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Die weiße Hexe

Titel: Die weiße Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Maria Hilliges
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mich zu seinen Gesprächen mit, stellte mich als „eine Freundin aus Deutschland“
    vor. In Deutschland waren damals elektrische Schreibmaschinen Standard, wurden die ersten Computer in die Büros gestellt, die Zeitungen schafften gerade den Bleisatz ab. Hier klapperten alte Remingtons, doch die Leute waren glücklich. Endlich durften die Zeitungsmacher drucken, was sie wollten. Unter dem gewählten Präsidenten Shehu Shagari herrschte für kurze Zeit Pressefreiheit.
    Victor wollte die Pferderennbahn und den angegliederten Poloplatz der Stadt sehen, eine staubige Angelegenheit. In den Ställen fachsimpelte der Verlegersohn mit den Stallburschen. Das war eher seine Welt als der altertümliche Verlag. Nicht weit vom Poloplatz lag unser Hotel, das damals gerade fünf Jahre junge Hotel „Durbar“. Es verfügte sogar über Fernsehen in der Suite. Wir schalteten es allerdings nicht ein einziges Mal an ...
    Elegant sprang Victor in den Pool des Hotels, und ich, die Nicht-schwimmerin, wartete, bis ich seinen sehnigen Körper mit einem Badetuch abtrocknen durfte. In der komfortablen Suite servierten uns elegante Etagenkellner perfektes britisches Essen. Ein festliches Essen gehörte für meinen Prinzen zum Vorspiel. Bevor er endlich vergessen konnte, daß er nicht nur Prinz war, sondern auch Mann.
    Von einem fliegenden Händler hatte ich vor dem Hotel ein paar hübsche Schnitzereien aus dunklem Holz - Löwen, Elefanten und Antilopen - gekauft. Ich fragte Victor, ob es solche Tiere noch in freier Wildbahn gebe. Er stutzte einen Augenblick und strahlte mich dann an. „Ilona, das ist eine blendende Idee!“
    Er meinte den Yankari-Nationalpark, ein 2 200 Quadratkilometer großes Wildreservat etwa 250 Kilometer östlich von Kaduna. Am nächsten Morgen saßen wir wieder in der kleinen Maschine seines Vaters und waren auf dem Weg zum Jos-Plateau. Wir flogen bis zur Stadt Bauchi, wo Victor für uns einen Wagen samt Fahrer mietete, einen ziemlich verrosteten Landrover, der mir nicht sehr vertrauenerweckend erschien. Ebensowenig wie der Fahrer, Hassan, ein knochiger Mann in weißem, langem Gewand und mit weißem Turban. Hassan tat zwar sehr ehrerbietig, sah uns aber nicht in die Augen. Überhaupt verzog er nie eine Miene, egal, was noch kommen sollte. Victor lächelte mich aufmunternd an, also krabbelte ich in Hassans Gefährt hinein. Vielleicht hätte ich Victor darauf aufmerksam machen sollen, daß ich bei Überlandfahrten in diesem Land schon unangenehme Überraschungen erlebt hatte.
    Aber er war so voll positiven Schwungs.
    Das Jos-Plateau ist eine fruchtbare Hochebene, ein nigerianischer Garten Eden, in dem Gemüse angebaut wird. Das Klima war angenehm und nicht so heiß. Victor gab sich Mühe, nicht den reichen Mann aus London herauszukehren, und befragte Hassan über sein Gefährt aus England. Es hatte 200 000 Meilen nigerianischer Land- und Sandstraße absolviert...
    Das Gras der Savanne war recht hoch und saftig grün. Löwen, Elefanten, Giraffen, Geier, Affen - all diese Tiere hatte Hassan uns versprochen. Doch erst mal sahen wir kein einziges davon.
    Mindestens zwei Meter hohe, rostrote Termitenhügel ragten auf, mit gezackten Türmen wie gotische Miniatur-Kathedralen. Hassans Ehrgeiz, uns die versprochenen Tiere zu zeigen, wuchs. Immer tiefer lenkte er den Wagen in dichte Vegetation. Endlich sahen wir in einiger Entfernung eine Herde Elefanten, eine Gruppe von etwa acht Tieren. Es war bereits nachmittags, die Sonne hatte ihren höchsten Punkt verlassen. Um besser sehen zu können, streckten wir die Köpfe durch eine Luke im Dach des Landrovers. Die grauen Riesen nahmen keine Notiz von uns.
    „Fahren Sie uns ein bißchen näher ran“, bat Victor. Hassan legte knirschend den Gang ein und ließ das Gefährt über den unebenen Untergrund rumpeln. Der laute Motor des Rovers störte die Elefanten nicht. Mit den Ferngläsern sahen wir die Tiere recht gut.
    Sie fächelten sich mit ihren erstaunlich großen Ohren Kühlung zu.
    Hassan stand neben uns und suchte die Gegend ab. Plötzlich deutete er in eine ganz andere Richtung.
    „Sehen Sie da drüben. Da ist ein Löwe. Sie haben wirklich Glück!“
    In der angegebenen Richtung mußte ich lange suchen, bis ich in der Astgabel eines Baumes tatsächlich einen hellbraunen Fleck ausmachen konnte. Ich hörte wieder das ungesund klingende Ratschen aus dem Motorraum, als Hassan schaltete, um den Wagen näher an das Objekt unserer Neugier heranzufahren. Der Motor heulte kurz auf, aber

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