Die Weisse Massai
erzählt. Sie lacht verschwörerisch, meint aber, es sei gefährlich. Enttäuscht von ihr sage ich, daß ich nur Lketinga habe, nehme meine Tochter und gehe nach Hause.
In dieser Situation fällt es mir schwer, mein Vorhaben, in die Schweiz zu fahren, vorzubringen. Dabei wird jetzt immer klarer, daß ich Ferien brauche. Doch im Moment behalte ich es für mich und will warten, bis wieder Ruhe eingekehrt ist.
Ab und zu versuche ich, wenigstens etwas Fleisch zu essen, büße dies aber sofort mit Magenschmerzen. Lieber bleibe ich bei Mais, Reis oder Kartoffeln. Da ich fettlos esse und täglich stille, nehme ich immer mehr ab. Meine Röcke muß ich mit Gürteln festhalten, um sie nicht zu verlieren. Napirai ist jetzt gut drei Monate alt, und wir müssen zum Impfen und zur allgemeinen Kontrolle ins Spital in Wamba. Mit dem neuen Wagen ist dies eine willkommene Abwechslung. Lketinga kommt mit, möchte aber endlich auch einmal den neuen Wagen steuern.
Von seiner Idee bin ich nicht begeistert. Da ich jedoch mit Napirai nicht allein fahren kann und deshalb auf ihn angewiesen bin, gebe ich ihm zögernd den Schlüssel. Bei jeder Fehlschaltung gibt es mir einen Stich. Er fährt langsam, fast zu langsam, wie mir scheint. Als ich einen komischen Geruch wahrnehme, stelle ich fest, daß er mit angezogener Handbremse fährt. Ihm ist es furchtbar peinlich, weil sie jetzt nicht mehr richtig funktioniert, und mich ärgert es sehr, weil uns die unbrauchbare Handbremse beim Landrover schon viel zu schaffen gemacht hat. Nun will er nicht mehr fahren, sitzt deprimiert neben mir und hält Napirai. Er tut mir leid, und ich beruhige ihn, wir könnten die Bremse ja reparieren lassen.
Im Spital müssen wir fast zwei Stunden warten, bis wir aufgerufen werden. Die Schweizer Ärztin untersucht mich und meint, ich sei viel zu dünn und habe zu wenig Reserven. Falls ich nicht bald wieder als Patientin hierher kommen wolle, müsse ich für mindestens zwei Monate in die Schweiz. Ich erzähle ihr, daß ich mir dies schon vorgenommen hätte, nur wüßte ich nicht, wie ich es meinem Mann beibringen kann. Sie holt den Arzt, der mich ebenfalls auffordert, sofort nach Europa zu reisen. Ich sei völlig unterernährt, und Napirai koste mich meine letzte Energie. Sie selber strotzt vor Gesundheit.
Ich bitte den Arzt, mit Lketinga zu sprechen. Mein Mann fällt aus allen Wolken, als er hört, daß ich für so lange Zeit weggehen soll. Nach längerem Hin und Her willigt er resigniert für fünf Wochen ein. Der Arzt gibt mir ein Zeugnis, damit ich schneller zu den nötigen Reisedokumenten für Napirai komme. Sie bekommt ihre Impfungen, und wir fahren zurück nach Barsaloi. Lketinga ist traurig und fragt immerzu: »Corinne, why you are always sick? Why you go with my baby so far? I don’t know, where is Switzerland. What shall I make without you such a long time?« Mir bricht fast das Herz, als ich wahrnehme, wie schwer es für ihn ist. Auch Mama ist traurig, als ihr berichtet wird, daß ich in die Schweiz fliege. Doch ich verspreche, gesund und kräftig wiederzukommen, damit wir den Shop wieder öffnen können.
Schon zwei Tage später brechen wir auf. Pater Giuliani nimmt uns mit nach Maralal. Meinen Wagen stelle ich bei ihm ein. Lketinga begleitet Napirai und mich nach Nairobi. Es ist wieder eine lange Reise, und das Baby muß während der Fahrt mehrmals gewickelt werden. Viel Gepäck habe ich nicht.
In Nairobi nehmen wir ein Lodging und gehen als erstes zur deutschen Botschaft, um einen Kinderausweis zu bekommen. Die Probleme beginnen bereits am Eingang. Sie wollen Lketinga in seiner Samburu-Kleidung nicht in die Botschaft lassen. Erst als ich ausweisen kann, daß er mein Mann ist, darf er mitkommen. Sofort wird er wieder nervös und mißtrauisch.
In der Botschaft warten viele Leute. Ich beginne, den Antrag auszufüllen, und schon beim Namen weiß ich, daß es Probleme geben wird. Ich schreibe Leparmorijo-Hofmann, Napirai, doch mein Mann will Hofmann nicht akzeptieren, seine Tochter sei eine Leparmorijo. So gelassen wie möglich versuche ich, ihm zu erklären, daß wir nur so einen Reisepaß bekommen, ohne den Napirai nicht mitreisen kann. Ein endloses Hin und Her entsteht, und die wartenden Leute schauen neugierig auf uns. Trotzdem bringe ich ihn dazu, den Antrag zu unterschreiben.
Wir müssen warten. Dann werde ich aufgerufen und nach hinten gebeten. Mein Mann will ebenfalls mit, doch er wird zurückgehalten. Mir klopft das Herz bis zum Hals, weil ich
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