Die Weisheit des friedvollen Kriegers
Nahrungsdoktrinen wahrscheinlich nicht unbedingt folgen.)
Trotzdem: Sich mit dem grundlegendsten Bereich des Lebens zu beschäftigen – für sich selbst herauszufinden,
welche Ernährungsweise die richtige ist – ist ein wichtiger Schritt auf dem Pfad des Kriegers. Wofür wir uns auch entscheiden, wir müssen uns bewusst sein, was wir essen, wie wir essen, wie viel und wann. Wenn wir unseren Körpergeist an eine erfülltere, intensivere Lebensweise gewöhnen wollen, gehört richtiges Essen genauso dazu wie richtige Atmung, Haltung und Wortwahl.
Ich spreche mich für keine bestimmte Philosophie oder Methode aus, denn keine Formel hat für jeden Einzelnen Gültigkeit. Körper und Verdauungssystem sind zwar bei allen Menschen ziemlich ähnlich, aber es gibt eben doch auch individuelle Unterschiede: Manche von uns essen von Natur aus schneller beziehungsweise langsamer als andere, die einen kauen länger, die anderen weniger. Und je nach kulturellen, regionalen oder genetischen Hintergründen verdauen die einen bestimmte Lebensmittel leichter als andere.
Joseph, ein früherer Schüler und Freund von Socrates, war ein Meister in der Zubereitung rohen Gemüses. Und das schmeckte vielleicht! Für ihn war es eine Kunstform, keine Religion. Joseph sagte mir einmal: »Iss mehr von den Sachen, die gut für dich sind, und weniger von den anderen. Experimentiere, achte darauf, wie es dir damit geht, und finde heraus, was für dich richtig ist.« Besser könnte ich es auch nicht ausdrücken.
Vorübergehend oder zur Heilung kann eine leichtere, reinigende, verjüngende oder ausgleichende Kost durchaus angeraten sein; daraus jedoch eine ständige Ernährungsweise zu machen ist nicht erforderlich. Ich persönlich esse aus einer Reihe ethischer, gesundheitlicher, ökologischer und ästhetischer Gründen seit etwa vierzig
Jahren kein Fleisch mehr, aber das muss nicht sein. Ungefähr fünf Jahre habe ich es auch mit einer strikt veganen Ernährung (keinerlei tierische Produkte) versucht, stellte aber fest, dass es mir besser ging, wenn ich auch Milchprodukte und Eier zu mir nahm. In der letzten Zeit esse ich sogar hin und wieder einmal Fisch. Ein Jahr lang habe ich völlig auf raffinierten Zucker verzichtet, doch im Moment gönne ich mir gelegentlich auch wieder einmal etwas Süßes.
Manche von uns suchen genauso intensiv nach der perfekten Ernährung, wie man vielleicht nach einem Seelenpartner sucht. Lassen wir uns aber nicht von Ernährungsgurus ins Bockshorn jagen, die meinen, über die einzige, allein selig machende Wahrheit zu verfügen. Manche Leute sind vielleicht wirklich Ernährungs-oder Gesundheitsexperten. In Bezug auf seinen Körper ist aber jeder von uns Experte. Hören wir also ruhig, was uns die Weisen zu sagen haben. Im Übrigen sollten wir es halten wie sonst auch: experimentieren und selbst herausfinden, was für uns gut ist.
Fasten
»Dies hier ist die letzte (Mahlzeit), die du für eine Woche bekommen wirst.« Und dann verordnete mir Socrates ein reinigendes Heilfasten, das hiermit beginnen sollte. Nur noch verdünnte Fruchtsäfte und Kräutertee sollten meine Stärkung sein.
(…)
»Später wirst du keine solchen Regeln mehr brauchen«, sagte er. »Einstweilen aber musst du auf Dinge wie weißen Zucker,
raffiniertes Mehl, Fleisch und Eier verzichten. Kaffee, Alkohol und Tabak sind sowieso verboten. Nur frische, unverfeinerte, naturbelassene Lebensmittel, ohne chemische Zusätze, darfst du zu dir nehmen. Zum Frühstück Obst, so viel du willst, dazu Quark oder Joghurt. Zu Mittag, deiner Hauptmahlzeit, nimmst du frischen Salat und Rohkost, gebackene oder gedämpfte Kartoffeln, vielleicht etwas Käse, dazu Vollkornbrot oder gekochtes Getreide. Abends gibt es dann wieder frischen Salat aus rohem Gemüse oder manchmal gedünstete Gemüse. Zu jeder Mahlzeit kannst du reichlich ungesalzene Samen, wie Sesam und Sonnenblumenkerne, und Nüsse essen.«
Zugelassen zu haben, dass mir Socrates eine bestimmte Ernährung »verordnete«, scheint ein Widerspruch zu dem zu sein, was ich im vorhergehenden Abschnitt geschrieben habe: dass man sich nämlich von keinem vorschreiben lassen sollte, was man zu essen habe. Socrates empfahl mir jedoch nur eine vorübergehende Diät, die mir helfen sollte, meine Tendenz zur unbewussten Allesfresserei abzulegen. Genau wie ein Tennislehrer Trainingsvorschläge macht, gab mir Socrates eben Ratschläge für meine Ernährung.
Für manche Menschen ist Fasten eine nützliche
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