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Die weiße Garde

Die weiße Garde

Titel: Die weiße Garde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Ausmarsch nach Post-Wolynski so dringend war. Jetzt aber, da das Bataillon einigermaßen komplettiert ist …«
    »Höchst lobenswert … gut«, sagte der Oberst und sah Myschlajewski tatsächlich höchst lobend in die Augen. »Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Also … ach ja, Doktor? Sie wollen auch zu uns?«
    Turbin neigte schweigend den Kopf, um nicht mit seinem Persianerkragen »Jawohl!« zu antworten.
    »Hm …«, der Oberst sah aus dem Fenster. »Wissen Sie, dieser Gedanke ist natürlich gut. Zumal in den nächsten Tagen wahrscheinlich … Tja …« Er hielt plötzlich inne, verkniff die Äuglein und fuhr mit gesenkter Stimme fort: »Nur, wie soll ich mich ausdrücken … Eine Frage wäre noch zu klären, Herr Doktor. Die sozialen Theorien und … hm … Sie sind doch Sozialist? Nicht wahr? Wie alle intelligenten Menschen?« Seine Augen sprangen zur Seite, seine ganze Gestalt, die Lippen und die süßliche Stimme drückten den lebhaften Wunsch aus, daß Doktor Turbin sich als Sozialist und nichts anderes erweise. »Unsere Division heißt Studentendivision.« Der Oberst lächelte innig, ohne die Augen zu zeigen. »Natürlich, es klingt etwas sentimental, aber ich selbst, wissen Sie, bin von der Universität.«
    Turbin war höchst erstaunt und enttäuscht. Teufel … Wieso hatte Karausche … Er spürte ihn in diesem Moment rechts von sich und merkte, ohne hinzusehen, daß der krampfhaft bemüht war, ihm etwas zu verstehen zu geben, aber was, konnte er nicht erraten.
    »Ich bin leider nicht Sozialist, sondern … Monarchist«, schoß Turbin plötzlich heraus, und seine Wange zuckte. »Ich kann sogar, das muß ich gestehen, das Wort ›Sozialist‹ nicht ertragen. Von allen Sozialisten hasse ich am meisten Alexander Fjodorowitsch Kerenski.«
    Aus Karausches Mund hinter Turbins rechter Schulter flog ein Laut. Ärgerlich, daß ich mich von Karausche und Vitja trennen muß, dachte Turbin, aber hol der Teufel diese soziale Division!
    Die Augen des Obersts kehrten augenblicklich in sein Gesicht zurück, glänzend und funkelnd. Er winkte mit der Hand, als wolle er Turbin höflich den Mund verschließen, und sagte:
    »Das ist traurig. Hm … sehr traurig. Die Errungenschaften der Revolution und so weiter … Ich habe Befehl von oben, die Komplettierung mit monarchistischen Elementen zu vermeiden, da die Bevölkerung … Eine gewisse Zurückhaltung ist notwendig. Außerdem der Hetman, mit dem wir in enger und unmittelbarer Verbindung stehen, wie Sie wissen … traurig, traurig …«
    Aber die Stimme des Obersts drückte dabei keineswegs Trauer aus, im Gegenteil, sie klang sehr froh, und seine Augen befanden sich in völligem Widerspruch zu dem, was er sagte.
    Ah so, dachte Turbin erleuchtet, ich bin ein Dummkopf, aber dieser Oberst ist gar nicht dumm. Wahrscheinlich ein Karrierist, nach dem Gesicht zu urteilen, aber das macht nichts.
    »Ich weiß nicht recht … Im gegenwärtigen Augenblick«, der Oberst betonte das Wort »gegenwärtig«, »im gegenwärtigen Augenblick, wie gesagt, ist unsere unmittelbare Aufgabe, die STADT und den Hetman vor den Petljurabanden und wahrscheinlich vor den Bolschewiken zu schützen. Und dann, dann werden wir sehen. Darf ich erfahren, Herr Doktor, wo Sie bis jetzt gedient haben?«
    »Neunzehnhundertfünfzehn, nachdem ich die Universität extern absolviert hatte, habe ich in der venerologischen Klinik, dann als Assistenzarzt im Belgoroder Husarenregiment und später als Lazarettordinator gearbeitet. Zur Zeit bin ich demobilisiert und betreibe eine Privatpraxis.«
    »Junker!« rief der Oberst. »Bitten Sie den diensthabenden Offizier zu mir.«
    Ein Kopf verschwand in der Vertiefung, dann erschien vor dem Oberst ein junger Offizier, dunkelhaarig, lebhaft und energisch. Er trug eine runde Pelzmütze mit roter Tuchspitze, auf der sich zwei Litzen kreuzten, einen langen Militärmantel à la Myschlajewski mit straffgezogenem Koppel und Revolver. Seine zerknitterten goldenen Schulterstücke wiesen ihn als Stabskapitän aus.
    »Hauptmann Studzinski«, sprach der Oberst ihn an, »schicken Sie bitte an den Stab des Befehlshabers ein Schreiben wegen der sofortigen Versetzung des Leutnants … äh …«
    »Myschlajewski«, sagte Myschlajewski salutierend.
    »… Myschlajewski entsprechend seiner Ausbildung aus dem zweiten Bataillon zu uns. Und dann noch ein Schreiben, daß ich den Arzt … äh …«
    »Turbin.«
    »… Turbin dringend als Divisionsarzt benötige. Wir bitten um seine

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