Die Weisheit des Feuers
hinter seinem Kopf wie eine glänzende Mähne. Seine Züge waren hart, härter als Eragon es jemals gesehen hatte, und ihm wurde klar, dass Murtagh diesmal keine Gnade walten lassen würde. Seine Stimme dröhnte nicht mehr über das ganze Land, war aber immer noch unnatürlich laut: »Du und Saphira habt uns großes Leid zugefügt, Eragon. Galbatorix war außer sich vor Wut, weil wir euch entkommen ließen. Nachdem ihr auch noch die Ra’zac getötet hattet, erschlug er erst in seiner Raserei fünf Diener und ließ dann seinen Zorn an Dorn und mir aus. Euretwegen haben wir schreckliche Qualen durchlitten. Das werden wir nicht noch einmal.« Murtagh hob den Arm, als wollte er Dorn vorpreschen lassen und selbst einen magischen Angriff starten.
»Warte!«, rief Eragon. »Ich weiß, wie ihr euch von dem Schwur, der euch an Galbatorix kettet, befreien könnt!«
Über Murtaghs finsteres Gesicht huschte ein Ausdruck verzweifelter Hoffnung. Er senkte Zar’roc ein wenig. Doch dann verfinsterte sich sein Blick und er spuckte aus. »Ich glaube dir nicht! Das ist unmöglich!«
»Es ist möglich! Lass es mich dir erklären!«
Murtagh schien mit sich zu ringen, und Eragon fürchtete schon, er würde ihn nicht anhören. Dorn schwang den mächtigen Kopf zu seinem Reiter herum. Die beiden tauschten sich aus. »Verflucht sollst du sein, Eragon!«, knurrte Murtagh und legte sein Schwert quer über den Sattel. »Verflucht sollst du sein, dass du uns damit köderst! Wir hatten uns bereits mit unserem Los abgefunden, aber jetzt quälst du uns mit dem Gespenst einer Hoffnung, die wir längst aufgegeben hatten. Sollte diese Hoffnung trügerisch sein,
Bruder,
dann schwöre ich, ich werde dir die rechte Hand abschlagen, bevor wir dich zu Galbatorix bringen... Denn die brauchst du nicht für das, was dich in Urû’baen erwartet.«
Eragon wollte ebenfalls eine Drohung ausstoßen, aber er unterdrückte den Impuls und ließ das Krummschwert sinken. »Galbatorix hat es dir bestimmt nicht erzählt, aber als ich bei den Elfen war...«
Eragon!,
rief Arya.
Verrate ihm nichts über uns!
»...habe ich erfahren, dass wenn sich das Wesen eines Menschen oder Drachen wandelt, sich auch sein wahrer Name in der alten Sprache wandelt. Wer du bist, ist nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt, Murtagh! Wenn du und Dorn euch im Innersten eures Herzens ändert, sind eure Treuegelöbnisse nicht mehr bindend und Galbatorix verliert seine Macht über euch!«
Der rote Drache glitt näher an Saphira heran. »Warum hast du das nicht bei unserer letzten Begegnung erwähnt?«, fragte Murtagh.
»Da war ich zu durcheinander.«
Dorn und Saphira trennten jetzt noch etwa fünfzehn Yards. Der rote Drache fletschte nicht mehr die Zähne, sondern kräuselte nur warnend die Oberlippe. In seinen funkelnden roten Augen schimmerte eine tiefe Traurigkeit. Als würde er sich von Saphira oder Eragon eine Antwort darauf erhoffen, warum er das Licht der Welt erblickt hatte, nur um von Galbatorix versklavt und für dessen finstere Absichten missbraucht zu werden. Dorn zog die Nase kraus, während er Saphiras Geruch einsog. Sie schnupperte ebenfalls und schob die Zunge vor, um von seinem Duft zu kosten. Eragon und Saphira bekamen Mitleid mit dem jungen Drachen. Sie wünschten, sie könnten direkt zu ihm sprechen, aber sie wagten es nicht, ihm ihren Geist zu öffnen.
Aus dieser kurzen Distanz konnte Eragon Murtaghs gespannte Halsmuskeln und die pulsierende Ader auf seiner Stirn erkennen.
»Ich bin nicht böse!«, stieß Murtagh hervor. »Ich habe das Beste aus mir gemacht, was angesichts der widrigen Umstände möglich war. Ich bezweifle, dass du so wenig Schaden genommen hättest, wenn unsere Mutter
mich
in Carvahall versteckt und
dich
in Urû’baen zurückgelassen hätte.«
»Vielleicht.«
Murtagh schlug sich mit der Faust auf den Brustpanzer. »Genau! Und wie soll ich dann deinen Rat befolgen? Wenn ich schon ein guter Mensch bin, wenn ich mich so tapfer geschlagen habe, wie man es nur von mir erwarten konnte, wie soll ich mich dann noch ändern? Indem ich schlechter werde, als ich wirklich bin? Muss ich mich Galbatorix’ Finsternis erst ganz hingeben, um mich anschließend davon befreien zu können? Das klingt mir nach keiner vernünftigen Lösung! Wenn ich meine Persönlichkeit in dieser Art veränderte, würde dir das Ergebnis sicher nicht gefallen. Du würdest mich ebenso inbrünstig verfluchen, wie du im Moment Galbatorix verfluchst!«
»Das mag
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