Die Weisheit des Feuers
Harald.
»Tut mir leid, Hammerfaust, aber ich habe nicht über die Spitze meines Schwertes hinausgeblickt.«
Roran wandte sich an die restlichen Männer auf den Hausdächern. »Was ist mit Edric und Sand?«
»Das wissen wir nicht, Hammerfaust!«, antworteten sie.
Auf seinen Hammer gestützt, bahnte sich Roran seinen Weg über die Leichen nach unten und ging in Begleitung von Harald und drei anderen Männern zum Dorfplatz. Wenn sie unterwegs an einem verwundeten Soldaten vorbeikamen, töteten sie ihn. Als sie den gegenüberliegenden Rand des Platzes erreicht hatten, wo die meisten Gefallenen Varden waren, schlug Harald mit dem Schwert gegen seinen Schild. »Lebt hier noch jemand?«, schrie er.
Nach einem Moment antwortete eine Stimme hinter den Häusern: »Nennt eure Namen!«
»Harald, Roran Hammerfaust und andere Varden. Wenn ihr dem Imperium dient, ergebt euch, denn eure Kameraden sind tot und können euch nicht mehr helfen!«
Irgendwo zwischen den Häusern fiel Metall zu Boden, dann tauchten einzeln und zu zweit Krieger der Varden aus ihren Verstecken auf und humpelten auf den Platz zu. Viele stützten ihre verletzten Kameraden. Sie wirkten benommen, und einige waren so blutverschmiert, dass Roran sie im ersten Moment für gefangene Soldaten hielt. Er zählte vierundzwanzig Mann. Unter der letzten Gruppe befand sich auch Edric, der einem Mann half, der im Kampf seinen rechten Arm verloren hatte.
Roran bedeutete zweien seiner Leute, Edric die Last abzunehmen. Der Hauptmann richtete sich auf, als das Gewicht von seinen Schultern wich. Langsam trat er auf Roran zu und starrte ihm direkt in die Augen. Seine Miene war unergründlich. Keiner von beiden rührte sich und Roran wurde sich der plötzlichen Stille auf dem Platz bewusst.
Edric ergriff als Erster das Wort: »Wie viele deiner Männer haben überlebt?«
»Die meisten. Nicht alle, aber die meisten.«
Edric nickte. »Und Carn?«
»Er lebt. Was ist mit Sand?«
»Ein Soldat hat ihn während seines Angriffs angeschossen. Er ist vor einigen Minuten gestorben.« Edric sah an Roran vorbei zu dem Leichenberg. »Du hast dich meinen Befehlen widersetzt, Hammerfaust.«
»Das habe ich, ja.«
Edric streckte die Hand fordernd aus.
»Hauptmann, nein!«, rief Harald und trat vor. »Ohne Roran stünde keiner von uns hier. Ihr hättet ihn sehen sollen! Er hat fast zweihundert Feinde allein niedergestreckt!«
Haralds Worte schienen keinen Eindruck auf Edric zu machen, der nach wie vor die Hand ausgestreckt hielt. Auch Roran zeigte keinerlei Regung.
»Roran«, sagte Harald zu ihm, »Du weißt, dass die Männer dir folgen. Ein Wort genügt...«
Roran brachte ihn mit einem zornigen Blick zum Schweigen. »Sei kein Narr!«
»Wenigstens hast du deinen Verstand noch nicht völlig verloren«, presste Edric zwischen den Zähnen hervor. »Harald, halt den Mund, es sei denn, du willst auf dem gesamten Rückweg die Packpferde führen.«
Roran reichte dem Hauptmann seinen Hammer. Dann schnallte er den Gürtel mit seinem Schwert und seinem Dolch ab, die er dem Befehlshaber ebenfalls aushändigte. »Das sind alle Waffen, die ich besitze«, erklärte er.
Edric nickte grimmig und warf sich den Schwertgurt über die Schulter. »Roran Hammerfaust, ich enthebe dich hiermit deines Kommandos. Habe ich dein Ehrenwort, dass du nicht fliehen wirst?«
»Das habt Ihr.«
»Dann kannst du dich nützlich machen, wo immer du gebraucht wirst. Ansonsten jedoch verhältst du dich wie ein Gefangener.« Edric sah sich um und deutete auf einen Krieger. »Fuller, du übernimmst Rorans Position, bis wir zur Hauptstreitmacht der Varden zurückgekehrt sind und Nasuada entscheiden kann, was mit Roran geschehen soll.«
»Jawohl, Herr«, antwortete Fuller.
Einige Stunden lang barg Roran mit den anderen Kriegern ihre Toten, die sie am Rand des Dorfs begruben. Wie sich herausstellte, waren nur neun seiner einundachtzig Männer in der Schlacht gefallen, während Edric und Sand zusammen fast einhundertfünfzig Mann verloren hatten. Edric hätte zweifellos noch mehr Verluste erlitten, wenn nicht eine Handvoll seiner Krieger bei Roran geblieben wäre, nachdem er sie vom Dorfplatz gerettet hatte.
Als sie ihre Opfer bestattet hatten, sammelten die Varden ihre Pfeile ein, dann errichteten sie auf dem Dorfplatz einen Scheiterhaufen, nahmen den Soldaten ihre Ausrüstung ab, zerrten die Körper auf den Holzstoß und zündeten ihn an. Von den brennenden Leichen stieg eine ölig-schwarze Rauchsäule hoch in
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