Die Weisse Massai
Kauf und bietet an, falls ich die Schüler nach Maralal oder hin und wieder Kranke transportiere, die Fahrten großzügig zu entschädigen. So habe ich wenigstens ein paar Einnahmen.
Wir genießen das Leben, es geht uns gut. Immer noch muß ich Diät halten, was hier oben schwierig ist. Die Schüler bleiben noch einige Tage, und dann sind die Ferien vorbei. Während Napirai bei der »Gogo«, ihrer Großmutter, bleibt, fahre ich sie nach Maralal. Auf dem Weg besprechen James und ich, den Shop erst in drei Monaten, wenn er die Schule beendet hat, wieder zu eröffnen. Er will dann gerne mitarbeiten.
Im Ort besuche ich kurz Sophia, die mir erzählt, daß sie in zwei Wochen nach Italien fährt, um die Tochter ihren Eltern zu zeigen. Ich freue mich für sie und empfinde gleichzeitig etwas Heimweh nach der Schweiz. Wie gerne würde auch ich meine Tochter zeigen! Nicht einmal die ersten Fotos sind etwas geworden, weil jemand den Film belichtet hat. Ich suche mir eine kleine rotweiß getigerte Katze aus, die ich in einer Schachtel mitnehme. Die Fahrt nach Hause verläuft wunderbar, und ich bin trotz Umweg vor Einbruch der Dunkelheit wieder zu Hause. Napirai bekam den ganzen Tag Kuhmilch mit einem Teelöffelchen eingeflößt. Als sie mich hört, ist sie jedoch nicht mehr zu beruhigen, bis sie ihre heißgeliebte Brust hat.
Mein Mann war den ganzen Tag bei seinen Kühen. In Sitedi geht eine Kuhpest um, und täglich sterben wertvolle Tiere. Spät in der Nacht kommt er und ist niedergeschlagen. Zwei unserer Kühe sind tot, drei weitere stehen nicht mehr auf. Ich frage, ob es denn keine Medizin gibt. Er bejaht, aber nur für die noch gesunden Tiere, die infizierten werden alle sterben. Die Medizin ist teuer und nur mit viel Glück in Maralal erhältlich. Er geht zum Veterinär und berät sich mit ihm. Am folgenden Tag fahren wir schon wieder nach Maralal. Wir nehmen den Veterinär und auch Napirai mit. Für teures Geld bekommen wir die Medizin sowie eine Spritze, um die noch gesunden Tiere zu impfen, was wir in fünf aufeinanderfolgenden Tagen machen müssen. Lketinga beschließt, diese Zeit ganz in Sitedi zu verbringen.
Erholung in der Schweiz
Nach drei Tagen fühle ich mich einsam, obwohl wir abwechselnd Mama oder meine neue Freundin besuchen. Aber es ist doch sehr eintönig. Allein zu essen macht mir auch keinen Spaß. Ich sehne mich nach meiner Familie und nehme mir vor, demnächst für einen Monat in die Schweiz zu reisen. Dort wäre es auch mit der Diätkost wesentlich leichter. Aber es wird nicht einfach sein, Lketinga zu überzeugen, auch wenn die Ärzte mir diese Ferien sehr ans Herz gelegt haben, als ich das Spital verließ. Der Gedanke an Erholung in der Schweiz beflügelt mich von Stunde zu Stunde mehr, und ich warte ungeduldig auf meinen Mann.
Gerade bin ich in der Küche und koche am Boden unter dem geöffneten Fenster, als die Haustür aufgeht und Lketinga hereinkommt. Er begrüßt uns nicht, sondern schaut sofort aus dem Fenster und fragt argwöhnisch, wer gerade hinausgestiegen sei. Nach fünf Tagen Warten und Einsamkeit trifft mich diese Verdächtigung wieder wie ein Fausthieb, doch ich versuche mich zu beherrschen, weil ich eigentlich meine Reiseabsichten mit ihm besprechen will. So erwidere ich gelassen: »Nobody, why do you ask me this?« Statt eine Antwort zu geben, geht er ins Schlafzimmer und untersucht die Decke und die Matratze. Ich schäme mich für sein Mißtrauen, und meine Wiedersehensfreude ist dahin. Fortwährend fragt er, wer mich besucht habe. Natürlich waren zweimal Krieger hier, doch ich habe sie nicht einmal ins Haus gelassen.
Endlich richtet er ein paar Worte an seine Tochter und nimmt sie aus ihrem Korbbettchen, das ich beim letzten Besuch in Maralal gekauft habe. Tagsüber liegt sie in diesem Tragebettchen draußen unter dem Baum, während ich die Kleider und Windeln wasche. Er nimmt sie auf den Arm und geht in Richtung Manyattas davon. Ich nehme an, er geht zu Mama. Mein Essen ist fertig, und ich stochere lustlos darin herum. Wieder und wieder frage ich mich, warum er dieses Mißtrauen hat.
Als er nach zwei Stunden noch nicht zurück ist, gehe ich ebenfalls zur Mama. Sie sitzt mit anderen Frauen unter ihrem Baum, und Napirai schläft neben ihr auf dem Kuhfell. Lketinga liegt in der Manyatta. Ich setze mich zu Mama, und sie fragt mich etwas, wovon ich nur die Hälfte verstehe. Anscheinend glaubt auch sie, daß ich einen Freund habe. Offensichtlich hat Lketinga ihr Schauermärchen
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