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Die weiße Hexe

Titel: Die weiße Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Maria Hilliges
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auch ein traumhaft schöner Moment. Mitten in der ursprünglichen Natur neben einem Mann, der meine Nähe genoß. Ich entspannte mich und ließ mir sanft den Nacken massieren.
    Mila fiel mir ein, die Beraterin. Sie hatte mir nach meiner Rückkehr aus dem Dorf der Hexen doch noch die Kauris geworfen. „Du wirst einen Mann treffen. Er ist anders als alle anderen“, las sie in ihrem Orakel. Aber dann gab sie wieder ihren häßlichen Schnalzlaut von sich. „Du mußt auf euer Glück aufpassen. Da ist etwas, dasgegen eure Liebe arbeitet. Es kann sein, daß es diese Liebe zerstört.“
    Das Orakel sagt dir nur deinen Weg voraus. Wenn du diesen Weg kennst, dann kannst du ihn ändern. Das ist der Sinn des Orakels, hatte sie gesagt.
    Ich genoß Victors Nähe und fragte mich, wie ich unser Glück beschützen könnte. Und überhaupt - vor wem? Vor Löwen und Elefanten? Der Gedanke ließ mich lächeln.
    „Du glaubst nicht an das Schicksal“, sagte Victor. In seiner Stimme schwang leichte Enttäuschung mit.
    „Ich weiß es noch nicht“, erwiderte ich faul und genoß sein Kopfkraulen.
    „Was muß geschehen, damit du es weißt?“ fragte er und beugte sich zu mir runter, um mich zart zu küssen.
    „Das reicht mir erst mal als Beweis.“ Ich lachte und umschlang seinen Kopf mit beiden Armen. Nein, ich wollte keinen Beweis.
    Denn wenn Milas Worte stimmten, dann mußte ich den Moment mehr schätzen als die Zukunft. Nach all dem, was ich durch Mila bereits erfahren hatte, gab es Kräfte außerhalb unserer Vorstellungskraft. Energien, die es zum Beispiel einer Frau in 400
    Kilometer Entfernung möglich machten, mich zu sich rufen.
    „In welcher Religion bist du eigentlich erzogen worden?“ fragte ich Victor später.
    „Anglikanisch“, sagte er, „aber der christliche Glaube scheint mir nicht ausreichend Antworten auf alle Fragen zu geben. Mein Vater hat mir geraten, mich mit der Ifa-Religion zu beschäftigen. Ifa sagt, daß Spirituelles und Materielles eine Einheit sind. Unsere Havarie hier erklärt sich daraus. Der Geist unseres Fahrers befindet sich nicht im Einklang mit der Maschine, die er bedient. Darum versagt sie ihren Dienst, wenn sie am nötigsten gebraucht wird. Wenn wir uns jetzt mit dem Schicksal des kaputten Motors identifizieren, dann werden wir auch versagen. Darum ist es das beste, zu tun, was wir gerade machen. Wir warten ganz entspannt und vergessen das kaputte Auto nach Möglichkeit.“
    „Und wenn uns keiner findet, Victor?“
    „Wir werden gefunden. Sieh mal da, über unserem Auto fliegen große Vögel im Kreis. Das könnten Geier sein.“
    „Victor, die wollen uns fressen!“ rief ich bang.
    Er kraulte mich unbeeindruckt weiter, massierte meine Schläfen.
    „Vielleicht haben sie das vor. Aber gleichzeitig machen sie auf uns aufmerksam.“
    Er hatte recht. Zwei freundliche Park-Ranger erschienen noch vor Sonnenuntergang, ließen uns in ihrenToyota-Geländewagen wechseln und lieferten uns in einem unscheinbaren Hotel ab.
    Hassan mußte seinen Landrover in der Wildnis zurücklassen, worüber er in lautes Wehklagen ausbrach.
    Es gibt, das weiß ich heute, im Yankari-Park eine schöne Hotelanlage, die wie ein afrikanisches Dorf angelegt ist. Die Wildhüter aber schafften uns ins erstbeste Hotel am Rand des Parks. Die gigantischen Termitentürme davor stimmten uns auf eine Übernachtung der besonderen Art ein. Zu essen gab's Erdbeeren, frisch gepflückt auf dem Jos-Plateau, süß und fruchtig. Und zwei Betten mit löchrigen Decken. Heute steht das Hotel bestimmt nicht mehr -die Termiten haben es gewiß längst vertilgt. So wie Koran und Bibel im Nachtschrank. Und die Füße des Nachtschranks. An denen machten sie sich nämlich damals lautstark zu schaffen - ein ständiges Quietschen. Es störte uns nicht. Um wieviel romantischer war es hier, verglichen mit dem perfekten Betonklotz in Kaduna. Ich hätte nie gedacht, daß ich nur kichern würde, wenn mir eine Kakerlake am Bein hochkrabbelt. Victor schnipste sie elegant fort.
    Wäre ich mit John im gleichen „Hotel“ gewesen, hätte ich bestimmt gezetert und die ganze weitere Nacht kein Auge zugetan.
    „Sind das Hunde, die da bellen“, fragte ich.
    „Hört sich wie Affen an“, sagte Victor.
    Da fiel draußen laut scheppernd ein metallischer Gegenstand zu Boden.
    „Affen?“ fragte ich.
    „Wahrscheinlich Hyänen“, murmelte Victor. „In den Mülltonnen sind bestimmt Abfälle, die sie sich holen.“
    „Hast du keine Angst?“
    „Hyänen fressen

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