Die weiße Macht
waren überrascht, als ich Sie anrief, Monsignore?«
Bentini nickte. »Das können Sie wohl sagen, Lorenzo. Ich war sogar mehr als überrascht und frage mich noch immer, ob es tatsächlich auch stimmt.«
»Doch, es stimmt. Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Es ist alles so, wie ich es sagte.«
»Sie haben mit ihr gesprochen?«
»Ja.«
»Und…?«
»Ich soll Sie natürlich grüßen.«
Bentini ballte die Hände zu Fäusten. »Hören Sie auf damit!« zischte er.
»Das ist…«
»Warum? Es ist freundlich gemeint, und es ist eine Tatsache. Sie müssen sich damit abfinden.«
Bentini schaute Amber nicht an. Er wollte nicht in dessen Gesicht sehen.
Für ihn war der Mann ein Mitarbeiter, mehr nicht. Durch unglückliche Zufälle war es eben zu einer furchtbaren Konstellation gekommen. Die längst vergessene Vergangenheit war wieder hochgekocht, ein Geheimnis war kein Geheimnis mehr geblieben, obwohl Bentini sich fragte, ob sein Nebenmann hier alles wußte. Er konnte es mit Sicherheit nicht sagen, aus diesem Grunde würde er die Fragen auch nur allgemein beantworten.
»Hat sie noch mehr gesagt?«
Amber lachte leise. »Sie hat mich geschickt, damit wir beide zu ihr können.«
Bentini schrak zusammen. »Sie will mich also sehen?«
»Genau.«
»Wann?«
»Das wissen Sie doch, Monsignore. Oder können es sich zumindest vorstellen. So schnell wie möglich.«
»Also heute noch.«
»Natürlich.«
Bentini überlegte. Sein Herz schlug schneller. Der Schweiß war ihm ausgebrochen. Wenn er sich vorstellte, welcher Person er bald gegenüberstehen würde, dann…
»Geht es Ihnen nicht gut, Monsignore?«
»Warum? Wieso?«
»Nun ja, Sie machen einen etwas blassen Eindruck. Zumindest in den letzten Sekunden.«
»Ja, das stimmt. Ich… ich… ahm… die Hitze ist nicht so gut für mich.«
»Aber wir sitzen im Schatten.«
»Dann war es Ihre Nachricht, Amber.«
Lorenzo lachte leise. »Sie hatten Zeit, sich vorzubereiten. Ich bin Ihnen noch entgegengekommen, indem wir uns hier trafen. Das ist eine sehr große…«
»Hierher kann ich mich zurückziehen, verstehen Sie doch. Hier sind wir ungestört.«
»Das ist wichtig.«
»Was wollen Sie jetzt tun?«
»Ich, Monsignore?« Lorenzo lachte leise. »Ich nicht allein. Wir beide werden etwas tun.«
»Gehen.«
»Ja.«
Bentini überlegte. »Liegt das Ziel weiter entfernt? Wird es länger dauern…?«
»Ich weiß es nicht. Was spielt das für eine Rolle?«
»Für Sie nicht, Amber. Ich aber müßte jemandem Bescheid geben. Man wird mich vermissen.«
»Ahhh, vergessen Sie das. Wir bleiben schließlich nicht ewig fort, denke ich mir mal.«
»Es ist trotzdem nicht einfach.«
»Das ist Ihr Problem. Wir können es auch laufenlassen, doch ich glaube nicht, daß es ihr gefallen wird.«
»Nein, nein, bitte, ich hatte nur laut gedacht.« Bentini hatte seine sonstige Überlegenheit verloren. Er kam sich vor wie an die Hand genommen und weggeführt. Einfach ins Leere hinein, wobei der Boden unter seinen Füßen immer weicher wurde und letztendlich ganz abkippen würde. Wenn er ehrlich gegen sich selbst war, glaubte er nicht einmal daran, daß er noch alles würde richten können. Es war einfach nicht möglich, alles so fortleben zu lassen, wie es einmal war. Zuviel kam ihm da in die Quere. Das stromlinienförmige Leben war verschwunden.
Es hatte sich einfach radikal verändert.
Er stand auf und bewegte sich, als wäre er um zwanzig Jahre gealtert.
Mit einer müden Geste wischte er. »Danke, Bruder, danke. Wenn Sie dann noch so freundlich sein würden und mich anrufen…«
»Ihre Nummer bitte.«
Ignatius gab sie durch und legte auf, drehte sich zu uns um und schüttelte den Kopf. »Himmel, die machen ein Geheimnis daraus. Ich kann es nicht begreifen.«
Wir gaben ihm recht, und Suko sagte mit harter Stimme: »Freunde, da stimmt etwas nicht.«
»Was meinst du damit?« Ignatius hatte gefragt. Er war neben dem Telefon stehengeblieben.
»Kann ich dir genau sagen. Dieser Bentini will nicht zu sprechen sein. Nicht daß er sich verleugnen läßt, aber er möchte nicht gestört werden, das haben wir gehört.«
»Sicher. Und weiter?«
»Warum will er nicht gestört werden?«
Ignatius hob die Schultern.
»Ich kann mir denken, daß er irgend etwas zu verbergen hat«, sagte Suko. Ohne auf die schon entsetzten Blicke des Mönchs zu achten, redete er weiter. »Ja, dieser Mann hat etwas zu verbergen, sonst hätte er schon längst mit uns gesprochen. Er kann es sich doch nicht
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