Die weiße Hexe
Hufschlag eines Pferdes, bezog ihn aber natürlich nicht auf meine Anwesenheit. Das Hufeklappern näherte sich rasend schnell.
Der Mann mit dem Whisky musterte mich grinsend, machte aber keine Anstalten, mich zu warnen. Sekundenbruchteile später spürte ich in meinem Nacken den heißen Atem des Pferdes, dann einen Biß in meine Schulter, und schließlich bekam ich einen Huf auf die andere Schulter geknallt. Ich schrie auf, drehte mich um, holte mit der Aktentasche in meiner Hand mächtig Schwung und schlug dem Angreifer, der sich hinter mir hoch aufrichtete, das schwere Ding in die Flanke.
Zwischen seinen Hinterbeinen hatte das Viech einen wohl dreißig Zentimeter langen Stock hängen. Trotz meiner Panik stutzte ich: kein Stock! Das war sein voll ausgefahrener Penis! Das Mistvieh wollte mich besteigen. Ich rannte zum Haus, auf den Mann in der Tür zu, der wollte sich fast ausschütten vor Lachen.
„Tun Sie doch was!“ schrie ich ihn an.
„Eddie, piss off.“ sagte der Trunkenbold ungerührt.
Tatsächlich, das Vieh trabte ab, brüllte dabei zweimal heiser „Iah“.
Also kein Pferd, sondern ein Esel. Ein sexbesessener Esel. Ich blickte ihm kurz hinterher, fassungslos. Bei der rasanten Abwehrdrehung hatte ich mir den Absatz meiner neuen Lederpumps abgebrochen. Meine linke Schulter brannte von dem Biß, die rechte schmerzte vom Schlag des Hufs. Angeschlagen humpelte ich ins Haus, das Bild einer erfolgreichen Controllerin aus München nur mangelhaft aufrechterhaltend. Meine Güte noch mal, mußte denn mein zweiter Anfang in Afrika noch schlimmer ausfallen als der erste?
Der grinsende Mann goß mir an der Bar ein Glas Whisky ein.
„Willkommen in Afrika. Ich bin Klaus Nickel. Sie sind Frau Wowo?“
Das sollte mein Chef sein? Nickel war Ende Vierzig, etwa eins achtzig groß, hatte dunkles, sich lichtendes Haar. Nicht häßlich, aber schwammig. Immer mit Alkohol in Reichweite. In einem Reflex nahm ich ihm das Glas aus der Hand, stellte es aber sogleich angewidert irgendwo hin. „Wo ist das Bad?“
Statt einer Antwort trat eine große, dunkelblonde Frau von vielleicht Mitte Vierzig, die ähnlich derangiert wirkte wie Nickel, auf mich zu.
Sie trug einen hellroten, tief ausgeschnittenen Hänger, der ihre schlaffen Brüste bei jeder Bewegung freigab. „Ich bin Gerda Nickel.
Ich zeige Ihnen das Bad, Sie sind ja völlig erschossen, meine Liebe.“
Sie führte mich durch die wohl vierzig Quadratmeter große Wohn-halle, wobei sie unübersehbar Schlagseite hatte. Ich faßte es nicht!
Dieses Ehepaar repräsentierte einen multinational operierenden deutschen Konzern! Übte ich eine magische Anziehungskraft auf Irre aus?!
Gerda Nickel hatte wenigstens einen Vorteil - die gleiche Schuhgröße wie ich, so daß ich den Rest des Abends nicht barfuß oder humpelnd herumtappen mußte. Nachdem ich mich eine Ewigkeit lang im Bad frischgemacht und meine angeknabberte Schulter ausgiebig vor dem Spiegel untersucht hatte, wagte ich mich wieder hinaus.
Bei meinem Eintritt in dieses seltsame Haus hatte ich es wohl nicht bemerkt, aber die Bude war bei meiner Rückkehr voll mit Menschen.
Hier war keiner nüchtern, jeder schwitzte seinen Whisky ins nasse Hemd. Schüchtern blickte ich mich um. Ich fühlte mich wie ein Fremdkörper. Eine Weiße unter Weißen - und doch nicht dazugehörend.
Ein Mann von Anfang Dreißig trat auf mich zu. Mittelgroß, eigentlich ganz passabel aussehend. Er fuhr sich durchs blonde Haar, lächelte gewinnend, Frischfleisch witternd. „Neu in Afrika, was?“ eröffnete er.
„Wie man's nimmt...“
Er musterte mich neugierig. „Warum sind Sie hier?“ Er gab mir keine Chance zu einer Antwort, sondern fuhr fort: „Es gibt nur drei Gründe, warum Weiße nach Afrika kommen: Sex, Abenteuerlust oder Geld.“ Er lachte zynisch: „Aber in Afrika ist das alles ja eigentlich ein Grund. Du kommst aus Abenteuerlust, suchst Sex und verlierst Geld.“
Bernd Waltersdorf, ein Ingenieur, war einer der nettesten bei der Strengfurt AG in Lagos. In meiner Einschätzung in Sachen
„Frischfleisch“ hatte ich mich glücklicherweise in ihm getäuscht.
Bernds ständige Begleiterin war eine baumlange, extrem schlanke Schwarze von fotomodellhafter Schönheit. Sie zog ihm jeden Dollar, jeden Naira, jede Mark aus der Tasche, doch das war ihm egal. Das gehörte zu seiner männlichen Sicht der Welt.
„Dafür ist sie mir treu. Es gibt zu viele Krankheiten, die man sich hier holen kann. Außerdem kann man den Afrikanern
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