Die Weisheit des Feuers
Faser seines Herzens. Zumindest war das mein Eindruck, als ich mit ihm gesprochen habe.
Was wirst du mit ihm machen?
Nasuada sah Saphira mit traurigem Blick an.
Er wird dafür hängen. Als ich die Urgals als Verbündete akzeptierte, habe ich verfügt, dass jeder, der sie angreift, genauso zu bestrafen ist, wie wenn er einen Menschen angegriffen hätte.
Bedauerst du dein Versprechen?
Nein. Die Männer müssen erkennen, dass ich solche Gräueltaten nicht billige. Sonst würden sie sich wieder gegen die Urgals wenden. Nar Garzhvog und ich haben einen Pakt geschlossen. Nun muss ich beweisen, dass ich zu meinem Wort stehe. Tue ich es nicht, wird es weitere Morde geben, und dann werden die Urgals die Sache selbst in die Hand nehmen und unsere beiden Völker sich wieder gegenseitig an die Kehle gehen. Es ist nur gerecht, dass Othmund für sein Verbrechen büßt … Aber, oh Saphira, den Varden wird das überhaupt nicht gefallen. Ich habe mein Blut dafür geopfert, ihre Treue zu gewinnen, doch nun werden sie mich hassen, weil ich Othmund an den Galgen bringe
...
Sie werden mich hassen, weil ich das Leben eines Urgals dem eines Menschen gleichsetze.
Sie zupfte die Ärmel ihres Kleides zurecht.
Und ich kann es ihnen nicht mal verübeln. Ich versuche zwar, die Urgals vorurteilslos und gerecht zu behandeln und als gleichberechtigte Partner zu sehen, so wie mein Vater es getan hätte. Aber es fällt mir schwer zu vergessen, dass sie ihn getötet haben. Ebenso wenig kann ich den Anblick vergessen, wie die Urgals die Varden in Farthen Dûr niedergemetzelt haben. Ich kann die vielen Geschichten nicht vergessen, die ich als Kind gehört habe, Geschichten von Urgals, die aus den Bergen gestürmt kamen und unschuldige Menschen in ihren Betten abgeschlachtet haben. Urgals waren immer Ungeheuer, vor denen man sich fürchten musste, und jetzt habe ich unser Schicksal mit dem ihren verknüpft. Ich kann nicht aufhören, an all das zu denken, Saphira, und ich frage mich, ob ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Du kannst nicht anders, du bist nun mal ein Mensch,
versuchte Saphira, Nasuada zu trösten.
Trotzdem bist du nicht an das gebunden, was deine Artgenossen um dich herum glauben. Du kannst über dein Volk hinauswachsen, wenn du den Willen dazu besitzt. Wenn wir aus den Ereignissen der Vergangenheit etwas lernen können, dann, dass jene Könige und Königinnen oder anderen Anführer, die für die Versöhnung der Völker eingetreten sind, Alagaësia den größten Dienst erwiesen haben. Es sind Zwist und Zorn, vor denen wir uns in Acht nehmen müssen, nicht engere Beziehungen zu unseren ehemaligen Feinden. Bewahre dir dein Misstrauen gegenüber den Urgals, denn sie haben es verdient, aber erinnere dich auch, dass Zwerge und Drachen sich einst genauso wenig Liebe entgegenbrachten wie heute Menschen und Urgals. Und einst kämpften die Drachen gegen die Elfen, und wir hätten sie ausgelöscht, wenn es in unserer Macht gestanden hätte. Ja, einst war es so, heute nicht mehr. Weil Geschöpfe wie du den Mut besaßen, ihren Hass zu überwinden und neue Bande der Freundschaft zu knüpfen.
Nasuada drückte die Stirn gegen Saphiras Haupt.
Du bist sehr weise, Saphira
.
Belustigt hob Saphira den Kopf von den Vorderbeinen und strich Nasuada mit der Maulspitze über die Stirn.
Ich erzähle dir nur, was ich fühle. Meinetwegen nenn es Weisheit. Allerdings glaube ich, dass du genauso weise bist wie ich. Othmund hinzurichten, mag den Varden zwar nicht gefallen, aber es bedarf mehr als das, um ihre Ergebenheit zu dir ins Wanken zu bringen. Außerdem wirst du bestimmt einen Weg finden, sie zu besänftigen.
Ja,
sagte Nasuada und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln.
Das werde ich wohl müssen, denke ich.
Dann lächelte sie und ihr Gesicht war wie verwandelt.
Aber ich bin eigentlich nicht wegen Othmund zu dir gekommen. Eragon hat Kontakt zu mir aufgenommen und gebeten, dass du zu ihm nach Farthen Dûr kommst.
Die Zwerge
...
Saphira legte den Hals in den Nacken und schickte einen Feuerstrahl zum Himmel. Nasuada wich erschrocken zurück, während alle anderen, die in Sichtweite standen, erstarrten und zu Saphira blickten. Ihre Müdigkeit war vergessen, blitzschnell kam sie auf die Beine, schüttelte sich und breitete die Flügel aus, um auf der Stelle loszufliegen.
Die Wachen machten Anstalten, zu Nasuada zu laufen, aber sie hielt die Männer zurück. Eine kleine Rauchwolke wehte über sie hinweg und sie hielt
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