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Die Weisheit des Feuers

Die Weisheit des Feuers

Titel: Die Weisheit des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini
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noch immer eine gewisse Zuneigung für Murtagh empfand, trotz der düsteren Umstände, die sie zu erbitterten Feinden gemacht hatten. Wie sehr Eragon auch verabscheute, was aus seinem Gefährten geworden war, er konnte nicht leugnen, dass zwischen ihnen weiterhin eine tiefe Verbundenheit bestand. Ihrer beider Schicksale waren untrennbar miteinander verwoben. Wären sie in umgekehrter Reihenfolge zur Welt gekommen, dann wäre er - Eragon - in Urû’baen aufgewachsen und Murtagh im Palancar-Tal und ihre gegenwärtigen Positionen wären vertauscht.
    Während er auf den silbernen Stahl starrte, dachte Eragon sich einen Zauber aus, der die Dellen in der Klinge glätten, die Kerben verschwinden lassen und den Härtegrad des Materials erhöhen würde. Doch er fragte sich, ob er das wirklich tun sollte. Die Narbe auf seinem Rücken hatte ihn an seine Auseinandersetzung mit Durza erinnern sollen, bis die Drachen sie bei der Blutschwur-Zeremonie ausgelöscht hatten. Sollte er nun stattdessen mit dieser Narbe herumlaufen? Wäre es gut für ihn, eine so schmerzhafte Erinnerung an der Hüfte zu tragen? Und welche Botschaft würde er dadurch den Varden vermitteln, wenn er das Schwert eines weiteren Verräters führte? Zar’roc war ein Geschenk von Brom gewesen, das Eragon nicht hatte ablehnen können. Es tat ihm auch nicht leid, es angenommen zu haben. Diesmal aber war er in keinster Weise verpflichtet, die namenlose Klinge, die auf seinen Knien lag, zu behalten.
    Ich brauche ein Schwert,
 dachte er. 
Aber nicht dieses.
    Er wickelte die Waffe wieder ein und schob sie unters Bett zurück. Dann ging er mit einem frischen Lámarae-Hemd und einem sauberen Wams unter dem Arm hinaus und nahm ein Bad.
    Als er sich gewaschen und angekleidet hatte, machte er sich zu den Zelten der Heiler auf, wo das Abendessen mit Nasuada stattfinden sollte. Saphira flog dorthin, denn sie meinte: 
Am Boden ist es mir viel zu eng. Ich reiße nur wieder Zelte um. Wenn ich mit dir gehe, bildet sich außerdem gleich wieder eine riesige Menschenmenge und wir kommen kaum noch voran.
    Auf dem Weg dorthin erwartete Nasuada ihn neben drei Flaggenmasten, an denen in der warmen Abendluft ein halbes Dutzend bunter Wimpel schlaff herabhingen. Auch sie hatte sich umgezogen und trug nun ein helles, strohfarbenes Sommerkleid. Ihr volles, schwarz schimmerndes Haar war zu einer kunstvollen Hochfrisur aufgetürmt, die eine einzelne weiße Schleife zusammenhielt.
    Sie warf Eragon ein Lächeln zu. Er erwiderte es und beschleunigte seine Schritte. Als er sie erreichte, mischten sich seine Wachen unter ihre Leibgarde; die Nachtfalken zeigten sich gewohnt argwöhnisch, die Elfen wie immer kühl und überlegen.
    Nasuada hakte sich bei ihm ein und führte ihn durch das enge Gassengewirr zwischen den Zelten. Am Himmel kreiste Saphira und wartete geduldig ab, bis sie ihr Ziel erreichten, bevor sie sich an die Landung machte. Nasuada und Eragon unterhielten sich unterdessen leise über dies und das. Es war kein tiefschürfendes Gespräch, aber ihre Klugheit, ihr Frohsinn und ihr Charme bezauberten ihn. Es fiel ihm leicht, mit ihr zu reden und ihr zuzuhören, und an dieser Ungezwungenheit zwischen ihnen erkannte er, wie sehr er sie mochte. Es ging weit über das hinaus, was ein Vasall normalerweise für seine Lehnsherrin empfand. Es war ein ganz neues Gefühl von Verbundenheit, das er plötzlich verspürte. Abgesehen von seiner Tante Marian, an die er sich nur verschwommen erinnerte, war er in einer reinen Männerwelt aufgewachsen. Er hatte nie die Gelegenheit gehabt, sich mit einer Frau anzufreunden. Seine Unerfahrenheit machte ihn unsicher und unbeholfen, was Nasuada jedoch nicht zu bemerken schien.
    Sie blieb vor einem Zelt stehen, das erfüllt war vom goldenen Lichtschein zahlloser Kerzen und von summendem Stimmengewirr. »Gleich tauchen wir wieder in den politischen Sumpf ein. Bist du bereit?«
    Sie schlug die Zeltplane zurück und Eragon schrak zusammen, als ein vielstimmiger Chor rief: »Überraschung!« In der Zeltmitte stand ein breiter, auf Böcke gestellter Tisch, an dem Roran und Katrina und etwa zwanzig Dörfler aus Carvahall saßen - darunter Horst und seine Familie -, des Weiteren die Kräuterhexe Angela, Jeod und seine Frau Helen und mehrere Leute, die Eragon nicht kannte, die aber wie Seemänner aussahen. Am Boden spielten ein halbes Dutzend Kinder, die nun mit offenen Mündern zu Nasuada und ihm aufschauten. Offenbar konnten sie sich nicht entscheiden, welcher

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