Die Weiße Burg
machte. Beonin zeigte ein so schönes Lächeln, dass es wie ein Verbrechen erschien, es zu zerstören.
Egwene hob die Stimme gerade genug, um gehört zu werden. »Ihr werdet Euch an Varilin und die anderen wenden, die Delana genannt hat, und arrangieren, in die Weiße Burg gelassen zu werden. Das sind die Bedingungen, die ich akzeptieren werde: Elaida muss abdanken und ins Exil gehen.« Denn Elaida würde niemals die Schwestern wieder aufnehmen, die gegen sie rebelliert hatten. Eine Amyrlin konnte nicht bestimmen, wie sich eine Ajah selbst verwaltete, aber Elaida hatte verkündet, dass Schwestern, die aus der Burg flohen, nicht länger einer Ajah angehörten. Demzufolge mussten sie eine Wiederaufnahme in ihre Ajah erbitten, nachdem sie ihre Strafe abgeleistet hatten. Elaida würde die Burg nicht wieder einen, sondern sie noch schlimmer zerschlagen, als es ohnehin schon geschehen war. »Das sind die einzigen Bedingungen, die ich akzeptieren werde, Beonin. Die Einzigen . Habt Ihr mich verstanden?«
Beonin verdrehte die Augen, und sie wäre vom Pferd gefallen, hätte Morvrin sie nicht gestützt. Sie murmelte etwas Unhörbares, während die Graue sie aufrecht hielt und ihr auf die Wangen schlug, und zwar nicht gerade sanft. Alle anderen starrten Egwene an, als hätten sie sie noch nie zuvor gesehen. Das tat selbst Delana, die vom ersten ihrer Worte an geplant haben musste, dass etwas Ähnliches geschah. Beonins Ohnmachtsanfall hatte sie anhalten lassen, und der Kreis aus Soldaten zog sich nach einem gebrüllten Befehl von Lord Gareth um sie zusammen. Einige starrten die Aes Sedai an, und obwohl ihre Gesichter hinter den Visieren verborgen lagen, war ihre Besorgnis unverkennbar.
»Es ist Zeit, ins Lager zurückzukehren«, sagte Egwene mit ruhiger Stimme. Was getan werden musste, musste getan werden. Vielleicht hätte eine Kapitulation die Burg wieder geeint, aber sie konnte das nicht glauben. Und jetzt kam es vielleicht dazu, dass auf den Straßen von Tar Valon Aes Sedai gegeneinander antraten - falls ihr Plan fehlschlug. »Wir haben zu tun«, sagte sie und nahm die Zügel.
»Und wir haben nicht mehr viel Zeit.« Sie betete, dass sie noch reichte.
KAPITEL 3
Geheimnisse
Sobald Delana zu der Überzeugung gelangte, dass ihre giftige Saat aufgegangen war, murmelte sie etwas davon, dass es besser war, wenn man sie nicht zusammen im Lager ankommen sah, und setzte sich ab; sie trieb ihre Stute zu einem schnellen Trab durch den Schnee an und ließ den Rest von ihnen in unbehaglichem Schweigen zurück, das nur von den Hufen ihrer Pferde durchbrochen wurde. Die Behüter behielten ihren Abstand bei, und die eskortierenden Soldaten musterten wieder die Bauernhöfe und das Unterholz, ohne den Aes Sedai auch nur noch einen Blick zu widmen; jedenfalls soweit Egwene sehen konnte. Aber Männer wussten nie, wann sie den Mund halten mussten. Wenn man einem Mann befahl, kein Wort zu sagen, ließ ihn das nur noch mehr klatschen, natürlich nur mit engen Freunden, denen er vertrauen konnte, als würden die es nicht wiederum jedem weitererzählen, der zuhören mochte. Bei den Behütern war das vermutlich anders - die Aes Sedai, die Behüter hatten, beharrten stets darauf, dass es so war -, aber zweifellos würden die Soldaten von den sich streitenden Schwestern erzählen, und genauso zweifellos würden sie behaupten, dass Delana mit einem Floh im Ohr fortgeschickt worden war. Die Frau hatte das alles sorgfältig geplant. Wenn man dieser Saat erlaubte zu wachsen, würde sie schlimmer als Feuerkraut oder Würgepflanzen wuchern, aber die Sitzende der Grauen hatte sich sehr geschickt von jeder Schuld distanziert. Am Ende kam fast immer die Wahrheit ans Licht, aber am Ende war die Wahrheit oft so von Gerüchten und Spekulationen und glatten Lügen umgeben, dass die meisten Leute sie nicht länger glaubten.
»Ich muss wohl nicht fragen, ob eine von euch schon zuvor davon gehört hatte«, sagte Egwene beiläufig und schien dabei die Landschaft zu studieren, aber sie war erfreut, als jede dies sofort mit beträchtlicher Empörung zurückwies, Beonin eingeschlossen, die ihren Kiefer bewegte und Morvrin böse anschaute. Egwene vertraute ihnen, soweit sie es wagen konnte - sie hätten ihr nicht die Treue schwören können ohne den festen Willen, sich buchstäblich daran zu halten; es sei denn, sie wären Schwarze Ajah gewesen, eine unwahrscheinliche Möglichkeit, die aber den größten Teil ihrer Vorsicht begründete -, doch selbst Treueide
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