Die Weisheit des Feuers
stolperten, auf den weichen Hals eines ihrer toten Kameraden traten oder auf einem Schild ausrutschten.
Von seiner erhöhten Position aus sah Roran aber auch, dass die restlichen Feinde sich dem Angriff offenbar anschließen wollten. Nur eine kleine Gruppe auf der anderen Seite des Dorfes kämpfte immer noch gegen Sands und Edrics Krieger. Ihm wurde klar, dass ihm keine Ruhepause vergönnt sein würde, bis die Schlacht entschieden war.
Während der Tag voranschritt, trug Roran Dutzende von Verletzungen davon. Viele dieser Wunden waren nicht der Rede wert - ein Schnitt auf der Innenseite seines Unterarms, ein gebrochener Finger, ein Kratzer auf den Rippen, wo ein Dolch durch sein Kettenhemd gedrungen war - andere jedoch schon. Ein Feind hatte noch im Liegen Rorans rechte Wade mit dem Speer durchbohrt, sodass er humpelte. Kurz darauf war ihm ein fetter Soldat, dessen Atem nach Zwiebeln und Käse stank, unterlegen und hatte ihm noch im Sterben einen Armbrustbolzen in die linke Schulter gerammt. Deshalb konnte Roran den linken Arm nicht mehr über den Kopf heben. Er ließ den Bolzen jedoch in der Schulter stecken, weil er fürchtete, zu verbluten, wenn er ihn herauszog. Bald war der Schmerz seine einzige Empfindung; jede Bewegung bereitete ihm Qualen, aber innezuhalten hätte den Tod bedeutet. Also kämpfte er weiter, ungeachtet seiner Wunden und seiner Erschöpfung.
Manchmal nahm er die Varden hinter und neben sich wahr, wenn zum Beispiel ein Speer an ihm vorbei auf den Feind zuzischte oder ein Schwert an seiner Schulter aufblitzte und einen Soldaten fällte, der versucht hatte, ihn niederzustrecken. Die meiste Zeit stellte sich Roran den Soldaten jedoch allein entgegen, weil er höher als die anderen stand und zwischen dem umgestürzten Wagen und den Häuserwänden nur wenig Platz für seine Kameraden war. Die Bogenschützen auf den Dächern, die noch Pfeile hatten, feuerten eine tödliche Salve nach der anderen ab und durchbohrten mit ihren grau gefiederten Geschossen Knochen und Sehnen.
Die Schlacht war schon weit fortgeschritten, als Roran mit dem Speer gegen den Brustpanzer eines Gegners stieß und sich der Schaft der Länge nach spaltete. Der Soldat schien überrascht, noch am Leben zu sein, denn er zögerte, bevor er sein Schwert zum Gegenschlag erhob. Dieser winzige Moment des Zauderns erlaubte Roran, unter der Klinge abzutauchen, einen anderen Speer vom Boden zu reißen und den Soldaten damit zu töten. Doch zu seinem Entsetzen und seiner Wut hielt die neue Waffe kaum eine Minute, bevor sie bei einem Angriff in zwei Teile zerbrach. Er schleuderte die Bruchstücke auf die Soldaten, riss einem Toten den Schild vom Arm und zog den Hammer aus dem Gürtel. Sein Hammer hatte ihn noch nie im Stich gelassen.
Als die letzten Soldaten vorrückten, erwies sich die Erschöpfung als gefährlichster Feind. Denn offenbar waren alle seine Gegner erpicht darauf, sich mit ihm zu duellieren. Roran spürte seine schweren Gliedmaßen kaum noch, ihm flimmerte es vor den Augen und selbst das Atmen bereitete ihm Mühe. Trotzdem konnte er sich immer wieder zusammenreißen, brachte die Energie auf, sich seinem nächsten Gegner zu stellen. Als seine Reflexe nachließen, konnten ihm die Soldaten zahlreiche Schnitte und Prellungen beibringen, was er zuvor leicht verhindert hätte.
Als schließlich in den Reihen der Soldaten Lücken aufklafften, wusste er, dass diese Prüfung ihrem Ende entgegenging. Er gewährte den letzten zwölf Männern keine Gnade, und sie baten ihn auch nicht darum, obwohl sie kaum hoffen konnten, sich den Weg an ihm
und
den restlichen Varden vorbei zu erkämpfen. Aber sie flohen auch nicht. Stattdessen stürzten sie sich auf Roran, knurrend, fluchend und nur von dem einen Wunsch beseelt, vor ihrem eigenen Abtreten den Mann zu erledigen, der so viele ihrer Kameraden getötet hatte.
In gewisser Weise respektierte Roran ihren Mut.
Pfeile sprossen vier der Männer aus der Brust und streckten sie nieder. Ein Speer, der von irgendwo hinter Roran geschleudert worden war, zerschmetterte das Schlüsselbein eines fünften Soldaten, der auf den Leichenberg fiel. Zwei weitere Speere forderten ihre Opfer, dann hatten die überlebenden Feinde Roran erreicht. Der erste Soldat holte mit einer stachelbewehrten Axt gegen ihn aus. Obwohl er spüren konnte, wie die Spitze des Armbrustbolzens an seinem Schulterknochen scheuerte, riss Roran den linken Arm hoch und blockte den Schlag mit dem Schild ab. Brüllend vor Schmerz und
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