs über Nacht von brillanten Wirtschaftsführern zu tumben Toren. Sie waren zum Schluss ihrer Karriere genau so gescheit und tüchtig wie zu Beginn. Nur – sie waren einfach die meiste Zeit über nicht tüchtig genug, um die richtigen Antworten zu finden, und das wahrscheinlich aus dem Grund, dass so etwas keinem Menschen überhaupt möglich ist. Es ist auch ganz natürlich, dass wir erfolgreiche Menschen bewundern und ihre Fortune irgendeiner angeborenen Eigenschaft zuschreiben. Gelegentlich darf man das auch mit einigem Recht. Doch im Fall von Konzernmanagement ist solches Denken gefährlich. Professor Sydney Finkelstein nahm sich des Phänomens Unternehmensfehlschläge in einer faszinierenden Studie an und kam zu dem Schluss: »Neue CEOs sollten mit der gleichen Vorsicht genossen werden wie Investmentfonds: Erfolg in der Vergangenheit bedeutet noch keine Garantie für Erfolge in der Zukunft .«
    Diese Warnung ist aus mehreren Gründen berechtigt: Zunächst einmal: Der Ökonom Armen Alchian wies 1950 darauf hin, dass in einem Wirtschaftssystem wie dem unsrigen, in dem eine enorm große Anzahl Menschen und Firmen voranzukommen streben, Erfolg nicht unbedingt ein Indikator von Tüchtigkeit und Weitblick ist; er mag auch »das Resultat günstiger Umstände« sein. Um es knallhart auszudrücken: Erfolg kann Glückssache sein. Alchian umschrieb die Situation bildhaft: Man stelle sich tausende Reisende vor, die mit willkürlich gewählten Zielen und Routen von Chicago im Wagen aufbrechen. Man nehme ferner an, dass nur an einer der gewählten Strecken eine Tankstelle existiert – klar, dass nur ein Reisender aus Chicago sein Ziel erreichen wird. Es wäre jedoch kurios, daraus zu folgern, dass diese eine Person mehr als die anderen Reisenden wusste. Sie hatte halt einfach nur das Glück, auf der richtigen Straße unterwegs gewesen zu sein. Alchian wollte damit notabene nicht zu verstehen geben, dass die meisten erfolgreichen Geschäftsleute nun ebenfalls nur Glück haben, ebenso wenig, dass Tüchtigkeit belanglos wäre. Er betonte damit lediglich, dass es schwierig ist zu

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