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Die weiße Hexe

Titel: Die weiße Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Maria Hilliges
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fand die anglikanische Trauerfeier für Victor und William statt, die ich arrangiert hatte.
    Sunny ließ es sich nicht nehmen, in der ersten Reihe zu sitzen.
    Nach einem letzten Empfang für die Mitarbeiter, von denen manche meine Wehmut gespürt haben mögen, fuhr ich nach Hause und ließ mir von Simon scharfes Ziegenfleischcurry servieren. Traurig und allein aß ich, während Felicitas und Sunny oben Schweinchen spielten. Das Essen war schärfer als sonst, oder vielleicht kam es mir auch nur so vor; während einer Schwangerschaft verändert sich ja auch das Geruchs- und Geschmacksempfinden. Ich spülte mit viel Wasser nach. Durch die Schärfe des Currys merkte ich erst zu spät, daß im Mund ein leicht bitterer Geschmack zurückblieb. Ich machte Simon darauf aufmerksam, doch der verstand nicht.
    „Ich habe gekocht wie immer. Soll ich Madam eine andere Speise servieren?“
    Früh zog ich mich zu meiner letzten Nacht in Victors Bett zurück. Im Verlauf der nächsten Stunden erbrach ich mehrmals, was ich auf die Schwangerschaft schob. Am frühen Morgen bekam ich starke Blutungen, mein Körper glühte. Mir fiel Yemis Schwangerschaft ein, ihr schreckliches Sterben in der Klinik. Panik ergriff mich. Ich hatte es fast geschafft, ein paar Stunden später sollte mein Flugzeug zurück nach Deutschland gehen! Mit Bauchkrämpfen schleppte ich mich ins Bad, ließ das lauwarme Wasser von den Tanks auf dem Dach in die Badewanne rauschen und rief Abiola an, meinen letzten Vertrauten.
    Im lauwarmen Wasser der Wanne erlitt ich eine Fehlgeburt, bevor Abiola eintraf. Er hatte seinen Vetter mitgebracht, der mich sofort in seine Privatklinik mitnahm. Abiola erzählte mir später, daß mein Unglück das ganze Haus aufgeweckt hatte und sogar Sunny erschienen war, um nach mir zu sehen. Ich kann mich daran nicht mehr erinnern; das einzige, was ich noch weiß, ist eine unsagbar große Verzweiflung, die sich über mich legte wie eine schwere dunkle Decke, unter der ich zu ersticken drohte.

    In der Privatklinik von Abiolas Vetter wurde mein Zustand stabilisiert, aber mein eigener Körper war mir vollkommen gleichgültig geworden. Tagelang lag ich da, als wäre ich selbst gestorben. Meine Gedanken kreisten immer um dieselbe Frage: Ich hatte versagt, nicht genügend auf Victors Baby aufgepaßt. Diese Schuld war nicht wiedergutzumachen.
    Der Tod unseres Kindes traf mich beinahe noch härter als der von Victor. Da hatte ich so um Victors Seele gekämpft und ihr dann durch die Frühgeburt den Weg zurück auf die Erde genommen. In diesen düsteren Tagen beschuldigte ich mich, Victor endgültig getötet zu haben, weil ich seine Wiedergeburt unmöglich gemacht hatte.
    Meine Depression trieb mich sogar so weit, daß ich meine ganze Existenz in Frage stellte, alles, was ich in meinem Leben getan hatte. Und ich gab mir die alleinige Schuld daran, daß ich mich von meinen beiden Kindern entfremdet hatte. Ich fühlte mich wie in der Hölle, unfähig, ihr jemals wieder entkommen zu können. Jeder Antrieb, meine Situation etwa durch den Rückflug zu verändern, war weg. Wenn die Ärzte mich in dieser Klinik vergessen hätten, so wie knapp zwei Jahre zuvor Yemi - mich selbst hätte das am allerwenigsten interessiert.
    Abiola besuchte mich in dieser entsetzlichen Zeit häufig, saß stundenlang an meinem Bett. Aber ich hörte seine Worte voller Mitgefühl und seine Aufmunterungsversuche nicht. In den Wochen zuvor hatte ich ihm viel von Mila erzählt. Und dann stand sie eines Nachmittags an meinem Bett, rund und mütterlich, eingehüllt in Hunderte von verschiedenen Düften, eingewickelt in bunte Stoffe, behängt mit Schmuck und Amuletten. Ein großer, bunter Paradiesvogel war in meine graue Traurigkeit vorgedrungen, um mich auf seine Schwingen zu heben und fortzubringen. Zurück ins Leben.
    „Du siehst gar nicht gut aus, sister. Was hat der Leopard mit dir gemacht, he?“ Sie ließ die Zunge schnalzen und wackelte mit dem Kopf. „Sister, ich glaube, du brauchst Hilfe.“
    Dann stellte sie mir behutsam Fragen nach dem Abend vor der Fehlgeburt. Zum Beispiel, was ich gegessen hatte. Ich sah mich am Tisch sitzen, hörte, wie ich mich über das unglaublich scharfe Ziegen-Curry und das bittere Wasser beschwerte.
    „Alligator-Pfeffer, sister. Die weisen Frauen verwenden ihn, um einen Abort herbeizuführen“, sagte Mila ernst.
    Ich hatte mich von meiner eigenen Misere zu weit entfernt, um das verstehen zu können. Mila erinnerte mich an einen ungleichen Kampf, in

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