Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)
aufgebaut werden, gehört die Spanische Grippe. Tatsächlich hat diese Influenza in den Jahren 1918 bis 1920 geschätzte 25 bis 50 Millionen Todesopfer gefordert. Aber praktisch nirgendwo in den Broschüren oder auf den Websites der Institutionen wird darüber gesprochen, dass sich die Welt damals, direkt nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, in einer ganz außergewöhnlichen Situation befand. Es herrschte ein wirtschaftliches Desaster. Die kriegsteilnehmenden Länder waren förmlich ausgeblutet. Millionen Menschen waren schlecht ernährt oder hungerten. Die medizinische Infrastruktur war schon mit der Behandlung der Kriegsopfer überfordert. Es standen keine Antibiotika zur Behandlung der bakteriellen Komplikationen zur Verfügung (etwa gegen Lungenentzündung, die häufigste Todesursache bei Grippe). Die sanitären Standards waren in der Regel erbärmlich. Epidemiologen schätzen, dass Millionen Männer, Frauen und Kinder durch falsche Behandlungsempfehlungen verstorben sind. Ich weiß nicht, ob sich die außerordentliche Heftigkeit dieser Pandemie mit dieser Ausnahmesituation vollständig erklären lässt, aber einen großen Beitrag zur Virulenz der Spanischen Grippe hat die große Not nach dem Ende des Ersten Weltkriegs sicher geleistet. Wie gesagt: Darüber liest man bei den Institutionellen wenig. Eher schon Aussagen wie: »Experten rechnen im Prinzip jedes Jahr damit, dass eine solche Pandemie wieder ausbrechen kann.« Die Experten wollen uns offensichtlich Angst machen.
Zu der Drohkulisse »Achtung, so gefährlich ist die Grippe« gehören auch Zahlen über die Bedrohung durch die »normale« saisonale Grippe: 5000 bis 8000 Tote pro Jahr seien normal. 20 000, ja 30 000 Menschen fielen dieser Grippe in Deutschland in besonders schlimmen Jahren in einem Winter zum Opfer. Diese Angaben finden sich beispielsweise auf der Webseite des für Infektionskrankheiten zuständigen Robert-Koch-Instituts. 50 Wer allerdings versucht, sie zu verifizieren, stößt auf einen seltsamen Sachverhalt: Die Zahlen beruhen nicht auf dokumentiertenTodesfällen aufgrund von Influenza. Dazu müsste nämlich für die Toten – überwiegend hochbetagte und oft an mehreren Krankheiten leidende Patienten – in einem Labortest das Grippevirus nachgewiesen werden. Dann müsste diskutiert werden, ob der Tod der häufig multimorbiden Patienten nun der Grippe oder einer ihrer anderen Erkrankungen zuzuordnen sei. Das wäre zu aufwendig. Und ehrlich gesagt, ist diese Differenzierung ähnlich ertragreich wie die Frage, wer denn zuerst da war: die Henne oder das Ei. Ganz klar ist aber, dass die Mehrzahl der Grippetoten auch schon vor der Erkrankung an der Influenza »am Ende ihres Lebens« standen.
Fragwürdige Schätzmethoden
Weil der Nachweis der Grippetoten praktisch nicht zu leisten ist, wird also geschätzt. Etwas salopp gesagt, zieht man die »Sommertoten« von den zahlreicheren »Wintertoten« ab und nennt das, was übrig bleibt, »Exzessmortalität«. »Niemand setzt Exzessmortalität mit Grippetoten gleich«, sagte mir ein gereizter Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts, mit dem ich am Telefon über dieses fragwürdige Verfahren diskutiert habe. Das Paul-Ehrlich-Institut, kurz PEI, ist in Deutschland für die Zulassung von Impfstoffen verantwortlich. Leider steht der aufrechte Mitarbeiter des PEI mit seiner Beurteilung des Schätzverfahrens relativ allein da. In einer Veröffentlichung der Ständigen Impfkommission (StIKO), die die offiziellen Impfempfehlungen gibt, heißt es beispielsweise: »Aus der Differenz zwischen der dann tatsächlich beobachteten und der erwarteten Mortalität während einer Influenzasaison lässt sich die Influenza-assoziierte Exzessmortalität schätzen.«
Elegant formuliert. Sogar mit Schlupfloch, falls es hart auf hart kommt. »Influenza-assoziiert« heißt nämlich »mit Grippe verbunden« und nicht »durch Grippe verursacht«. Aber jeder Laie, der sich hier informieren möchte, liest in der Influenza-assoziierten Exzessmortalität – sofern er sich durch diesen Fremdwortklotz meißeln kann – Grippetote. Auch in den Medien werden die Zahlen der Exzessmortalität mit Grippetoten gleichgesetzt und ich habe noch keinen Fachmann gesehen, der das öffentlich korrigiert hätte. Nun gab es vor Kurzem ein Jahr, in dem nicht geschätzt wurde. 2009 versetzte die Schweinegrippe das Land in Angst und Schrecken, eine angeblich besonders heimtückische Mutation des Grippevirus. (Noch heimtückischer als die
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