Die Weisheit des Feuers
Hammerfaust!«, riefen sie freundlich.
»Seid gegrüßt!«, erwiderte er.
Komisch,
dachte er,
wenn einen Leute kennen, denen man noch nie zuvor begegnet ist.
Kurz darauf erreichte er das Zelt, das sein neues Zuhause war, und betrat es geduckt. Er verstaute Pfeil und Bogen und das Schwert, das die Varden ihm gegeben hatten.
Er nahm seinen Wasserschlauch vom Bett, eilte damit wieder in den hellen Sonnenschein hinaus, zog den Pfropfen aus dem Schlauch und schüttete sich den Inhalt über den Rücken und die Schultern. Bäder waren für Roran ein eher seltenes Ereignis, aber ihm stand eine wichtige Begegnung bevor, für die er frisch und sauber sein wollte. Mit der scharfen Kante eines polierten Holzstücks schrubbte er den Schmutz von Armen und Beinen und entfernte den Dreck unter den Fingernägeln, dann kämmte er sich und stutzte seinen Bart.
Zufrieden, wieder vorzeigbar zu sein, zog er sein frisch gewaschenes Wams an, schob den Hammer unter den Gürtel und wollte sich gerade auf den Weg machen, als er Birgit bemerkte, die hinter dem Zelt stand und ihn beobachtete. Sie hielt einen noch in der Scheide steckenden Dolch mit beiden Händen umklammert.
Roran erstarrte, bereit, seinen Hammer beim geringsten Anlass zu zücken. Er wusste, dass er in Lebensgefahr war, denn er ging trotz seiner Kraft nicht davon aus, Birgit mühelos besiegen zu können. Genau wie er kämpfte sie mit absoluter Entschlossenheit gegen ihre Feinde.
»Du hast mich einmal um Hilfe gebeten«, sagte Birgit, »und ich habe eingewilligt, denn ich wollte die Ra’zac finden und töten, weil sie meinen Mann aufgefressen haben. Habe ich mein Wort gehalten?«
»Ja, das hast du.«
»Und erinnerst du dich an mein Versprechen, dass ich nach dem Tod der Ra’zac von dir Genugtuung verlangen würde, für die Rolle, die du bei Quimbys Tod gespielt hast?«
»Ich erinnere mich.«
Birgit packte den Dolch noch fester. An ihren Fäusten traten die Adern hervor. Die Klinge glitt einen Zollbreit aus der Scheide heraus, blitzte auf, dann sank sie wieder in die Dunkelheit zurück. »Gut«, sagte die Frau. »Vergiss das nicht, Sohn von Garrow. Ich werde Genugtuung bekommen. Da kannst du sicher sein.« Mit raschen, entschlossenen Schritten ging sie davon, den Dolch nun in den Falten ihres Kleides verborgen.
Roran atmete erleichtert aus und setzte sich auf einen nahen Schemel. Er rieb sich die Gurgel, überzeugt, gerade haarscharf dem Tod entgangen zu sein. Birgits Besuch beunruhigte ihn, kam aber nicht überraschend. Er wusste seit Monaten von ihrem Ansinnen. Seit sie Carvahall verlassen hatten, war ihm klar, dass er die Angelegenheit eines Tages würde klären müssen.
Ein Rabe flog über ihn hinweg, und während er ihm nachschaute, besserte sich seine Laune und er lächelte. »Tja«, sagte er leise.
Ein Mensch weiß nur selten, wann und wie er stirbt. Ich könnte jederzeit tot umfallen. Alles kommt so, wie es kommen soll. Ich werde das mir geschenkte Leben nicht mit Grübeleien vergeuden. Unglück widerfährt immer denen, die darauf warten. Der Trick besteht darin, das Glück in den kurzen Pausen zwischen den Katastrophen zu finden. Birgit wird tun, was ihr Gewissen ihr befiehlt, und damit beschäftige ich mich, wenn es so weit ist.
Neben seinem linken Fuß lag ein gelblicher Stein. Er hob ihn auf und rollte ihn zwischen den Fingern. Er konzentrierte sich voll und ganz darauf und sagte:
»Stenr rïsa.«
Der Stein rührte sich kein bisschen. Schnaubend warf er ihn fort.
Während er zwischen den Zelten in nördlicher Richtung weiterschlenderte, versuchte er, einen Knoten im Kragenband zu lösen, gab seine Bemühungen aber auf, als er bei Horsts Zelt ankam, das doppelt so groß war wie seines. »Hallo da drinnen«, sagte er und klopfte an den Holzpfosten zwischen den beiden Eingangsplanen.
Katrina kam mit wehenden Haaren herausgestürmt und fiel ihm um den Hals. Lachend hob er sie hoch und schwang sie herum. Die ganze Welt verwischte außer Katrinas Gesicht, dann stellte er sie wieder auf die Füße. Sie gab ihm einen, zwei, drei schnelle Küsse auf die Lippen. Ruhig schaute er ihr in die Augen und konnte sich nicht entsinnen, jemals glücklicher gewesen zu sein.
»Du riechst gut«, sagte sie.
»Wie geht’s dir?« Seine Freude trübte einzig und allein der Umstand, wie schmal und blass Katrina durch die Gefangenschaft geworden war. Es ließ ihn wünschen, er könnte die Ra’zac wiederauferstehen lassen und ihnen das gleiche Leid zufügen, das
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