Die weiße Mafia: Wie Ärzte und die Pharmaindustrie unsere Gesundheit aufs Spiel setzen (German Edition)
Klinische Studien in der Onkologie – Defizite und Lösungsvorschläge kommen zu dem Schluss, dass die aktuellen Zulassungsstudien für neue, sogenannte zielgerichtete Chemotherapeutika »keine ausreichenden Daten für die Beurteilung des (Zusatz-)Nutzens eines Arzneimittels, also für die Beurteilung von Wirksamkeit und Sicherheit unter Alltagsbedingungen und im Vergleich zu anderen Therapiestrategien, liefern«. Das ist ein vernichtendes Urteil! Es stellt sich ernsthaft die Frage, warum so unglaublich teure Medikamente mit bestenfalls marginalem Zusatznutzen offenbar so problemlos in die Erstattungskataloge der Gesundheitssysteme eingefädelt werden können. Dabei verdient die Formulierung »Wirksamkeit und Sicherheit unter Alltagsbedingungen« noch ein kurzes Schlaglicht.
Handverlesene Probanden für die Studien
Eine weitverbreitete Technik, um gefährliche Nebenwirkungen in Medikamentenstudien herunterzuspielen und das zu bewertende Medikament des Herstellers besser aussehen zu lassen, als es ist, besteht in der Auswahl besonders gesunder Kranker. Das hört sich paradox an. Doch ein Patient mit einem Krebsleiden kann 50 Jahre alt sein und in einem ansonsten guten körperlichen Zustand und ohne weitere Krankheiten. Aus solchen recht robusten Kranken wird ein Studienleiter die Gruppe seiner Probanden überwiegend zusammensetzen. Im klinischen Alltag sind die Kranken aber im Durchschnitt vielleicht 70 Jahre alt. Sie leiden an weiteren Krankheiten, gegen die sie weitere Medikamente einnehmen, was die Gefahr von negativen Wechselwirkungen erhöht. Diese Patienten aus dem klinischen Alltag sind oft gebrechlich. Ihre Nieren und Lebern, die für eine Entgiftung des Körpers unter der Chemotherapie so wichtig sind, funktionieren nicht mehr so gut. Was glauben Sie: Werden diese »normalen« Krebskranken die Chemotherapie genauso gut wegstecken wie die handverlesenen Probanden aus der herstellerfinanzierten Studie? Wird bei dem oft nur minimalen Behandlungserfolg, den diese Therapeutika in den Zulassungsstudien zeigen, im klinischen Alltag überhaupt noch ein positiver Effekt übrig bleiben? Unter real-life -Bedingungen wirken die »zielgerichteten« Chemotherapeutika sicher noch schlechter als in den Zulassungsstudien. Das ist unter Onkologen unbestritten. Nur sagt das den Patienten kaum einer. Denen will man ja nicht die Hoffnung nehmen. Wie mitfühlend! Oder sollten wir nicht doch eher sagen: wie geschäftstüchtig!
Schon wieder so ein Kapitel mit lauter düsteren Bestandsaufnahmen. Kann das überhaupt sein? Eine breite Phalanx der Rohrkrepierer gerade in der Avantgarde der Therapeutika an der Chemofront? Die wissenschaftliche Öffentlichkeit wie auch die Öffentlichkeit der Laien wird mit einem Theater von frisiertem Informationsmaterial und mit der Mär vom medizinischen Fortschritt gefüttert? Werbekampagnen der Gutmenschen von der forschenden Arzneimittelindustrie führen uns hinters Licht? Wie gesagt: Wir sprechen über die soliden Organtumore in metastasiertem Zustand. Bei diesen großen Killern hat die neueste Generation der extrem teuren Chemotherapeutika fast keinen nennenswerten Fortschritt beim Behandlungserfolg ergeben. Beim Preis sieht das anders aus. Vor 25 Jahren kostete eine Monatsdosis eines Chemotherapeutikums typischerweise 500 Mark – 260 Euro. Es waren »einfache« Zellgifte. Krebszellen reagieren empfindlicher auf sie, weil sie sich häufiger teilen als normale Zellen. In der Teilungsphase sind Zellen besonders anfällig für Gifte.
Fortschritte in der Chemotherapie? Vor allem bei den Kosten!
Heute wird der Markt von »spezifischen Chemotherapeutika« dominiert. Das sind Substanzen, die angeblich selektiv Krebszellen ansteuern und Besonderheiten der Tumorbiologie für die Wirkung ausnutzen (Tyrosinkinase-Hemmer und monoklonale Antikörper). Für diese Hightechwaffen gegen Krebs lassen sich die Hersteller heute gerne 5000 Euro im Monat und mehr zahlen. Das 20-Fache der Kosten, die vor 25 Jahren anfielen. Den Fortschritt müssen Sie – wie gesagt – bei vielen Chemotherapeutika mit der Lupe suchen. Wenn Sie glauben, einen entdeckt zu haben, dann freuen Sie sich nicht zu früh. Die Datenlage ist unsicher. Die kriminelle Energie ist erheblich. Für die weiße Mafia geht es nämlich um sehr viel Geld. Sie nutzt es schamlos aus, dass man sich in unserer Kultur scheut, über Geld zu sprechen, wenn es um Leben und Tod geht.
Biomarker: die personalisierte Therapie
Zur Chemotherapie gäbe es noch
Weitere Kostenlose Bücher