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Die Weisheit des Feuers

Die Weisheit des Feuers

Titel: Die Weisheit des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Paolini
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ihm aber nicht mehr Schmerzen, als wenn er auf ein mit mehreren Stofflagen gepolstertes Brett geschlagen hätte. Dadurch ermutigt, holte er Broms Ring aus seinem Bündel und steckte den kühlen Goldreif an. Dabei überzeugte er sich, dass der anschließende Höcker höher war als die Ringfassung. Dann hieb er erneut gegen den Stein. Es gab lediglich ein leises Geräusch wie von Leder, das auf etwas Hartes trifft.
    »Was machst du da?« Arya spähte durch einen Schleier schwarzen Haares zu ihm herüber.
    »Nichts.« Dann streckte er ihr die Hände hin. »Ich dachte, es sei eine gute Idee, da ich wahrscheinlich wieder einmal zuschlagen muss.«
    Die Elfe betrachtete seine Fingerknöchel. »Damit wirst du Schwierigkeiten haben, Handschuhe zu tragen.«
    »Ich kann sie ja zur Not aufschneiden.«
    Sie nickte und starrte wieder ins Feuer.
    Eragon lehnte sich auf die Ellbogen zurück und streckte die Beine aus, zufrieden, dass er jetzt auf alles vorbereitet war, was ihm in unmittelbarer Zukunft an Kämpfen bevorstehen mochte. Weiter wagte er vorläufig nicht zu denken. Ansonsten würde er sich nur wieder fragen, wie er und Saphira mit Murtagh oder Galbatorix fertig werden sollten, und Panik würde ihm ihre eiskalten Klauen ins Fleisch schlagen.
    Er heftete den Blick auf das Zentrum des flackernden Feuers. Dort, in dem flirrenden Inferno, suchte er zu vergessen, welche Pflichten und welche Verantwortung auf ihm lasteten. Doch das unaufhörliche Tänzeln der Flammen versetzte ihn bald in einen Zustand zwischen Wachen und Träumen, in dem unzusammenhängende Bruchstücke von Gedanken, Geräuschen, Bildern und Empfindungen durch seinen Kopf wirbelten wie Schneeflocken am Winterhimmel. Und inmitten dieses Schneetreibens tauchte das Gesicht des Soldaten wieder auf, der um sein Leben gebettelt hatte. Wieder sah Eragon ihn weinen und wieder hörte er sein verzweifeltes Flehen und wieder spürte er, wie sein Genick brach wie ein nasser Ast im Wald.
    Gequält von diesen Erinnerungen, biss Eragon die Zähne zusammen und atmete schwer durch die Nase. Kalter Schweiß brach ihm am ganzen Körper aus. Er warf sich hin und her und versuchte verzweifelt, den hartnäckigen Geist des Soldaten zu vertreiben, aber es nützte nichts. 
Lass mich in Ruhe!,
 rief er. 
Ich kann nichts dafür. Galbatorix solltest du heimsuchen, nicht mich. Ich wollte dich nicht umbringen!
    Irgendwo in der Dunkelheit heulte ein Wolf. Aus verschiedenen Richtungen antwortete eine Anzahl anderer Wölfe, deren Stimmen sich zu einer dissonanten Melodie verbanden. Der schaurige Gesang ließ Eragons Kopfhaut kribbeln und er bekam eine Gänsehaut. Dann verschmolz das vielstimmige Geheul einen Moment lang zu einem einzelnen Ton, der dem Schlachtruf eines angreifenden Kull glich.
    Eragon rutschte unbehaglich hin und her.
    »Was ist los?«, fragte Arya. »Sind es die Wölfe? Sie tun uns nichts. Sie bringen bloß ihren Welpen bei, wie man jagt, und sie werden ihre Jungen nicht an Geschöpfe heranlassen, die so seltsam riechen wie wir.«
    »Es sind nicht die Wölfe da draußen«, erwiderte Eragon und schlang sich die Arme um den Leib. »Es sind die da drin.« Er tippte sich an die Stirn.
    Arya nickte. Es war eine ruckartige, vogelähnliche Bewegung, die verriet, dass sie kein Mensch war, auch wenn sie menschliche Gestalt angenommen hatte. »Das ist immer so. Die Ungeheuer 
in
 uns sind viel schlimmer als die real existierenden. Angst, Zweifel und Hass haben schon mehr Menschen gelähmt, als es Tiere je vermocht hätten.«
    »Und Liebe«, sagte er.
    »Und Liebe«, gab sie zu. »Und auch Habgier und Neid und jeder andere zwanghafte Trieb, für den die fühlenden Völker empfänglich sind.«
    Eragon musste an Tenga denken, der ganz allein in dem zerstörten Elfenaußenposten Edur Ithindra lebte, gebeugt über seinen kostbaren Schatz alter Schriften, auf der Suche, immer auf der Suche nach der flüchtigen »Antwort«. Doch er zögerte, den Eremiten Arya gegenüber zu erwähnen, denn ihm war jetzt nicht danach zumute, über diese seltsame Begegnung zu reden. Stattdessen fragte er sie: »Macht es dir etwas aus zu töten?«
    Aryas grüne Augen wurden schmal. »Weder ich noch der Rest meines Volkes essen Fleisch, weil wir es nicht ertragen können, einer anderen Kreatur Schmerzen zuzufügen, um unseren Hunger zu stillen, und da hast du die Unverschämtheit zu fragen, ob es uns etwas ausmacht zu töten? Kennst du uns wirklich so schlecht, dass du uns für eiskalte Mörder

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