Die Weisheit des Feuers
du einen leichtsinnigen Schwur geleistet, ohne die Konsequenzen zu bedenken.«
»Würdet Ihr wollen, dass ich jene im Stich lasse, die mir am Herzen liegen? Wenn ich das täte, wäre ich ein Mann, der Verachtung und Misstrauen verdient, und ein schlechter Hoffnungsträger für ein Volk, das daran glaubt, dass ich Galbatorix
irgendwie
unschädlich machen werde. Außerdem war Roran anfällig für Manipulationen, solange Galbatorix Katrina als Pfand hatte.«
Die Königin zog eine dolchspitze Augenbraue hoch. »Eine Gefahr, die du hättest unterbinden können, indem du Roran entsprechende Beschwörungen in der Sprache der Magie beigebracht hättest... Ich rate dir nicht, deine Freunde oder Familienangehörigen von dir zu stoßen. Das wäre Torheit. Aber merk dir gut, was auf dem Spiel steht: das Schicksal Alagaësias. Wenn wir jetzt versagen, wird sich Galbatorix’ Tyrannei auf alle Völker ausdehnen und seine Schreckensherrschaft wird vermutlich nie enden. Du bist die Speerspitze unserer Bemühungen, und wenn diese Speerspitze bricht oder verloren geht, dann prallt der Speer von der Rüstung unseres Feindes ab und wir sind alle verloren.«
Moosflechten rissen unter Eragons Fingern, als er sie in den Rand des Wasserbeckens krallte. Er musste schlucken, um nicht mit der unverschämten Bemerkung herauszuplatzen, dass ein gut gerüsteter Krieger außer einem Speer auch noch ein Schwert oder irgendeine andere Waffe besitzen sollte, auf die er im Notfall zurückgreifen konnte. Es verdross ihn, welche Wendung das Gespräch genommen hatte, und er wollte das Thema gern so schnell wie möglich beenden. Er hatte sich nicht an die Königin gewandt, um von ihr wie ein Kind ausgeschimpft zu werden. Dennoch würde es seinem Anliegen nicht förderlich sein, seiner Ungeduld freien Lauf zu lassen, und so blieb er ruhig und erwiderte höflich: »Glaubt mir bitte, Majestät, ich nehme Eure Sorge sehr, sehr ernst. Ich will nur sagen, dass ich mich, wenn ich Roran nicht geholfen hätte, ebenso elend gefühlt hätte wie er, erst recht, wenn er allein versucht hätte, Katrina zu retten, und dabei umgekommen wäre. Auf jeden Fall wäre ich viel zu verärgert gewesen, um für Euch oder irgendjemand anderen von Nutzen zu sein. Können wir uns nicht wenigstens darauf einigen, dass wir in dieser Angelegenheit unterschiedlicher Meinung sind? Keiner von uns sollte den anderen überzeugen wollen.«
»Na schön«, sagte Islanzadi. »Wir werden die Sache ruhen lassen... vorläufig. Aber glaube nicht, dass du damit einer gründlichen Untersuchung deiner Handlungsweise entgehst, Eragon Drachenreiter. Mir scheint, du nimmst deine große Verantwortung zu sehr auf die leichte Schulter, und das ist eine ernste Angelegenheit. Ich werde mit Oromis darüber reden. Er wird entscheiden, wie mit dir zu verfahren ist. Und jetzt erzähle mir, warum du um diese Unterredung gebeten hast.«
Eragon musste die Zähne mehrmals zusammenbeißen, bevor er sich überwinden konnte, in höflichem Ton über die Ereignisse des Tages zu sprechen, über die Gründe für sein Verhalten im Hinblick auf Sloan und darüber, welche Bestrafung er sich für ihn vorstellte.
Als er fertig war, fuhr Islanzadi herum und schritt mit katzenartiger Behändigkeit das Rund des Zelts ab, blieb dann stehen und sagte: »Du bist mitten im Imperium zurückgeblieben, um das Leben eines Mörders und Verräters zu retten. Du bist allein mit diesem Mann unterwegs, zu Fuß, ohne Proviant und Waffen außer Magie, und die Feinde sind dir auf den Fersen. Ich sehe, meine Ermahnungen waren mehr als gerechtfertigt. Du...«
»Majestät, wenn Ihr unbedingt verärgert über mich sein müsst, dann seid es bitte später. Ich möchte das hier schnell klären, damit ich vor Sonnenaufgang noch etwas Schlaf bekomme. Morgen muss ich viele Meilen zurücklegen.«
Die Königin nickte. »Dein Überleben ist am wichtigsten. Ich werde wütend sein, nachdem wir geredet haben... Was deinen Wunsch betrifft, so etwas ist in unserer Geschichte noch nie vorgekommen. An deiner Stelle hätte ich Sloan getötet und mir das Problem an Ort und Stelle vom Hals geschafft.«
»Ich weiß. Ich habe einmal gesehen, wie Arya einen verletzten Rotfalken tötete. Sie sagte, sein Tod sei unvermeidlich und so erspare sie dem Tier stundenlanges Leiden. Vielleicht hätte ich mit Sloan dasselbe tun sollen, aber ich konnte es nicht. Es wäre ein Schritt gewesen, den ich für den Rest meines Lebens bedauert hätte, oder noch schlimmer, der es
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