Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)

Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)

Titel: Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wittig
Vom Netzwerk:
strukturelle Fehler in unserem Gesundheitssystem – all das ordnet sich hier eher nach dem Kriterium der Lesbarkeit. Gerade bei der Thematisierung so vieler Missstände, so vieler negativer Ergebnisse bei der Besichtigung eines so wichtigen Systems unserer Gesellschaft – des Gesundheitswesens – habe ich das Gefühl, es wäre zu anstrengend, diese Themen systematisch blockweise abzuhandeln. Wir springen zwischen den vielfältigen Facetten des Themas, das wir als »systematische Überbehandlung« bezeichnen könnten. Doch das lässt außer Acht, dass sich hier Mitglieder eines Berufsstandes, der eigentlich Hilfe leisten soll, schamlos auf Kosten der Allgemeinheit bereichern.
    Im Kapitel »Orthopädie, die Zweite« ging es um Erpressung und Körperverletzung. Zwei Vorwürfe, die von einem Vertreter aus den Reihen der Medizin geäußert wurden. Sie deuten auf Verbrechen, die in unserem Gesundheitswesen an der Tagesordnung sind. Auf diese »mafiösen Verhältnisse« – wie der Gesundheitsökonom Prof. Lauterbach es ausgedrückt hat – stoßen wir in unserer Medizin auf Schritt und Tritt. So auch bei einer ganz anderen Variante der systematischen Überbehandlung, bei einer Vorsorgemaßnahme, die millionenfach durchgeführt wird: der Grippeimpfung.
Endlich auch Gesunde behandeln
    Vorsorge hört sich im ersten Moment immer gut an. Wenn sie tatsächlich Erkrankungen vermeiden hilft und der Aufwand in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen steht, wird auch niemand ernsthaft Kritik daran üben. Aber Vorsicht: Vorsorge hat für die Hersteller der entsprechenden Präparate oder die Anbieter der medizinischen Prozeduren einen besonderen »Charme«. Man kann damit Gesunde behandeln! Trotz einer seit Jahrzenten betriebenen Medikalisierung unserer Gesellschaft – Normen und Grenzwerte werden immer strenger definiert, wodurch immer mehr behandlungsbedürftige Kranke erzeugt werden – gibt es tatsächlich immer noch mehr Gesunde als Kranke. Vorsorge ermöglicht der pharmazeutischen Industrie und den beteiligten Ärzten deshalb eine enorme Ausweitung ihres Geschäftsfeldes.
    Ein kleiner Rückgriff auf das Kapitel über die Cholesterinsenker: Seit 2001 hat sich die Menge der in Deutschland verschriebenen Statine verdreifacht. Überwiegend zur Vorbeugung. Für die Behandlung von Gesunden, die nur beim Blutfettspiegel über dem »Normwert« liegen. Wir haben in Deutschland etwa 1,5 Millionen Herzinfarktträger – also Menschen, die bereits einen Infarkt durchgemacht haben –, die von der Cholesterinsenkung ein klein wenig profitieren. Tatsächlich schlucken aber vier Millionen Menschen Cholesterinsenker. Das heißt, zweieinhalb Millionen Gesunde betreiben sinnlose Vorsorge. 47 Obwohl die wissenschaftliche Studienlage zeigt, dass diese Klientel keinen gesundheitlichen Nutzen durch diese Medikation hat. Ganz anders sieht es bei den Herstellern aus: Die sinnlose Cholesterinsenkung ergibt einen Zusatzumsatz für die Statine von etwa 280 Millionen Euro. Pro Jahr, allein in Deutschland. Fette Beute mit überflüssigen Fettsenkern.
    Oder: 800 Millionen Euro geben die Deutschen für Vitamine aus. Meist zur Vorsorge. Damit sie nicht krank werden. Die Hersteller der Vitamine und die Hersteller entsprechend präparierter Nahrungsmittel weben ja auch tüchtig am Mythos der Gesundheitsförderung durch Vitamine. 800 Millionen vergeudete Euro. Oder Radiologen und Kardiologen und ihre verdammt teuren Röhrchen aus Maschendraht, die sie in unsere Herzkranzgefäße schieben – auch für das prophylaktische Stenten, also zur Vorsorge gegen einen drohenden Herzinfarkt. Auf den ersten Blick plausibel: Die Enge von heute könnte der Infarkt von morgen sein. Doch leider hat das prophylaktische Stenten keinen positiven gesundheitlichen Effekt. Einen positiven Effekt haben nur die interventionellen Radiologen bzw. Kardiologen und die Hersteller der Katheter, der Stents und der Röntgentechnik.
    Diese verharmlosend als »Überversorgung« bezeichnete, nach wissenschaftlicher Datenlage aber tatsächlich kriminelle Praxis lässt sich in vergleichenden Studien ganz klar ermitteln. Für die Vorsorge mit Cholesterinsenkern, Vitaminen und Stents gibt es diese Studien und ich habe sie in den Fußnoten der jeweiligen Kapitel angeführt. Nicht dass die weiße Mafia diese Geschäftsfelder deshalb sofort preisgeben würde. Für frisierte Studien, PR-Kampagnen, Lobbyisten bis hin zur Korruption stehen Budgets in schwindelerregenden Höhen zur Verfügung. Habe

Weitere Kostenlose Bücher